Die russisch-europäischen Energiebeziehungen auf dem Prüfstand
Impulsreferate hielten Andrey Konoplyanik, Gazprombank-Berater und ehemals russischer Vizeminister für Energie, sowie Johannes Baur, verantwortlich für internationale Beziehungen bei der Generaldirektion Energie bei der EU-Kommission.
Russland habe sich mit der Liberalisierungspolitik der Europäischen Union abgefunden, erklärte Andrey Konoplyanik. Die russische Regierung und Gazprom führten mit der Kommission Verhandlungen über eine konstruktive Zusammenarbeit – trotz der Nachteile, die Gazprom auf dem europäischen Energiemarkt hinnehmen müsse.
Sein Land, so Konoplyanik weiter, verstehe die Argumente der Kommission, die auf dem EU-Markt den Wettbewerb fördern will. Allerdings führe die Liberalisierungspolitik der EU zu einer Regionalisierung des Marktes mit erheblichen Nachteilen für große europäische Energiekonzerne, deren Entfaltungsmöglichkeiten damit eingeschränkt würden. So fürchte Gazprom, dass es seine langjährigen Partner – die westlichen Energiegroßkonzerne – verliert. Die EU denke nicht an die Risiken, die Energieproduzenten wie Russland künftig auf dem europäischen Markt eingehen müssten. Konoplyanik glaubt, dass eine Neuauflage der alten Energie-Charta ein stabiles Fundament für die russisch-europäischen Energiebeziehungen schaffen könnte.
Johannes Baur verteidigte dagegen das Energiepaket der Europäischen Union. Er unterstrich, dass die neue Regelung auch für russische Konzerne Chancen biete. Zudem funktionierten nun die Frühwarnmechanismen in den Energiebeziehungen zwischen Russland und der EU besser. In der anschließenden Diskussion wurde die Frage aufgeworfen, ob ein neuer Gaskonflikt zwischen Russland und der Ukraine wieder zu Versorgungsengpässen für die EU führen werde. Sowohl die russische als auch die westliche Seite äußerten allerdings die Hoffnung, dass es – trotz neu aufgeflammter Differenzen – im kommenden Herbst nicht zu einem neuen Gaskonflikt kommen werde.