Belarus in der Krise

Internationale Konferenz der DGAP und des GMF in Berlin

Datum
26 Oktober 2011
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

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Andrej Dynko, Chefredakteur der belarussischen Zeitung “Nasha Niva”, wies darauf hin, dass das Land bereits in den 1990er Jahren einen wirtschaftlichen Kollaps erlebt habe. Das Spezifische der jetzigen Krise aber sei, dass sie nicht durch externe Faktoren wie die globale Finanzkrise hervorgerufen wurde, sondern durch die strukturellen Schwächen des eigenen Wirtschaftsmodells. Zu stark sei die Abhängigkeit von den russischen Subventionen schließlich geworden.

Weder belarussische noch westliche Experten hätten allerdings den politischen Umschwung und den wirtschaftlichen Zusammenbruch vorhergesehen, so Dr. Jörg Forbrig, Leiter des Programms Mittel- und Osteuropa des German Marshall Fund. Und für den Weg aus der Krise fehlten der Führung wie auch der Opposition des Landes eine wirksame wirtschaftliche Strategie, mahnte Yauheni Preiherman, Policy Direktor des Think-Tanks „Liberal Club“ in Minsk.

Die russisch-belarussischen Beziehungen waren das Thema des zweiten Teils der Veranstaltung. „Russland hat das belarussische Wirtschaftswunder lange subventioniert“, so Dr. Kirill Koktysh, Associate Professor an der Moskauer Staatlichen Universität für Internationale Beziehungen, „jetzt wird Moskau nur noch so viel zahlen, dass Belarus gerade überlebt. Für eine prosperierende Zukunft müssen sich die Belarussen neue Strategien überlegen.“

Zahlreichen Experten raten zu einem Verkauf belarussischer Firmen an russische Unternehmen. Alex Nice, Koordinator des Programms Russland und Eurasien bei Chatham House in London, sieht keine unmittelbare Gefahr in russischen Investitionen: „Nehmen wir den Fall Georgiens. Russische Geschäftsleute besitzen dort erhebliche Güter, das beeinflusst aber nicht die geopolitische Orientierung Georgiens.“

Wird sich Belarus nun weiter Russland und dem Vorhaben einer „Eurasischen Union“ öffnen, wie es der russische Premierminister vorschlug? Maryna Rakhlei, Journalistin der Belarussischen Nachrichtenagentur BelaPAN, erinnerte daran, dass bislang kein russisch-belarussisches Integrationsprojekt erfolgreich war. Sie vermutet hinter Putins Vorschlag in erster Linie Wahlkampfrhetorik.

Gleichzeitig bleibe die Attraktivität der Europäische Union für die Belarussen sehr hoch, so Rakhlei. Deswegen sollte die EU weiter in Austausch- und Fortbildungsprogramme investieren und sich endlich zur Visafreiheit durchringen.

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Veranstaltung Forschungsprogramm
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