Datenanalyse zu Binnenvertreibungen durch Klimawandelfolgen

Wie die Darstellung von Daten dabei hilft, die Betroffenheit durch den Klimawandel besser zu verstehen

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Der fortschreitende Klimawandel verstärkt weltweit die Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen und Naturkatastrophen, wie Starkregen und Dürre. Dies bestätigt auch der Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) in seinem Bericht von 2021 (siehe Abb.). Die Zunahme dieser Ereignisse ist direkt abhängig von zukünftigen Emissionen und dem damit einhergehenden Niveau der Erderwärmung. Bereits bei der aktuellen globalen Durchschnittstemperatur, die um 1,1°C höherer liegt (Stand 2023) als im vorindustriellen Zeitalter von 1850 bis 1900, hat die Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen zugenommen. 

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Aus dem fortschreitenden Klimawandel ergibt sich deshalb konkreter politischer Handlungsbedarf, um sicherheitspolitische Krisen zu verhindern und betroffene Personengruppen zu schützen. Dies erfordert sowohl die Reduktion von Emissionen als auch  Anpassungsstrategien vor Ort und die Bereitstellung von humanitärer Hilfe in Krisensituationen. Der IPCC hat bereits 1990 in seinem ersten Bericht Migration als eine der möglicherweise gravierendsten Folgen des Klimawandels benannt. Inzwischen wird Migration auch als eine Anpassungsstrategie verstanden, die entsprechende politische Unterstützung braucht. 

Herausforderungen bei der Datenerhebung

Um politische Instrumente und internationale Hilfen besser ausbauen zu können, beschäftigen sich viele internationale Organisationen mit der Beschaffung, Zusammenstellung und Darstellung von Daten über (inter-)nationale Migration. So ist zum Beispiel das erste Ziel des Globalen Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration (Global Compact for Safe, Orderly and Regular Migration) die Erhebung und Nutzung genauer und aufgeschlüsselter Daten als Grundlage für faktengestützte Maßnahmen. Jedoch erschweren unterschiedliche Definitionen von Migration, rechtliche Grundlagen sowie Datenerhebungsstandards die Datenerfassung. Im Kontext des Klimawandels erschweren auch die unterschiedlichen Arten der menschlichen Mobilität (darunter Katastrophenvertreibung, geplante Umsiedlung, festsitzende Bevölkerung oder auch gewollte Immobilität) aufgrund von schleichenden aber auch schnell eintretenden Umweltveränderungen die Erfassung von Daten. Hinzu kommt, dass Mobilität ein Prozess ist, der auf unterschiedlichen politischen, sozialen, sozioökonomischen oder kulturellen Faktoren basiert und nicht immer ausschließlich auf Veränderungen des Klimas zurückzuführen ist.

Klimamigration: Muster und Daten

Zu beobachten ist, dass Mobilität im Kontext des Klimawandels überwiegend landesintern und interregional stattfindet z.B. vom Land in die Stadt oder von Küstengebieten ins Landesinnere – vorausgesetzt dass Ressourcen und Mittel zur Verfügung stehen.  Bei Vertreibung aufgrund von Naturkatastrophen kommt es außerdem häufig zu einer Rückkehr zum Heimatort und nicht alle Binnenvertriebenen bleiben Binnengeflüchtete. 

Die größte zusammenhängende Datenbank zu Vertreibung durch Naturkatastrophen bietet die Beobachtungsstelle für Binnenvertreibung (Internal Displacement Monitoring Centre, IDMC). Die Datengenerierung basiert auf Informationen von nationalen Behörden, UN-Agenturen und nichtstaatlichen Organisationen und beinhaltet Daten zu Binnenvertreibungen durch Konflikte und Naturkatastrophen ab 2008. 

Die folgenden interaktiven Grafiken basieren auf IDMC-Daten zu Binnenvertreibungen, die nach wetterbezogenen Naturkatastrophen (Fluten, Dürre, Stürme, etc.) gefiltert wurden, um den Zusammenhang zwischen Extremwetterereignissen und menschlicher Vertreibung besser darzustellen. 

Die Grafik zeigt weltweite und länderspezifische Daten von Binnenvertreibungen nach Typ der Naturkatastrophe und die Anzahl der Ereignisse zwischen 2008 und 2022. Länderbeispiele und Naturkatastrophen sind einzeln auswählbar. 

 

In der zweiten interaktiven Grafik werden die Ereignisse in einer Weltkarte in absoluten Zahlen und in Prozent der Bevölkerung dargestellt. Für die Bevölkerungszahlen dienen Daten der UNDESA

Insbesondere Stürme und Überschwemmungen führen in bevölkerungsreichen Ländern wie China, Indien und den USA zu hohen Vertreibungszahlen. Betrachtet man jedoch die Binnenvertreibungen in Prozent der Bevölkerung, treten andere Regionen wie  Küstenregionen im Pazifik und in der Karibik, sowie Ostafrika in den Vordergrund. 

In der letzten Grafik werden die Länder nach Ausmaß der Betroffenheit aufgezeigt. Hierbei werden die gesamten Zahlen der Binnenvertreibungen durch Naturkatastrophen und auch die jährlichen Prozente für den Zeitraum von 2008 bis 2022 aufsummiert. Personen können innerhalb dieses Zeitraums mehrfach von Binnenvertreibung betroffen sein, wenn sie nach einer Vertreibung wieder zurückkehren konnten und dann erneut vertrieben wurden. So wurden nicht 60 Prozent der Gesamtbevölkerung von Kuba durch Naturkatastrophen in den Jahren 2008 bis 2022 vertrieben, sondern insgesamt eine Anzahl die 60 Prozent der Bevölkerung in diesem Zeitraum entspricht.

Bei Betrachtung der prozentualen Anteile steht die Betroffenheit von kleinen Inselentwicklungsländern, sowie den Philippinen und Länder in Ostafrika stark im Vordergrund. Außerdem variieren die Gesamtanzahlen der Ereignisse, die zur Binnenvertreibung führen, je nach Region, so hat bspw.  auf der Insel St. Martin ein Sturm im Jahr 2017 dazu geführt, dass 30 Prozent der Bevölkerung kurz oder langfristig den Wohnort verlassen mussten. Eine Aufschlüsselung darüber welche politischen Instrumente zu menschlicher Mobilität im Kontext von Katastrophen, Klimawandel und Umweltzerstörung für die Länder und Regionen zur Verfügung stehen bietet die CLIMB Datenbank

Diese Analyse verdeutlicht die dringende Notwendigkeit, politische Maßnahmen und internationale Unterstützung zur Bewältigung der Herausforderungen durch Klimamigration zu verstärken.

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