Der deutsch-französische Motor hat ausgedient

Egon Bahr und Janusz Onyszkiewicz, ehemaliger Sprecher der Solidarność, über den Erfolg der Politik der kleinen Schritte

Datum
25 September 2012
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

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Karl Kaiser, langjähriger Forschungsdirektor der DGAP bezeichnete in seiner Laudatio Bahrs politischem Ansatz, den großen politischen Konflikt zurückzustellen und mit den Regimen im Osten Europas über das Machbare zu sprechen als richtungsweisenden Tabubruch im deutschen außenpolitischen Denken der Nachkriegszeit.

In der Tat sei die politische Tragweite des „schrecklichen“ Mauerbaus, so betonte Bahr, damals nicht zu überschauen gewesen. Dann auch noch mit der anderen Seite zu verhandeln, sei deshalb für viele in Deutschland unvorstellbar gewesen.

Janusz Onyszkiewicz hob hervor, daß die oppositionellen Kreise in Polen diese Bedenken geteilt hätten. Zwar habe die Entspannungspolitik zur Stabilisierung Europas geführt, aber viele Menschen in Polen seien gerade nicht an einem stabilen, jedoch geteilten Europa interessiert gewesen.

„Wandel durch Annäherung“ habe nicht zur Annäherung der Gesellschaften, sondern nur zur Annäherung der politischen Eliten geführt, so Onyszkiewicz. Eine Änderung des Status Quo der Teilung, so seien sich die polnischen Oppositionellen sicher gewesen, werde nicht durch Entspannung, sondern durch eine Krise des politischen Systems kommen. Doch das bestehende System sei durch die Neue Ostpolitik eher stabilisiert worden.

Mit Blick auf die Lehren der Neuen Ostpolitik folgerte Onyszkiewicz, dass Demokratie nicht exportiert werden könne, sondern in jedem Land selbst geboren werden müsse. Die Europäische Union könne dabei höchstens als Hebamme wirken. Auch Bahr war der Ansicht, dass die EU „keine Ideologie verkaufen“, sondern, etwa gegenüber Nachbarländern, vorhandene Handlungsspielräume nutzen solle. Deutschland müsse dies unbedingt im Bündnis mit Polen angehen.