Wie steht es um die Reformen in der Ukraine?

Ein Konferenzbericht

Datum
26 Mai 2016
Uhrzeit
Ort der Veranstaltung
DGAP, in Kooperation mit dem Royal Institute of International Affairs, Chatham House, Berlin, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

Share

Die Konferenz teilte sich in drei Paneldiskussionen auf.

Panel 1: Was bedeutet die enge Verstrickung von Wirtschaft und Politik für die Reformen?

Zunächst konstatierte Nataliia Shapoval von der NGO VoxUkraine, dass in Verwaltung, Gerichtswesen und Wirtschaft in der Ukraine ein umfassender Wandel begonnen hat. Dieser basiere auf dem gesellschaftlichen Druck nach der Maidan-Revolution und einem personellen Wandel im ukrainischen Parlament. Eben dieses, die Rada, habe sich laut Shapoval positiv verändert. Tatsächlich waren im Oktober 2014 eine ganze Reihe Aktivisten des Euromaidan und der Zivilgesellschaft ins Parlament eingezogen, die ernsthaft an Reformen interessiert sind. Dennoch muss die ukrainische Zivilgesellschaft immer noch viel zu häufig den nicht funktionierenden Staat in vielen Bereichen wie der Versorgung von Flüchtlingen oder der Initiierung von Reformkonzepten ersetzen.

Roman Romanov von der Renaissance-Stiftung in Kiew benannte das begrenzte Engagement der EU als ein wichtiges Defizit mit Blick auf die Rechtsreformen. Es brauche mehr technische Hilfe und Beratung. Grundsätzlich wichtig für den Reformprozess sei, dass konkrete Projekte unterstützt werden und nicht alle Bereiche gleichzeitig angegangen werden. Weiterhin müsse man den Glauben an einen Rechtsstaat in der Gesellschaft wie in der Justiz selbst stärken, ein grundlegendes Verständnis schaffen, dass Korruption negative Konsequenzen für alle hat und nur mit rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden kann.

Oligarchen sind wichtige Akteure in der ukrainischen Politik und Wirtschaft. Iryna Solonenko, Associate Fellow der DGAP, empfahl in ihrem Vortrag zum Umgang mit Wirtschaftsakteuren, dass die EU-Politiker einerseits direkt mit Oligarchen sprechen und sie als Akteure mit Einfluss ernster nehmen sollten. Andererseits sollte der Druck auf jene erhöht werden, indem ihre Anteile und Bankkonten im Ausland stärker offengelegt werden. Ziel sei es, Wirtschaft und Politik in der Ukraine zu entkoppeln, aber nicht, die großen Wirtschaftsakteure aus dem Land zu treiben.

Panel 2: Wie kann der strukturelle Wandel erfolgreich unterstützt werden?

John Lough von Chatham House verdeutlichte, dass die Ukraine mit anderen Themen und Ländern um Aufmerksamkeit in der EU kämpft. Daher müsse die Kommunikation und Qualität der Reformen erhöht werden. Yulia Andrusiv, Robert Bosch-Fellow bei Chatham House, erklärte, dass es sowohl eine härtere Konditionalität der EU gegenüber der Ukraine braucht als auch neue Angebote, um Unterstützung für diesen Reformprozess in der ukrainischen Gesellschaft zu erhalten. Wilfried Jilge von der DGAP sprach sich für die Einrichtung von Hybridgerichten mithilfe der EU aus, in denen schwere Menschenrechtsverletzungen und Korruptionsfälle unter Beteiligung von Rechtsexperten und Richtern aus der EU verhandelt werden. Eine solche Maßnahme könnte den stagnierenden Reformen im Gerichtswesen wichtige Impulse verleihen. Alle Referenten und Referentinnen des Panels waren sich einig, dass die Verbesserung der Koordinierung zwischen EU und der ukrainischen Zivilgesellschaft zentral für das Gelingen des Reformprozesses wäre.

Panel 3: Was kann man aus den Reformerfahrungen von Georgien, Armenien und Moldau auf die Ukraine übertragen, und was sollte man vermeiden?

Experten aus Moldau, Armenien und Georgien diskutierten die Erfahrungen ihrer Länder mit Reformprozessen in den letzten 25 Jahren. Es wurde deutlich, dass es in den Strategien von EU, USA und Russland gegenüber ihren Ländern zwar eine Reihe von Gemeinsamkeiten gibt, jedoch die Reformsituationen in allen drei Staaten im Vergleich zur Ukraine sehr unterschiedlich liegen – jedes Land benötigt einen individuellen Ansatz. Alle drei Referenten stellten aber gleichermaßen heraus, dass ein gelingender Reformprozess in der Ukraine eine enorme Signalwirkung für ihre Länder haben könnte.

Diese Veranstaltung fand im Rahmen der jährlichen gemeinsamen DGAP-Chatham House-Konferenz statt, die vom Russland/Eurasien-Programm von Chatham House und dem Robert Bosch-Zentrum für Mittel- und Osteuropa, Russland und Zentralasien der DGAP organisiert wird.

Format

Expertenrunde
Zielgruppe
Veranstaltung Forschungsprogramm
Core Expertise region
Regionen