Weichenstellung für die transatlantischen Beziehungen

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Mit der Memo-Reihe „Weichenstellung für die transatlantischen Beziehungen“ [Zum Dossier] hat die DGAP in den vergangenen Wochen und Monaten beleuchtet, wie die Wahl zwischen Kamala Harris und Donald Trump die Zukunft der transatlantischen Partnerschaft gestalten könnte. Die DGAP-Expertinnen und -Experten analysieren in Szenarien die potenziellen Folgen für Sicherheits-, Handels- und Klimapolitik sowie für Migration und Geopolitik. Dabei werden Empfehlungen für Deutschland und Europa formuliert, um frühzeitig auf die möglichen Entwicklungen vorbereitet zu sein und eine nachhaltige Zusammenarbeit zu fördern. Auf dieser Seite finden Sie einige Ausschnitte aus der Analyse unserer Expertinnen und Experten.

Transatlantische Partnerschaft und Sicherheitsfragen

Die Regierenden in Berlin und im restlichen Europa werden gute Pläne und Initiativen für die Zusammenarbeit brauchen – und keine der Optionen beinhaltet eine Rückkehr zum Status quo von 2021. Anstatt sich über den ‚Pivot to Asia‘ der USA zu beklagen, muss Deutschland sich als nützlicher Partner für die transatlantische Sicherheit und die globale Strategie anbieten. Europa muss sich darauf vorbereiten, einen immer größeren Teil der Last der Unterstützung der Ukraine zu übernehmen.

 

Ein Ausscheiden der USA aus der NATO unter Trump 2.0 kann nicht ausgeschlossen werden. Um innereuropäische Geschlossenheit zu demonstrieren, aus der im Falle einer russischen Aggression gemeinsame Handlungsfähigkeit erwachsen kann, sollten Deutschland, Frankreich und Polen die europäische Sicherheit und Verteidigung stärker als bisher gemeinsam konzipieren. Wenn Europa seine Verpflichtungen erfüllt und mehr für die eigene Handlungsfähigkeit leistet, würde es auch unter Trump für die USA schwieriger werden, einen Rückzug mit der Behauptung zu rechtfertigen, dass ihre Partner in Europa keinen angemessenen Beitrag zur Lastenteilung im transatlantischen Bündnis leisten.

 

Die Ukrainepolitik unter Donald Trump wäre um vieles unberechenbarer als unter Biden. Eine Trump-Administration könnte Verhandlungen über einen Waffenstillstand mit Russland anstoßen, die die territoriale Integrität der Ukraine infrage stellen. Unabhängig vom Ausgang der Wahlen müssen Deutschland und die europäischen Regierungen ihre Bemühungen zur Unterstützung der Ukraine verstärken, beschleunigen und verstetigen.



Handel und Geoökonomie


Deutschland und die EU sind aufgrund ihrer engen wirtschaftlichen Verflechtungen mit den USA an konfliktfreien transatlantischen Handelsbeziehungen interessiert. In der Handelspolitik ist und bleibt China für die USA das Thema Nummer eins. Die Volksrepublik wird als zentrale Bedrohung für die wirtschaftliche und sicherheitspolitische Vormachtstellung der USA betrachtet. Die Europäer werden daher in Zukunft mit stärkeren protektionistischeren Maßnahmen konfrontiert werden, die Auswirkungen auf den globalen sowie den transatlantischen Handel haben.

 

Die Rivalität der USA gegenüber China ist durch überparteilichen Konsens gekennzeichnet und wird weiterhin die Exportkontrollen bestimmen. Ähnlich wie Biden würde auch Donald Trump Exportkontrollen und Auslandsinvestitionskontrollen im Laufe der Zeit zu zentralen Instrumenten einer zweiten Amtszeit machen. Trump würde den Druck auf Deutschland deutlich erhöhen, sich den Export- und Investitionskontrollen der USA anzuschließen. Auch wenn sich die Bundesregierung ihren Partnern in Washington nicht in jeder Hinsicht anschließen muss, sollte sie aus eigenem strategischem Interesse bei besonders sensiblen Spitzentechnologien die Kontrollen mitgestalten und ihre europäischen Verbündeten mitnehmen. Eine multilateral abgestimmte Exportkontrolle ist sowohl für die deutsche Wirtschaft als auch für die Sicherheit vorteilhafter.

 

Die USA werden zur Durchsetzung ihrer geopolitischen Ziele künftig verstärkt zu Sanktionen greifen. Ungeachtet dessen, wer die kommende Wahl gewinnt, werden die USA Maßnahmen treffen, die darauf abzielen, China den Zugang zu US-Technologie zu verwehren und die technologische Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit des Landes zu schwächen. Die Kosten für Europa wären im Falle einer zweiten Trump-Administration höher.


 

Technologie und Cybersicherheit

Die US-Präsidentschaftswahl wird die Richtung der US-KI-Politik und deren Auswirkungen auf transatlantische Beziehungen bestimmen. Die KI-Strategien der USA zielen auf globale Dominanz. Eine Trump-Administration könnte über Exekutivanordnungen erheblichen Einfluss auf die KI-Politik nehmen. Abhängigkeiten von US-Technologiekonzernen mit möglicherweise unterschiedlichen Interessen bergen Risiken durch einen eingebauten Bias und machen erpressbar. Angesichts der wachsenden Rivalität der Vereinigten Staaten mit China und der geballten Macht der US-Tech-Industrie müssen in Deutschland und der EU öffentliche Güter, Innovation und das eigene Tech-Ökosystem dringend gefördert werden.

 

Die oft willkürliche Politik Donald Trumps spiegelt sich auch in puncto Cybersicherheit wider. Im Rahmen der Anti-China-Linie versuchte seine Administration, beispielsweise TikTok zu verbieten. In den letzten Jahren hat sich in der transatlantischen Haltung bezüglich der Risiken, die von chinesischen Technologien ausgehen, sowie darüber, wie diese gehandhabt sollten, ein Graben aufgetan. Unabhängig, wer die Wahl gewinnt, muss Deutschland chinesische Technologien aus den 4G- und 5G-Netzwerken entfernen.

 

Industrie und Klimapolitik

Die anstehende Präsidentschaftswahl in den USA wird wegweisend für die industrielle Transformation sein. Auf globaler Ebene würde eine zweite Amtszeit Trumps traditionelle sicherheitspolitische Bündnisse destabilisieren. Unabhängig davon, ob Harris oder Trump ins Weiße Haus gewählt werden – die USA, Deutschland und Europa profitieren von einer starken und verlässlichen Beziehung zueinander. Die industrielle Kernregionen in den USA und Europas stehen vor einer ähnlichen Herausforderung – der Wandel hin zu einer grünen Wirtschaft erfordert transatlantische Kooperation und gemeinsame Anstrengungen.

 

Deutsch-Französische Beziehungen im Kontext transatlantischer Zusammenarbeit

Frankreichs und Deutschlands Blick auf die USA ist geschichtlich bedingt ein völlig unterschiedlicher. Jetzt gilt es jedoch, gemeinsam neue, europäische Wege zu finden. Die Zukunft der europäischen Sicherheit und bilaterale Projekte zwischen Deutschland und Frankreich hängen viel stärker von Washington […] ab als von der deutsch-französischen Beziehung.

 

Regionaler Einfluss der USA: Westbalkan

Die Länder des Westbalkans scheinen besser auf die Auswirkungen der US-Wahlen vorbereitet zu sein als viele EU-Mitgliedstaaten. Obwohl einige Staats- und Regierungschefs der Region enge Beziehungen zum Trump-Lager pflegen, können sie auch mit einem Sieg von Kamala Harris umgehen. Der parallele Übergang zu einer neuen US-Regierung und einer neuen EU-Kommission bietet Deutschland die Chance, ein starkes Signal der Unterstützung für den Westbalkan zu setzen.