Kommentar

01. Okt. 2022

Kämpfe im Osten gehen weiter

Ukraine erringt Erfolge auf dem Feld
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In Moskau feiert Putin die Annexionen von vier ukrainischen Gebieten, doch auf das Gefechtsfeld wirkt sich das nicht aus: Die Ukraine verbucht weitere militärische Erfolge.

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Am Nachmittag des 30. September gab der russische Präsident Wladimir Putin bekannt, dass Russland die vier besetzten Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja annektiert. Moskau erhebt Anspruch auf das gesamte Territorium dieser Regionen, auch wenn Russland keine von ihnen vollständig besetzt hält.

Während die Region Luhansk mit Ausnahme einiger kleiner Siedlungen fast vollständig unter russischer Kontrolle steht, kontrolliert Moskau in der Region Saporischschja nicht einmal die Regionalhauptstadt.

Der russische Präsident betonte, dass Moskau bereit sei, alle verfügbaren Mittel zur Verteidigung dieser Gebiete einzusetzen. Er deutete an, dass dies notfalls auch Massenvernichtungswaffen beinhalte.

Teilmobilisierung spricht gegen Atomwaffen

Die kürzlich angekündigte Teilmobilisierung in Russland scheint jedoch darauf hinzudeuten, dass der Kreml den Krieg mit konventionellen Mitteln gewinnen will, während die Andeutungen über Atomwaffeneinsätze primär der Abschreckung dienen.

Die behauptete Annexion ist ein Hinweis darauf, dass sich Russlands militärische Ziele in der Ukraine nun darauf beschränken, die vier Regionen zu halten und möglicherweise ihre noch unter ukrainischer Kontrolle stehenden Teile zu besetzen.

Es ist jedoch höchst unwahrscheinlich, dass Russland in der Lage wäre, in absehbarer Zeit neue Fronten gegen die Ukraine zu eröffnen.

Kiew wird Rückeroberung fortsetzen

Kiew ist nicht bereit, die von Russland beanspruchte Souveränität über die besetzten ukrainischen Gebiete zu akzeptieren. Stattdessen beabsichtigt die Ukraine, die Befreiung der besetzten Gebiete fortzusetzen.

Dabei kann Kiew auf die tatkräftige Unterstützung sowohl der Vereinigten Staaten als auch der EU zählen. Russlands Plan, den Westen und die Ukraine von der Fortsetzung des Krieges abzuhalten, scheint nicht aufzugehen.

Kämpfe am Boden gehen weiter

Im Donbass rücken die ukrainischen Streitkräfte weiter auf Lyman, einen wichtigen Eisenbahnknotenpunkt, vor und versuchen, die Stadt einzukesseln. Wenn die Ukraine die Kontrolle über diese Siedlung wiedererlangt, könnte dies den Weg zu den anderen besetzten Teilen der Region Luhansk und auch zum Rest der Region Donezk öffnen.

Sollte Russland die Kontrolle über Lyman verlieren, würde dies außerdem Russlands Pläne ernsthaft gefährden, das Flussufer des Oskil als Verteidigungsposition zu nutzen.

Mobilisierte russische Soldaten: Training nur an der Front

In der Zwischenzeit sind die ersten Soldaten, die im Rahmen der Teilmobilisierung Russlands einberufen wurden, in der Ukraine eingetroffen. Dies zeigt, dass Moskau nicht beabsichtigt, die erste Welle der mobilisierten Soldaten mit einer ausreichenden Auffrischungsausbildung zu versehen.

Stattdessen ist offenbar geplant, dass die mobilisierten Reservisten ihre Fähigkeiten direkt an der Front erneuern. Diese Methode ist zwar wahrscheinlich schneller als eine längere Ausbildung auf konventionellem Trainingsgelände, führt aber unweigerlich zu Verlusten unter den Reservisten, möglicherweise sogar zu schweren Verlusten, je nachdem, welche Aufgabe ihnen zugeteilt wird.

Um aus der schwachen Moral der mobilisierten Reservisten Kapital zu schlagen, intensivierte die Ukraine ihre PR-Kampagne, die darauf abzielte, die russischen Reservisten zur Kapitulation zu bewegen.

Bibliografische Angaben

Mölling, Christian, and András Rácz. “Kämpfe im Osten gehen weiter.” October 2022.

Dieser Artikel wurde zuerst am 30. September 2022 von ZDF heute veröffentlicht. 

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