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11. Juli 2023

Die Ukraine gehört in die Nato!

President of Ukraine Volodymyr Zelenskyy and Secretary General of NATO Jens Stoltenberg
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Schutz vor Putins Russland gibt es nur, wenn die Ukraine Nato-Mitglied wird. Beim Gipfel in Vilnius muss Kiew ein wirkungsvolles Sicherheitsangebot bekommen. Europäer sollten eine Interimslösung vorschlagen.

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Auf dem Nato-Gipfel, der am Dienstag in Vilnius beginnt, wird die Frage von Sicherheitsgarantien  für die Ukraine das wichtigste Thema sein. Welchen Nutzen hätte eine Nato-Mitgliedschaft für das überfallene Land? Welche Gefahren und politischen Kosten bringt sie im Vergleich zu den anderen Optionen mit sich – etwa der kleinen« Lösung, also das überfallene Land lediglich weiter zu bewaffnen.

Diese Debatte jedoch führt in die Irre: Die Aufnahme der Ukraine in das Bündnis ist die einzige Möglichkeit, um zu verhindern, dass mittelfristig eine gefährliche sicherheitspolitische Grauzone in der Region entsteht.

Nur eine Nato-Mitgliedschaft kann die gesamteuropäische Sicherheit garantieren. Doch einige Verbündete, darunter die USA, sind noch zurückhaltend. Um der Ukraine dennoch kurzfristig eine verlässliche Perspektive für den Beitritt zu geben, sollten die Europäer eine Interimslösung vorschlagen. Diese muss die Abschreckung Russlands gewährleisten – und gleichzeitig den Sorgen der USA Rechnung tragen.

Verbündete stärken, Russland abschrecken

Die Erweiterung der bestehenden militärischen Eingreiftruppe Joint Expeditionary Force (JEF) um die Ukraine und auch Polen wäre eine Möglichkeit: Sie verbessert langfristig die europäische Verteidigung, und gleichzeitig enthält sie ein sofortiges, glaubwürdiges Sicherheitsangebot an die Ukraine.

Gegründet wurde die JEF im Jahr 2014 als Nato-Initiative. Sie wird von Großbritannien als sogenannter Framework Nation angeführt und um die skandinavischen Staaten, die Niederlande und die baltischen Staaten ergänzt. Damit verfügt die JEF über Erfahrungen in der Zusammenarbeit von Nato- und Nicht-Nato-Mitgliedern. Sie gilt überdies als schnell, flexibel und schlagkräftig.

Eine erweiterte JEF würde die militärische Stärke des Vereinigten Königreichs – einer Nuklearmacht – mit den beeindruckenden Fähigkeiten ihrer Mitglieder zur Luftverteidigung verbinden. In Kombination mit den kampferprobten Bodentruppen der Ukraine und Polens würde sie über ein glaubwürdiges Abschreckungspotenzial verfügen.

Während immer mehr Verbündete die Notwendigkeit eines Nato-Beitritts der Ukraine sehen, herrscht in Washington und Berlin weiterhin Zurückhaltung.

Die USA und die Bundesrepublik fürchten, eine Nato-Vollmitgliedschaft für die Ukraine könnte den Konflikt mit Russland weiter eskalieren lassen – und den Westen in eine direkte Konfrontation mit Russland verstricken. Dieses Risiko besteht aber mitnichten, da die Nato über eine wirksame Abschreckung gegen Russland verfügt. Es war dieses Potenzial, das es den Verbündeten ermöglichte, Putins »rote Linien« zuletzt immer wieder zu überschreiten. So beliefert der Westen die Ukraine seit Monaten mit schweren Waffen – ohne dass Putin seinen Krieg auf die Unterstützerstaaten ausgeweitet hätte.

Das eigentliche Problem Washingtons ist die mangelnde Bereitschaft der Europäer, angemessen für ihre eigene Sicherheit zu sorgen. Angesichts Chinas aggressiver Machtpolitik fürchtet die Biden-Regierung, auch noch eine zusätzliche Last schultern zu müssen. Den Amerikanern ist sehr bewusst, dass sie es wären, die den Löwenanteil an Europas Verteidigung zu tragen hätten –obwohl die Europäer von einem militärischen Konflikt viel unmittelbarer betroffen wären.

Gemeinsame europäische Verteidigungsinitiative

Um Washington davon zu überzeugen, dass Europa ernsthaft bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, sollten die Europäer die JEF zu einer gemeinsamen europäischen Verteidigungsinitiative erweitern: der Joint European Defense Initiative (JEDI). Diese könnte die Grundlage für einen starken europäischen Pfeiler innerhalb der Nato bilden.

Berlin kann sich nicht länger hinter Washington verstecken.

Auch für Deutschland wäre dies ein Moment der Wahrheit. Berlin kann sich nicht länger hinter Washington verstecken. Erst kürzlich hatte die Bundesregierung in ihrer »Nationalen Sicherheitsstrategie « ja selbst auf die besondere Verantwortung Deutschlands für die europäische Sicherheit verwiesen. Die Umwandlung der JEF in eine JEDI würde die Gelegenheit bieten, dieser selbst gestellten Aufgabe gerecht zu werden.

Die europäischen Verbündeten sollten den Gipfel in Vilnius nutzen und mit der neuen Verteidigungsinitiative nicht nur die Ukraine schützen, sondern auch mehr für ihre eigene Sicherheit tun. Ein solches Vorgehen würde sowohl die Bedenken der USA zerstreuen als auch die Nato erheblich stärken.

Bibliografische Angaben

Tallis, Benjamin. “Die Ukraine gehört in die Nato!.” July 2023.

Dieser Artikel ist erstmal als Gastbeitrag in "Der Spiegel" am 11. Juli 2023 erschienen. 

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