In Kriegs- und Krisenzeiten greifen Regierungen häufig auf vertraute, aber überholte Bewältigungsmaßnahmen zurück. Dabei sind oft neue Ansätze notwendig, um eine Rückkehr zum Status quo sowie künftige Krisen zu verhindern. |
Da FFP menschliche und nicht staatliche Sicherheit in den Vordergrund stellt und konkrete Leitlinien für das deutsche Handeln in Kriegs- und Krisensituationen liefert, kann sie mit den herkömmlichen Formen der Krisenbewältigung brechen. |
FFP muss sich mit kurzfristigen, akuten Herausforderungen auseinandersetzen, ohne dabei ihre langfristigen Ziele und Werte aus den Augen zu verlieren. Hilfreich kann dabei ein Rückgriff auf Strukturen der völkerrechtlichen Schutzverantwortung, der Responsibility to Protect (R2P), sein. |
Bei der Ausarbeitung der NSS können sowohl die Neuerungen durch als auch die Grundsätze der FFP genutzt werden, um bekannte Schwachstellen in der Koordinierung der deutschen (Außen-)Politik zu beseitigen und damit die Glaubwürdigkeit Deutschlands im In- und Ausland zu erhöhen. |
Krisenmanagement ist keine perfekte Wissenschaft und schafft oft den Nährboden für den nächsten Konflikt. In Krisenzeiten neigen Regierungen dazu, auf vertraute, aber oft unzulängliche und längst überholte Reaktionen zurückzugreifen. Ein zu eng gefasstes, unüberlegtes oder improvisiertes Krisenmanagement verstärkt aber in der Regel die Schwachstellen, die die Krise überhaupt erst ausgelöst haben. Zudem werden Politikbereiche, die mit der Krise nur am Rande zu tun haben, aber dennoch für ihre Überwindung wichtig sind, oft vernachlässigt. All dies erschwert eine kohärente langfristige Politik, untergräbt die Resilienz Deutschlands und stärkt nur einzelne Politikbereiche und Akteure – wie etwa das Militär. Häufig mangelt es an einem Verständnis dafür, wie einzelne Bereiche miteinander verzahnt werden sollten, um eine umfassende Sicherheitspolitik zu gewährleisten. Deutschland als Status-quo-Macht wurde in den letzten zehn Jahren heftig für sein improvisiertes Krisenmanagement kritisiert und nutzte Krisen manchmal sogar als Vorwand, um alte Pläne hervorzuholen und damit den Status quo zu sichern.
Der Wunsch, diesen Kreislauf zu durchbrechen und die Vergangenheit hinter sich zu lassen, war ein Grund dafür, dass sich die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag vom Dezember 2021 dazu verpflichtete, eine Nationale Sicherheitsstrategie zu verfassen und darin einen neuen politischen Ansatz zu integrieren: die feministische Außenpolitik. Am 27. Februar 2022, nur drei Tage nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine, brach der neue Bundeskanzler Olaf Scholz selbst mit dem Krisenmanagement seiner Vorgängerin Angela Merkel und proklamierte eine „Zeitenwende”, die den Kurs der deutschen Sicherheitspolitik verändern solle. Scholz kündigte die Schaffung eines Sondervermögens mit 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr und zur Aufstockung des Verteidigungshaushalts an und versprach, die Abhängigkeit Deutschlands von fossilen Brennstoffen aus Russland zu verringern.
Die Ankündigung dieser Zeitenwende hat erhebliche Auswirkungen. Regierung und Parlament arbeiten nun daran, die Maßnahmen, zu denen sie sich verpflichtet haben, zu verstehen – und erkennen, dass sie Gefahr laufen, einen langfristigen Innovationsbedarf zu vernachlässigen, auch wenn auf diese Wiese kurzfristige Lücken in der deutschen Verteidigungspolitik geschlossen werden können. Die Maßnahmen tragen zur weiteren Fragmentierung des europäischen Verteidigungsmarktes bei, wo doch eigentlich Konsolidierung und Effizienz gefragt sind. Und sie könnten die Lebenshaltungskosten in Deutschland zu einer Zeit in die Höhe treiben, in der gesellschaftlicher Zusammenhalt von größter Bedeutung ist. Das sind lediglich die Probleme, die sich aus den Kernthemen Militär und Verteidigung ergeben. Doch wie sieht es mit den umfassenderen und längerfristigen Auswirkungen der Zeitenwende aus? Wie kann die NSS, insbesondere in Verbindung mit FPP, eine hilfreiche Orientierung bieten?
Zeitenwende oder Ratlosigkeit?
Der erste Eindruck scheint wenig aussichtsreich: Die Bundesregierung steht unter erheblichem internationalen Druck und wird Mühe haben, ihre Verbündeten von den Vorteilen ihres sicherheitsstrategischen Prozesses und des feministischen Ansatzes zu überzeugen. Aus der Sicht von Deutschlands Verbündeten ist es nun an der Zeit für Taten, nicht für Worte. Sie wissen nur zu gut, dass Deutschland dazu neigt, sich oft in strategischer Bedeutungslosigkeit zu verlieren. Zudem ist FFP relativ unerprobt, auch wenn sich einige Staaten wie Schweden, Kanada und Mexiko in den letzten Jahren zu ihrer Umsetzung verpflichtet haben. Aufgrund ihres inhärenten Pazifismus wurde FFP oft als weltfremd, unrealistisch und polarisierend kritisiert. Die Befürchtung, dass sich Deutschland in einer polarisierenden Debatte verlieren könnte, hat sich bereits bestätigt. Als die Bundesregierung Ende April 2022 nach langem Zögern die strategisch bedeutsame Entscheidung traf, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern, gab es heftige Diskussionen (siehe Infokasten). Die FFP muss sich unter härtesten Bedingungen bewähren.
Wie die FFP die deutsche außenpolitische Gemeinschaft spaltet – und wie diese Spaltung überwunden werden kann
Es besteht die Gefahr, dass FFP lediglich zur Spaltung der außenpolitischen Gemeinschaft beiträgt, anstatt den deutschen Strategieprozess in positiver Weise neu zu gestalten. Allerdings kann die Bundesregierung mithilfe von FFP neue Wege finden, um ausgewogene außenpolitische Entscheidungen zu treffen, beispielsweise im Hinblick auf die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine – Wege, die die aktuellen doktrinären Debatten durchbrechen und in einer langfristigen Perspektive verankert werden können.
Im Laufe des Krieges haben sich im öffentlichen Diskurs drei Lager herausgebildet:
- Ein normativ-aktivistisches Lager, das unter Berufung auf die kritische feministische Theorie die Position vertritt, dass FFP sich auf die Verwirklichung einer utopischen Vision einer gewaltfreien zukünftigen Welt konzentrieren sollte. Dieses Lager steht Themen wie Waffenexporten und der Logik der militärischen Abschreckung skeptisch bis ablehnend gegenüber, da dies aus seiner Sicht Beispiele für festgefahrene patriarchale Strukturen seien.
- Ein pragmatisches FFP-Lager, zu dem auch die Bundesregierung gehört, das FFP mit Maßnahmen wie Waffenlieferungen zur akuten Verteidigung für vereinbar hält, aber nicht artikuliert hat, wie und warum. Diesem Lager fällt es noch schwer festzulegen, welche Maßnahmen für eine kurzfristige Anwendung einer FFP in Krisensituationen geeignet sein könnten.
- Ein konservatives FFP-skeptisches Lager, das sich selbst dem politischen „Realismus“ zuordnet und FFP als heiße Luft ablehnt. Dieses Lager steht der FFP kritisch gegenüber und sieht in ihr eine unrealistische Utopie der abgehobenen außenpolitischen Eliten Deutschlands. Es bemängelt, dass es dem ersten Lager nicht gelungen sei, sich mit der akuten Situation in der Ukraine auseinanderzusetzen, und dass es das zweite Lager nicht geschafft habe, etwas Substanzielles zur Rüstungsdiskussion beizutragen oder Unterstützung zu mobilisieren.
Die Debatte kam zu einem Höhepunkt als die Bundesregierung die Lieferung von Waffen an die Ukraine beschloss. Manche Verfechter:innen der normativ-aktivistischen FFP forderten in der Debatte, dass sich feministische Sicherheitspolitik verstärkt für eine Demilitarisierung einsetzen müsse, da die zunehmende Aufrüstung die Gefährdung von Frauen und anderer marginalisierter Personengruppen verschlimmere. Das pragmatische Lager entgegnete, dass Deutschland gerade deshalb, weil das russische Militär unter grober Missachtung der Menschenrechtsnormen und des humanitären Völkerrechts systematisch die Zivilbevölkerung ins Visier nimmt, gefährdeten Gruppen die Mittel an die Hand geben muss, sich selbst zu verteidigen. Das politisch „realistische“ Lager, das schnelles Handeln ohne eine Grundsatzdebatte forderte, sah diese festgefahrenen Positionen als Beweis dafür, dass FFP eine unausgegorene Idee sei.
Und trotzdem kann FFP der Bundesregierung helfen, die sich abzeichnenden Mängel in ihrer Krisenbewältigung zu korrigieren. FFP bietet eine werteorientierte Leitlinie, um das akute Bedürfnis menschlicher Sicherheit mit langfristigen Zielen zur Erhaltung von Frieden durch Demilitarisierung in Einklang zu bringen.
Dennoch muss die Bundesregierung unbedingt einen Weg finden, sich über Waffenlieferungen und das 100-Milliarden-Sondervemögen hinaus mit der langfristigen Gesamtsituation zu befassen. Denn der Krieg in der Ukraine findet vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie und der Klimakrise statt. Diese Aspekte verschärfen die Ernährungsunsicherheit und erhöhen die Aussicht auf eine weitverbreitete Hungersnot, die Menschen zur Flucht aus ihren Heimatländern zwingt, Staaten destabilisiert und Menschen ihrer Rechte beraubt. Die Situation wird durch das Fortbestehen postkolonialer Strukturen in globaler Entwicklungs- und Wirtschaftspolitik weiter verschärft, unter denen gerade Staaten des Globalen Südens leiden. Dieses gefährliche Konglomerat einzelner Risiken bildet einen hervorragenden Nährboden für immer komplexere und schwer zu lösende Konflikte.
Theoretisch ist die NSS eine Chance, die angekündigte Zeitenwende für eine umfassende und langfristige politische Neuorientierung zu nutzen. Eine feministische Außenpolitik sollte der Bundesrepublik einen Rahmen bieten, um diese fortschrittliche langfristige Orientierung trotz der Dringlichkeit der aktuellen Krise beizubehalten. Und doch mangelt es FFP derzeit noch an praktischer Substanz – es bedarf daher einer weiteren Ausdifferenzierung. In ihrem Koalitionsvertrag von Dezember 2021 hat die Bundesregierung mit der Formel „3R+D“ (siehe Infokasten) einen ersten Ansatz für eine deutsche FFP formuliert: „Stärkung der „Rechte, Ressourcen und Repräsentanz von Frauen und Mädchen weltweit und gesellschaftliche Diversität fördern“. Darüber hinaus haben die zuständigen Minister:innen relativ wenig Klarheit über die Bedeutung der FFP oder ihren Platz in der deutschen Interessen- und Wertehierarchie geschaffen, so dass es an den Betrachter:innen liegt, das Konzept anhand des deutschen Handelns und einiger konkreter Aussagen zu entschlüsseln.
Auf dem Weg zu einem deutschen Verständnis der FFP
Die Bundesregierung hat ihre Strategie als „3R+D“ definiert. Die Formel ist vom schwedischen Modell der feministischen Außenpolitik abgeleitet, von dem sie die „drei R“ entlehnt, und kann wie folgt verstanden werden:
- Der Begriff „Rechte” bezieht sich auf die Wahrung und Förderung der Menschenrechte aller, insbesondere von Frauen und anderen marginalisierten Bevölkerungsgruppen. Dies bedeutet den proaktiven Schutz der Rechte (Prävention), aber auch die Schaffung von Gerechtigkeit (Accountability).
- Repräsentanz bedeutet, dass Frauen und marginalisierte Gruppen an außen- und sicherheitspolitischen Entscheidungen auf allen Ebenen beteiligt und vertreten sein sollten.
- Hinzu kommt die angemessene Bereitstellung von Ressourcen, wie etwa eine diskriminierungssensible Budgetierung.
Mit Diversität soll unterstrichen werden, dass die Regierung einen intersektionalen feministischen Ansatz verfolgt, d.h. einen, der sich nicht ausschließlich auf Frauen konzentriert.
Orientiert man sich an die schwedische Erfahrung, so liegt der deutschen Logik die Annahme zugrunde, dass Deutschland mithilfe von 3R+D die Gleichstellung der Geschlechter und die gleichberechtigte Teilhabe aller stärken werde. Außenministerin Annalena Baerbock und der zuständige Staatsminister Dr. Tobias Lindner haben zudem betont, dass die FFP eine „inklusive, intersektionale Außenpolitik ist, die die Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft reflektiert“.
Wie das Konzept von FFP gefestigt werden kann
Es lohnt sich daher, nach „Orientierungspunkten“ für FFP zu suchen, also vertrauten Ideen, auf die bei der Ausarbeitung der NSS zurückgegriffen werden kann, um FFP sinnvoll zu gestalten – und zu nutzen. Ein Konzept basiert auf der menschlichen Sicherheit, auf die sich FFP maßgeblich stützt. Das Konzept stellt ein nützliches Gegengewicht zu einem Großteil der derzeitigen Sicherheitsdebatte dar. Es besagt, dass Sicherheit nicht allein durch das Schützen des Staates gewährleistet werden könne, sondern vielmehr vulnerable Personen und ihre Rechte im Mittelpunkt stehen müssten. Nehmen wir die deutsche Energieabhängigkeit von Russland: Die Sorge um die Sicherheit der Gasversorgung in Deutschland bestimmt die Außenpolitik in einer Situation, in der es eigentlich starke Druckmittel und einen Fokus auf die Verwundbarkeit der Menschen in der Ukraine und in Deutschland – in Verbindung mit ihrer Sicherheit – braucht, um Russlands Aggression zu begegnen. Diese Konzentration auf die menschliche Sicherheit und nicht auf zwischenstaatliche Beziehungen würde Deutschland dazu bewegen, seine Prioritäten zu überdenken und weitere Perspektiven in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.
Tatsächlich gibt es bereits politische Ansätze, die diese Betonung der menschlichen Sicherheit zumindest teilweise übernommen haben. Wir argumentieren, dass FFP auf diesen bestehenden Ansätzen aufbauen muss, wenn sie ihrem Potenzial gerecht werden will, „periphere” Sicherheitsbelange in Zeiten der Krise aufzuwerten und die Krisenbewältigung in einen fortschrittlichen langfristigen Kontext zu stellen. Es gibt zwei Säulen, auf denen die Verfasser:innen der FFP und der NSS aufbauen können. Die erste umfasst bestehende außenpolitische Ansätze, die Staaten dazu verpflichten, besonders betroffene und vulnerable Menschen zu schützen; die zweite verpflichtet die Staaten dazu, ihre Beteiligung an der Entscheidungsfindung auf allen Ebenen sicherzustellen. Die FFP bietet die Möglichkeit, beide Säulen aufzuwerten und zusammenzuführen, ihnen aber auch einen neuen Dreh zu verleihen. Zunächst befassen wir uns mit der Frage, wie sich dies auf eine umfassende Krisenbewältigung anwenden lässt, und betrachten anschließend die langfristige Ausrichtung dieser Maßnahmen:
Die politische Achse: Wie die FFP zu einer ganzheitlichen und fortschrittlichen Nationalen Sicherheitsstrategie beitragen kann
Die FFP ist ein sektorübergreifender Ansatz, der über Politikfelder wie Klima-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik sowie Innenpolitik hinweg verfolgt werden soll. Damit liegt ihre Stärke darin, einen der größten Schwachpunkte der deutschen Außenpolitik zu beheben: Selbst unter vergleichsweise günstigen internationalen Bedingungen scheint es für die deutsche Regierung nicht selbstverständlich zu sein, sich kohärent zu verhalten. „Randthemen” werden vernachlässigt. Das Weißbuch zur deutschen Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr von 2016 und andere strategische Dokumente wie die Leitlinien zur Krisenprävention versprachen einen „vernetzten Ansatz“ im Hinblick auf sicherheitspolitische Herausforderungen. In der Praxis scheint dieser Ansatz die anhaltenden Probleme der Koordinierung und Prioritätensetzung allerdings nicht zu lösen. Vor dem Amtsantritt der jetzigen Regierung wurde daher die Idee eines Nationalen Sicherheitsrates, der die Koordinierung im Kanzleramt bündeln sollte, erneut ins Spiel gebracht.
Wie auch bei der FFP verlangen diese Konzepte eine umfassende Politikgestaltung. Es besteht sicherlich die Gefahr, dass FFP, wie frühere sektorübergreifende Ansätze, nur formelhafte allgemeine Ziele oder neue und abgegrenzte Strukturen fördert, da die politischen Verantwortlichen nicht wissen, wie sie auf die umfassenden und ehrgeizigen Ziele reagieren sollen. Anstatt das Rad neu zu erfinden, sollte die Umsetzung der FFP auf der Erkenntnis aus ihren Vorgängern aufbauen. Die FFP kann dazu dienen, bestehende Ansätze zu modernisieren und zusammenzuführen, mit einem kritischen „Rebranding”, das die Legitimität der von der Regierung bereits verfolgten Ansätze stärkt. So zum Beispiel eine wertebasierte Außenpolitik, die der menschlichen Sicherheit Vorrang einräumt, und die Agenda für Frauen, Frieden und Sicherheit (Women, Peace and Security, WPS), der am deutlichsten und offensichtlichsten mit der FFP in Verbindung stehenden Agenda.
Die am 31. Oktober 2000 einstimmig beschlossene Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates zum Thema WPS war ein wichtiger Meilenstein, da sie anerkennt, dass Frauen und Mädchen unverhältnismäßig stark von Kriegen und Konflikten betroffen sind und gleichzeitig in der Entscheidungsfindung und Friedenskonsolidierung unterrepräsentiert sind. Und dies, obwohl Studien zeigen, dass Friedens- und Sicherheitsbemühungen nachhaltiger sind, wenn Frauen mit am Tisch sitzen (d.h., wenn Frauen als aktive Akteurinnen und nicht als passive Empfängerinnen fungieren). Die Nationalen Aktionspläne (NAP), die im Rahmen der Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrats und der damit in Verbindung stehenden Resolutionen aufgestellt wurden, stellen konkrete Leitlinien für die Ansätze und Handlungsweisen der jeweiligen Regierungen dar. Dieser Mechanismus hat ein gewisses Maß an Accountability für die teilnehmenden Staaten und Organisationen geschaffen, wodurch ein koordinierter Wandel erreicht wurde.
Es mag naheliegend sein, FFP zu nutzen, um bestehende Ansätze unter einem neuen Dach „neu zu vermarkten“, doch das ist nicht selbstverständlich. Denn die Einführung eines neuen Konzepts wie der FFP erscheint kühn und zukunftsorientiert, was sicherlich auch der Reiz für die ambitionierte neue Regierung im Dezember war. Dennoch baut FFP auf bestehenden Konzepten auf – und nicht nur auf WPS. Tatsächlich hat die FFP einen weniger offensichtlichen Vorgänger: die Schutzverantwortung (R2P), ein Konzept, das von allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen im Ergebnisdokument des Weltgipfels 2005 unterzeichnet wurde. Die R2P wurde im Zusammenhang mit den Völkermorden in Bosnien und Ruanda in den 1990er Jahren entwickelt.
Die R2P weist, wenn sie strikt im Sinne ihres ursprünglichen rechtlichen Geltungsbereichs angewandt wird, konzeptionell deutliche Ähnlichkeiten mit der FFP auf. Beide konzentrieren sich auf das Konzept der menschlichen und nicht der staatlichen Sicherheit und ein positives Verständnis von Sicherheit zur Erfüllung wichtiger Bedarfe und Menschenrechte, die in rechtlichen institutionellen Strukturen verankert sind. Nichtsdestotrotz korrigiert die FFP den R2P-Ansatz nicht nur, sondern definiert ihn neu. Der R2P-Ansatz für menschliche Sicherheit berücksichtigt nicht, dass manche Menschen gefährdeter sind als andere, da er von einem heteronormativen, gender- und "raceneutralen" Verständnis des Menschen ausgeht. In Anbetracht der Art und Weise, wie Russland gezielt gegen Zivilpersonen und vulnerable Gruppen vorgeht, wäre die FFP eine wichtige Ergänzung, die das deutsche Denken in Bezug auf eine umfassende Krisenbewältigung deutlich verbessern würde.
Zeitachse: Wie die FFP Krisenbewältigung und strategischen Wandel vereinen kann
Befürworterinnen und Befürworter der FFP werden sich verständlicherweise Vorsicht walten lassen, einen Vergleich mit der R2P anzustellen - nicht zuletzt, weil Staaten die R2P aus geopolitischen Gründen für Zwecke missbraucht haben, die nicht mit ihrem rechtlichen Rahmen übereinstimmten. Russlands Behauptung, auf der Grundlage einer Verantwortung für den Schutz der russischen Minderheit in der Ostukraine zu handeln, ist nur das jüngste Beispiel. Die R2P steht im Zusammenhang mit massiven humanitären Interventionen westlicher Regierungen, die zu einer Politisierung der humanitären Arbeit geführt, internationale Institutionen untergraben und schließlich den Spielraum für zunächst militärische und dann sogar diplomatische Maßnahmen eingeschränkt haben. Dieses Erbe ist ein Hindernis für die Art von umfassender Politik, die für eine erfolgreiche FFP erforderlich ist, sodass die Politik bereit sein muss, sich mit der R2P auseinanderzusetzen und sie zu korrigieren.
Doch wenn die FFP eine langfristige Orientierung für die deutsche Außenpolitik bieten soll, muss sie sich mit den politischen Realitäten im Hier und Jetzt auseinandersetzen. Die FFP hat viele potenzielle Stärken, unter anderem ihren umfassenden Ansatz sowie die Möglichkeit zur Durchbrechung des Krisenkreislaufs und der unzureichenden Krisenbekämpfung. Um ihr Potenzial jedoch voll auszuschöpfen, muss FFP eine entscheidende Schwachstelle überwinden. Das normativ-aktivistische FFP-Lager bietet eine überzeugende langfristige Vision einer friedlichen und gerechten Weltordnung sowie Empfehlungen zu ihrer Verwirklichung. Aber diese Empfehlungen mit ihrem Schwerpunkt auf Entmilitarisierung und Abrüstung scheinen nur auf eine stabilisierte Krisensituation anwendbar. Es ist schwer zu erkennen, wie sie auf die Art von Krisensituation angewendet werden können, in der sich Deutschland, seine Verbündeten und Partner befinden. Das macht es für die deutsche Politik – das pragmatische FFP-Lager – schwierig, ihre langfristige feministische Politik realistisch zu gestalten.
Wie kann die FFP also effektiver auf eine unmittelbare Krisensituation wie in der Ukraine angewendet werden? Die naheliegende Antwort ist, daraus zu lernen, wie frühere, ähnlich idealistische Konzepte in Notsituationen zum Einsatz kamen. Im Fall von WPS und den Strukturen der UN-Resolution 1325 wurden Mechanismen für Krisen- und Friedenszeiten entwickelt, wie etwa die enge Zusammenarbeit mit der lokalen Zivilgesellschaft, die Durchführung von gender- und diskriminierungssensiblen sowie kontextorientierten Analysen und die Ernennung von Anlaufstellen (sogenannte Focal Points) bei Auslandseinsätzen. Durch die Einbindung der FFP in diese anerkannten internationalen Strukturen kann die Politik die Kluft zwischen theoretischen Forderungen und ihrer konkreten Anwendbarkeit überbrücken.
Eine weitere wertvolle Ergänzung kann die R2P sein: ein völkerrechtliches Konzept, auf dessen Säulen sich auch WPS-Agenda und nicht zuletzt auch FFP entwickelt haben. Im Gegensatz zu FFP wurde die R2P in den letzten zwei Jahrzehnten durch vielfache Staatenpraxis bereits umfangreich erprobt. Wie ist es also im Kontext der R2P gelungen, akute Herausforderungen zu bewältigen und gleichzeitig langfristig Menschenrechte und menschliche Sicherheit zu schützen? Und kann FFP dem Beispiel folgen, ohne die Fehler der R2P zu wiederholen?
Mit der R2P wurde ein Präventionssystem für Friedenszeiten und auch für Krisenzeiten entwickelt, um drei Verantwortungsbereiche zu definieren: Erstens die Verantwortung, durch Monitoring und Prävention Krisen zu verhindern und die menschliche Sicherheit zu schützen (Responsibility to Prevent). Zweitens die Verantwortung, in Krisensituationen zu reagieren, um die Sicherheit der Menschen wiederherzustellen (Responsibility to React). Und drittens die Verantwortung für den Wiederaufbau, was unter anderem die Wiederherstellung von Präventionsmechanismen erfordert, um menschliche Sicherheit langfristig zu gewährleisten (Responsibility to Rebuild).
FFP könnte den dreistufigen Ansatz der R2P übernehmen und durch Berücksichtigung des 3R+D-Ansatzes den langfristigen Einsatz für Demilitarisierung nach der Krise weiterentwickeln. Im Mittelpunkt des Krisenmanagements müssen dabei intersektionale, menschliche Sicherheit sowie die Bedürfnisse marginalisierter Gruppen stehen. Nach dem Ende der Krise kommt es wesentlich auf den Aufbau nachhaltiger Präventionsstrukturen an, um zukünftige Krisen zu verhindern. Dies kann gelingen, indem Täter:innen (völker-)strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden, um so die Integrität der internationalen Ordnung nach fundamentalen Verletzungen wiederherzustellen. Dabei sollten der rechtliche Rahmen der R2P gestärkt und marginalisierte Bevölkerungsgruppen umfassend konsultiert werden. So kann gewährleistet werden, dass Diskussionen über Unterstützungsmaßnahmen aus lokaler Perspektive geführt werden. Diese konsequente Kombination von FFP und R2P kann in Zukunft das Risiko geopolitischen Missbrauchs, wie er auch bei der R2P aufgetreten ist, verringern.
Auf dem Weg zu einem deutschen Verständnis der FFP
- Verhinderung von Krisen der menschlichen Sicherheit und der Verletzung von Menschenrechten durch ein internationales Monitoring-System und den Auf- und Ausbau internationaler Strukturen zur Sicherung der Menschenrechte. Dies sollte durch 3R+D und die Kernprinzipien der FFP wie das Ziel einer langfristigen Entmilitarisierung geleitet werden.
- Reaktion auf akute Krisen, indem der menschlichen Sicherheit und den Bedarfen der Schwächsten als Maxime der Krisenreaktion Priorität eingeräumt wird. Dies muss Hand in Hand gehen mit der Stärkung des rechtlichen Rahmens und der Konsultation der betroffenen Mitglieder der Gesellschaft. Dadurch wird gewährleistet, dass die Diskussionen über die besten Unterstützungsmaßnahmen aus lokaler Perspektive geführt werden, was wiederum den Befürworter:innen der FFP hilft, einen geopolitischen Missbrauch, wie er bei der R2P aufgetreten ist, zu vermeiden.
- Nach Ende einer Krise müssen die Strukturen, die eine erneute Eskalation verhindern, mit Hilfe von 3R+D wiederaufgebaut werden, wobei die Säulen der FFP zur Wiederherstellung der internationalen Ordnung genutzt werden. Dazu gehören die langfristige Entmilitarisierung und die Stärkung der multilateralen Zusammenarbeit. Die Verantwortlichen müssen auch nach internationalem Strafrecht zur Rechenschaft gezogen werden. Dies wird dazu beitragen, die Integrität der internationalen Ordnung wiederherzustellen und damit ihre Rechtsverbindlichkeit nach einer solch fundamentalen Verletzung zu stärken.
In Anlehnung an die R2P sollte die FFP Reaktion mit Prävention und Wiederaufbau verbinden. Um ihr unmittelbares Handeln in Bezug auf die Ukraine in diese größere zeitliche Dimension einzuordnen, muss die Bundesregierung wirksame Szenarien entwickeln, um auch nach der Beendigung des Konflikts den Wiederaufbau zu unterstützen. Solche entsprechenden Pläne müssen lange vor dem Auftreten von Konflikten erstellt werden. Die Bemühungen um den Wiederaufbau in der Ukraine sollten daher auf diskriminierungssensiblen und umfassenden Analysen beruhen unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft. Dabei wird der Schwerpunkt darauf liegen, wie sich der Konflikt auf vulnerable Gruppen auswirkt und wie sie geschützt werden und ihr aktiver Einfluss auf die Entscheidungsfindung gestärkt werden kann.
Drei Empfehlungen: Einbettung der FFP in die NSS
Die FFP hat das Potenzial, den Teufelskreis mangelhafter Krisenreaktion zu durchbrechen, der zu neuen Konflikten führt. Sie verankert die Maßnahmen in einer fortschrittlichen, langfristigen Ausrichtung, die international Resilienz und Zusammenhalt stärkt, indem sie marginalisierte Bevölkerungsgruppen einbindet. Um jedoch mehr als ein kurzzeitiges Abhaken von Kästchen oder „Pinkwashing“ zu betreiben, muss der FFP-Ansatz der Bundesregierung in der Nationalen Sicherheitsstrategie als fortlaufender, ressortübergreifender Prozess verankert werden.
Die Verknüpfung von FFP und NSS könnte zu einer Polarisierung oder Fragmentierung führen, wenn ungewollt der eigentliche Kern der deutschen Sicherheit auf Kosten von Randthemen gestärkt wird und ein Rückfall in veraltete Denkmodi erfolgt. Oder sie kann einen fortschrittlichen Bruch mit Deutschlands vorherigem krisenbehafteten Ansatz erzeugen, indem lang- und kurzfristige Ziele, Kernfragen der Sicherheit und eher periphere Themen sowie Debatten innerhalb Deutschlands und Ereignisse im Ausland miteinander zusammengebracht werden. Dies entspricht dem, was wir in unseren Empfehlungen vorschlagen und kann mithilfe folgender Maßnahmen erreicht werden.
1. NSS und FFP als sich gegenseitig verstärkende Strategien
- Es geht nicht darum, die FFP in die NSS einzufügen: Die FFP sollte parallel zur NSS entwickelt werden. Sie sollte auf einer Überprüfung der Umsetzung des ressortgemeinsamen Ansatzes zur Krisenprävention, Konfliktbewältigung und Friedensförderung aufbauen. Der Planungsstab des Auswärtigen Amtes könnte diese Review entweder selbst durchführen oder die Mitgliedsorganisationen des Beirats Zivile Krisenprävention und Friedensförderung damit beauftragen, sie bis Mitte Oktober zu erstellen. Dies könnte sinnvollerweise mit einer Analyse der Umsetzungsstrukturen der WPS-Agenda sowie des dreigliedrigen Ansatzes der R2P einhergehen, um bestehende Lücken unter der Linse der FFP zu identifizieren.
- Im Rahmen der Entwicklung ihres FFP-Ansatzes arbeitet die Regierung bereits mit der feministischen Zivilgesellschaft in Deutschland zusammen sowie mit den wenigen ausländischen Regierungen, die eine feministische Außenpolitik betreiben, wie Schweden und Kanada. Berlin könnte die neu ernannten WPS-Ansprechpartnerinnen und -partner in seinen diplomatischen Vertretungen nutzen, um FFP-Bewertungen der wichtigsten Akteurinnen und Akteure in ihren Ländern durchzuführen und Pools lokaler (feministischer) Mitglieder der Zivilgesellschaft zu schaffen, deren Expertise in akuten Krisen mobilisiert werden kann.
- Diese Informationen sollten der Bundesregierung regelmäßig zur Verfügung gestellt werden, damit sowohl bei der Bewältigung akuter Krisen als auch in der Präventionsphase die Stimmen Betroffener Gehör finden und in die Entscheidungsfindung einfließen - um zu gewährleisten, dass deren Lebenswirklichkeit und lokale Perspektiven die Diskussionen über die besten Hilfsmaßnahmen lenken. Dies erfordert jedoch den Schutz und das Empowerment dieser - mithilfe von 3R+D.
- Die NSS sollte den Fahrplan für die für Q1/2023 erwarteten FFP-Leitlinien festlegen. Die Abteilungsleiter:innen im Auswärtigen Amt sollten in Zusammenarbeit mit den ernannten FFP-Kontaktpersonen im Außendienst gebeten werden, Teilstrategien für jedes Regionalreferat und jeden Politikbereich zu erarbeiten. Bei der Ausarbeitung der NSS muss die FFP in allen Teilbereichen der Außenpolitik berücksichtigt werden, insbesondere aber in den Bereichen Klima-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik sowie in der Regional- und Innenpolitik.
- Das Auswärtige Amt sollte außerdem Anfang 2023 eine Konferenz einberufen, an der die Ministerien für Justiz, Arbeit und Soziales, Inneres, Wirtschaft und Klima sowie das Bundeskanzleramt teilnehmen, um die innenpolitischen Verpflichtungen aus der FFP zu erörtern. Diese Formate betonen oft den „Innen-Außen-Nexus“, der externe Ursachen für innerstaatliche Herausforderungen identifiziert. Die FFP kehrt diese Logik um: Für eine glaubwürdige FFP muss die Bundesregierung auch sicherstellen, dass ihre Innenpolitik den internationalen FFP-Anforderungen entspricht.
2. Nutzung der Symbolwirkung der FFP, um Partnern und Verbündeten strategische Ziele zu vermitteln
- Inmitten zahlreicher laufender Strategieprozesse in der EU, der NATO und den Vereinten Nationen sollte sich Deutschland dafür einsetzen, eine FFP-Agenda insbesondere auf EU-Ebene auf den Weg zu bringen. In Zusammenarbeit mit der tschechischen und schwedischen Ratspräsidentschaft und dem EAD sollte Deutschland dazu beitragen, Schlussfolgerungen des Rates zur feministischen Außenpolitik vorzubereiten, die von den EU-Staats- und Regierungschefs bis März 2023 verabschiedet werden sollen.
- Außerhalb der EU sollte Deutschland die NSS nutzen, um seinen Partnern zu versichern, dass die Einführung der FFP keine Änderungen im Hinblick auf sein festes Bekenntnis zu Bündnissen und gemeinsamer Verteidigung bedeutet, insbesondere im aktuellen Sicherheitskontext. Die FFP hat jedoch langfristige Auswirkungen, wie z.B. das Ziel der nuklearen Abrüstung, das zu gegebener Zeit und in Abstimmung mit den Partnern verfolgt werden wird.
- Die NSS sollte hervorheben, dass die FFP eine Fortsetzung der wertebasierten/normativen Außenpolitik ist. Dies ist im globalen Wettbewerb der Werte von Vorteil und passt zu Initiativen wie dem Summit for Democracies. Die selbstkritische und inklusive Dimension der FFP wird es Deutschland ermöglichen, glaubwürdiger mit Partnern zusammenzuarbeiten und bietet die Chance, neue Kooperationsfelder (z.B. feministische Klimagerechtigkeit) und vielfältigere Partner innerhalb der Einsatzländer (z.B. feministische Zivilgesellschaft in Ländern wie Mexiko, Kanada oder Frankreich, die FFP-Ansätze ganz oder teilweise übernommen haben) zu erschließen.
- Als menschenzentriertes Konzept innerhalb der NSS kann FFP dazu beitragen, dass die deutsche Öffentlichkeit sich mit der Strategie identifizieren kann. Aufgrund ihres menschenzentrierten Ansatzes stellt FFP sicher, dass die Strategie die Perspektive ihrer Leser:innen abbildet: die eines Menschen.
3. FFP als Mittel für kontinuierliche Bewertung und mehr Inklusion, um echten Wandel herbeizuführen
- Der selbstkritische Blick auf bestehende Strukturen macht die FFP zu einem anpassungsfähigen Modell der außenpolitischen Strategie – ganz im Sinne einer Zeitenwende, in der Fehler analysiert und in Zukunft vermieden werden.
- Der Planungsstab der Bundesregierung wird die Verantwortung für die Implementierung von FFP in Deutschland tragen, muss aber eine regierungsübergreifende Beteiligung sicherstellen. Verpflichtende Kurse für Abteilungsleiter:innen in allen Ministerien zum Thema FFP, die im Frühjahr 2023 beginnen, könnten für die entsprechenden Lerneffekte sorgen.
- Die erste FFP-Strategie (voraussichtlich in Q1/23) sollte im Parlament vorgestellt und debattiert werden, damit FFP in Mainstream-Medien und der Gesellschaft konkret diskutiert werden kann. Nach den ersten Konsultationen sollte sie mit zivilgesellschaftlichen Gruppen erörtert und Kritikpunkte für spätere Überprüfungen festgehalten werden. FFP sollte zudem in mittelgroßen Städten und bei Bürgerversammlungen vorgestellt werden. Die Bundesregierung sollte eine halbjährliche Review der FFP-Strategie vorlegen und interne FFP-Bewertungen der Außenpolitik durchführen, um eine kritische Accountability zu gewährleisten und ein „Pink-Washing“ oder „Strategie-Washing“ zu vermeiden.
Die Idee, eine Nationale Sicherheitsstrategie zu verfassen und sie feministisch zu gestalten, mag Deutschlands Verbündete verunsichern, die bereits vor den Wahlen 2021 befürchteten, dass die Grünen oder die SPD von Konzepten wie der nuklearen Teilhabe und der Abschreckung abweichen könnten. Dasselbe gilt für den Plan, eine FFP-Strategie zu entwickeln. Gelingt es jedoch, die FFP und ihre Umsetzung überzeugend zu erklären und ins Zentrum der NSS zu stellen, kann Deutschland ein kohärenter, glaubwürdiger und verlässlicher Partner werden.