Pakistan vor dem Abzug der ISAF aus Afghanistan

Diskussion mit Michael Koch, Sonderbeauftragter der Bundesregierung, und Declan Walsh, New York Times

Datum
05 Februar 2013
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Berlin, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

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Bei den kommenden Wahlen wird wohl die junge und gut ausgebildete, aber unzufriedene Generation in den Städten den Ausschlag geben, wenn zum ersten Mal eine zivile Regierung regulär und friedlich die Amtsgeschäfte an ihre Nachfolgerin übergeben wird.

Demokratie gestärkt

Zwar habe die derzeitige Regierung bei vielen innenpolitischen Themen wie der Energieversorgung oder der Wirtschaftsentwicklung nur wenige Erfolge vorzuweisen. Allerdings sei es ihr gelungen, Verfassungsreformen umzusetzen, „die es dem Militär sehr viel schwieriger machen, wieder die Macht zu übernehmen“, sagte Declan Walsh, Chef des New York Times-Büros in Islamabad.

Die Machtbefugnisse des Präsidenten wurden beschnitten und so die Gewaltenteilung gestärkt. Nun ist, anders als noch in den 1990er Jahren, das Militär „bestrebt, diese Wahlen stattfinden zu lassen,“ so der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für Afghanistan und Pakistan, Michael Koch. „Die Demokratie heute ist stärker als 2008.“

Jahr des Personalwechsels

Zudem ist zum Ende des Jahres an der Spitze der Armee ebenfalls mit einem Wechsel zu rechnen, wenn General Ashfaq Kayani pensioniert wird. Und auch der Oberste Richter am Supreme Court, Iftikhar Chaudhry, erreicht im Dezember das Pensionsalter. Damit wird es dieses Jahr in allen wichtigen Führungspositionen zu Veränderungen kommen.

Dass sich auch das strategische Denken der militärischen Führung verändert hat, zeigen Äußerungen von General Kayani aus dem vergangenen Jahr. Dies spiegele sich zudem im aktuellen „Green Book“ des pakistanischen Militärs wider, so Walsh. Wenn auch die Gefahr eines Staatsstreichs gering sei, werde der internen Bedrohung durch terroristische Gruppen mittlerweile ein höher Stellenwert eingeräumt als der äußeren durch das Nachbarland Indien.

Zwar sei offen, wie sich die Situation in Kaschmir entwickeln werde, gab Walsh zu bedenken. Der Friedensprozess sei „fragil und leicht umkehrbar.“ Unter Präsident Musharraf habe sich Pakistan aber bereits deutlich aus dem physischen Konfliktgeschehen zurückgezogen. Es gebe zahlreiche ermutigende Ansätze, die weiter gingen als von vielen erwartet, darunter Handelserleichterungen und Initiativen zur Visa-Liberalisierung.

Stabiles Afghanistan im Interesse Islamabads

“Die Sicherheitslage im Nachbarland Afghanistan hat nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf Pakistan“, betonte Walsh. Als förderlich erweise sich daher, dass das Verhältnis zwischen beiden Staaten in den letzten Monaten deutlich besser geworden ist. Das pakistanische Militär habe seine Lektion gelernt und wolle keine Rückkehr des Taliban-Regimes. Am wichtigsten sei es nun, den afghanischen Versöhnungsprozess zu unterstützen und alle relevanten Gruppen zusammenzubringen, einschließlich der Nordallianz.

Zwar gebe es keine Garantie, dass die afghanischen Sicherheitskräfte nach 2014 den Frieden sichern könnten, mahnte Koch. Aber sowohl die Anrainerstaaten als auch der Westen müssten ihre Versprechen einhalten, um die Erfolgschancen so hoch wie möglich zu halten. Dazu zählten finanzielle und logistische Unterstützung ebenso wie wirtschaftliche Investitionen.

Koch betonte, dass sowohl Deutschland als auch Pakistan ein starkes Interesse daran hätten, dass sich die USA weiter in Afghanistan engagieren. Seit dem Tiefpunkt im November 2011, als durch sogenanntes friendly fire amerikanischer Soldaten mehrere Pakistaner getötet wurden, habe sich das Verhältnis zwischen beiden Ländern wieder verbessert.

Dr. Michael Koch, Sonderbeauftragter der Bundesregierung für Afghanistan und Pakistan, und Declan Walsh, Chef des New York Times-Büros in Islamabad, folgten einer Einladung der DGAP zur Podiumsdiskussion am 5. Februar 2013. Die Veranstaltung wurde moderiert von Dr. Sylke Tempel, Chefredakteurin der Zeitschrift Internationale Politik.


 

 

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