Dieses Zentrum hat drei Themenschwerpunkte:
- Geopolitischer Wettbewerb und neue Weltordnung mit besonderem Fokus auf die Frage, wie die USA, die EU sowie Russland und China internationale Regeln und Handlungsweisen definieren
- Veränderung regionaler Ordnungen mit besonderem Fokus auf die Rolle Russlands, Chinas, der Türkei und des Irans in Osteuropa, dem Westbalkan und Afrika
- Zusammenspiel zwischen Außen- und Innenpolitik in Deutschland und weltweit mit besonderem Fokus auf die Frage, wie revisionistische Kräfte wirtschaftliche Verflechtungen nutzen, um die außenpolitischen Positionen anderer Staaten zu beeinflussen
Die regelbasierte (liberale) internationale Ordnung gerät zunehmend unter Druck. Die Vereinigten Staaten tun sich schwer damit, weiterhin ihre Rolle als Führungsmacht und Garant dieser Ordnung zu wahren. Der Westen befindet sich in einer inneren Krise. Kooperative multilaterale globale Beziehungen werden durch zwischenstaatliche Rivalitäten ersetzt, die zu einer Neuordnung der Beziehungen innerhalb von Regionen mit Tendenzen zu einer multipolaren Ordnung führt.
Weltweit finden einzelne Staaten ein gemeinsames Ziel darin, sich gegen „den Westen“ im Allgemeinen und die Vorherrschaft der USA im Besonderen zu positionieren. Dabei wird die Großmächterivalität von China und Russland vorangetrieben – jeweils auf unterschiedliche Weise. Russland ist ein strategischer Gegner der USA und der EU, der versucht, die regelbasierte internationale Ordnung zu untergraben und die europäische Sicherheitsordnung zu ändern. China wiederum ist zu einem „systemischen Gegner“ geworden, der die Regeln der Ordnung neu definieren und weltweit eigene Normen und Standards setzen will. Während Russland in Osteuropa und im Nahen Osten aggressiver agiert, dominiert China in Ostasien und Afrika. Doch auch regionale Akteure wie der Iran, die Türkei oder Saudi-Arabien stellen die multilaterale Ordnung zunehmend in Frage und nutzen Konflikte, um die eigene Macht sowie Verhandlungsposition zu stärken.
All dies stellt Deutschland und die EU vor große Herausforderungen. Da beide wesentlich von der multilateralen Ordnung und ihren Institutionen profitiert haben, haben sie ein großes Interesse daran, ihren Fortbestand zum Nutzen aller sicherzustellen. Beide sehen eine regelbasierte internationale Ordnung, die durch Handelsliberalisierung gekennzeichnet ist; die Internationalisierung von Wertschöpfungsketten; multilaterale Zusammenarbeit zur Bewältigung grenzüberschreitender und globaler Probleme; und wachsende Freiheit für Menschen, Ideen und Kommunikation als ideale Rahmenbedingungen für Entwicklung und Frieden. Daher ist es weder für Deutschland noch für die EU eine Option, sich aus machtpolitischen Konflikten, insbesondere im benachbarten Osteuropa, auf dem Westbalkan und in Nordafrika, herauszuhalten.
Bis in die 2000er Jahre waren westliche Staaten davon ausgegangen, dass die globale wirtschaftliche Integration zu einer schrittweisen Öffnung und Demokratisierung autoritärer Staaten wie China und Russland führen würde. Autoritäre Regime witterten jedoch nur Gefahren, die durch die „Farbrevolutionen“ in den postsowjetischen Ländern und die Massenbewegungen des Arabischen Frühlings bestätigt wurden. Folglich haben Staaten wie China, Russland oder der Iran begonnen, sich wirtschaftlich und sozial von der Weltwirtschaft abzukoppeln, um sich weniger angreifbar zu machen. Sie schränken Einfluss von außen ein, schwächen zivilgesellschaftliche Akteure, bauen unabhängige Medien ab und kontrollieren und instrumentalisieren soziale Medien. Jetzt fühlen sich die EU und Deutschland verwundbar: Offene Gesellschaften wie die ihre sind zunehmend politischer Einflussnahme, wirtschaftlichem Druck und Cyberangriffen ausgesetzt.