Außenminister Shri Salman Khurshid unterstreicht in der DGAP die Gemeinsamkeiten
Khurshid, 60, der sein Amt erst seit drei Monaten bekleidet, stattete der Bundesregierung am 28. und 29. Januar seinen Antrittsbesuch ab. Seit ihrer Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg unterhalten beide Länder diplomatische Beziehungen. Mittlerweile besteht ein beachtlicher wirtschaftlicher und kultureller Austausch. Khurshid machte klar, dass Indien, das sich seit zwei Jahrzehnten als Wirtschaftsmacht formiert, auch in der internationalen Politik seinen Beitrag leisten und seine Stimme erheben werde.
Eigenes weltpolitisches Angebot
Dazu werde man weiter auf eine der Größe des Landes angemessene Mitbestimmung in den internationalen Organisationen drängen. Ein zentrales Vorhaben, das Deutschland und Indien gemeinsam vorantreiben, sei die Reform der Vereinten Nationen. Es gehe nicht nur darum, ständiges Mitglied im Sicherheitsrat zu werden. „Wir müssen das gesamte UN-System der Realität anpassen.“ Die UNO sei keinesfalls perfekt, aber: „Hier müssen alle Fragen von globaler Tragweite behandelt werden.“
An den Beziehungen zum Iran illustrierte Khurshid, dass intakte Beziehungen für die indische Außenpolitik einen Wert an sich darstellen. Den Gesprächsfaden dürfe man nie abreißen lassen. Das schließe klare Worte der Kritik nicht aus. So verurteile man eine mögliche militärische Komponente des iranischen Nuklearprogramms, bleibe aber im Gespräch. Es war Khurshid ein Anliegen, auf das Leitmotiv indischer Außenpolitik, das beharrliche Eintreten für die Freiheit, hinzuweisen. Man fühle sich daher auch denjenigen Ländern in besonderer Weise verbunden, in denen um die Freiheit gerungen werde – eine Haltung, die auf den eigenen Unabhängigkeitskampf zurückzuführen sei und so zur indischen Staatsräson geworden ist.
Vergleichbare Integrationserfahrung
Mehrere Zuhörer sprachen den Außenminister auf Indiens unruhige Nachbarschaften an. Es sei New Delhi ein ernsthaftes Anliegen, diese Konflikte dauerhaft zu befrieden, ob im Verhältnis zu Pakistan, oder in Afghanistan, sagte Khurshid. Sein Land habe daran schon deshalb ein Interesse, da zu allen Nachbarregionen starke ethnische Verbindungen bestehen. Den großen Nachbarn China betrachte man sowohl als Rivalen wie auch als Partner. „Wir haben zwar für viele Fragen wie Grenzstreitigkeiten noch keine Lösung – aber wir haben einen Weg gefunden, darüber zu sprechen.“ Indien werde daran arbeiten, die Kommunikation mit Peking weiter zu verbessern.
„Deutschland ist für uns ein Schlüsselpartner und ein Zugang zur großen EU.“ Diese wachsende Gemeinschaft und ihre Integrationsschritte könne man sehr gut mit der Staatswerdung Indiens Mitte des 20. Jahrhunderts vergleichen. Seinem Land sei es allerdings in wenigen Jahren gelungen, eine nationale Identität zu bilden. Trotz wiederkehrender politischer Spannungen habe man eine gemeinsame Regierungsform gefunden.
Angesprochen auf das Mißverhältnis zwischen den hohen wirtschaftlichen Wachstumsraten Indiens und der noch immer beträchtlichen Armut weiter Teile des 1,2 Milliarden-Volkes sagte Khurshid, die Armutsbekämpfung habe für seine Regierung höchste Priorität und wies auf die Erfolge in der Bildungspolitik hin. Das sei der Schlüssel, um die Lebensumstände der Menschen zu verbessern.
Indien auch Thema im DGAP-Jahrbuch
Auch das neue DGAP-Jahrbuch – über die politischen Handlungsmöglichen in der Finanzkrise – befasst sich mit der wirtschaftlichen und innenpolitischen Lage auf dem Subkontinent. In seinem Beitrag „Indien: Ein Koloss auf tönernen Füßen“ erinnert Christian Wagner daran, dass Indien lange Zeit kaum von der internationalen Finanzkrise betroffen war. Es zählte mit China zu den Wachstumslokomotiven der Weltwirtschaft und verzeichnete selbst in den Hochzeiten der Krise 2008/09 ein Wachstum von über sechs Prozent.
Eine Ursache hierfür war die vergleichsweise geringe Integration Indiens in Weltwirtschaft und Finanzmärkte, die das Land bereits vor den negativen Konsequenzen der Asien-Krise 1997 bewahrte. Doch die nachlassende Weltkonjunktur, der Rückgang der Exporte, hohe Energiepreise, Defizite in der Infrastruktur, eine Reihe von Korruptionsskandalen sowie die schleppende Umsetzung dringender innenpolitischer, wirtschaftlicher und sozialer Reformen haben sich negativ auf die Entwicklung Indiens ausgewirkt.