Alfred Grosser fordert beim deutsch-französischen Frühstücksgespräch mehr Raum für Visionen
Sonst gerate auch das gemeinsame Projekt der europäischen Integration in Gefahr. Man müsse jetzt Visionen entwickeln, die der EU einen Weg aus der Krise weisen. „Paris und Berlin verfolgen aber keine klare politische Linie“, sagte Grosser.
Da in diesem Jahr Bundestagswahlen anstehen, schwinde der Spielraum für eine gemeinsame, ambitionierte Europapolitik weiter. Die öffentliche Debatte werde sich wohl eher um innenpolitische Fragen drehen. Auch die Handlungsmöglichkeiten des französischen Präsidenten François Hollande seien angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage Frankreichs begrenzt.
Grosser mahnte, dass das Deutschlandbild in Frankreich leiden könne, wenn die Bundesregierung kein Verständnis für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten anderer EU-Mitgliedsländer aufbringe.
Eine echte Alternative zu den deutsch-französischen Beziehungen sei jedoch für beide Länder nicht in Sicht. Die Annäherung zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem britischen Premier David Cameron während der EU-Budgetverhandlungen im Februar oder die guten polnisch-französischen Beziehungen könnten die deutsch-französische Zusammenarbeit nicht ersetzen.
Diskussionsteilnehmer regten an, statt dessen dem Weimarer Dreieck, bestehend aus Deutschland, Frankreich und Polen, künftig eine stärkere Rolle zuzuweisen. Mehr trilaterale Projekte könnten zu einer Vertiefung der Dreierbeziehung beitragen. „Die Zusammenarbeit im Weimarer Rahmen muss aber offen bleiben für weitere Partner wie Tschechien,“ sagte Grosser.
Zum Gespräch waren Alumni des Deutsch-französischen Zukunftsdialogs gekommen. Der Zukunftsdialog wird gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), dem Institut français des relations internationales (Ifri) und der Robert Bosch Stiftung organisiert und führt jährlich 20 Nachwuchskräfte aus Deutschland und Frankreich zusammen.