EADS-Chef Louis Gallois fordert eine ambitionierte Industriepolitik für Europa
Ländern wie Griechenland, Portugal und Spanien, die in einem Teufelskreis aus Schuldenabbau, hohem Eurokurs und mangelnder internationaler Wettbewerbsfähigkeit steckten, laufe mittlerweile die Zeit davon.
Auch um Frankreichs Industrie sei es nicht gut bestellt. Sie stelle vorwiegend Produkte mittlerer Qualität her und leide unter zu hohen Lohnkosten. Ihr Beitrag zur nationalen Wertschöpfung sei – im Unterschied zu Deutschland – in den letzten Jahren deutlich gesunken. Mehr als eine halbe Million Arbeitsplätze sei in den letzten zehn Jahren verloren gegangen.
Deutschland, Du machst es besser
Deutschland, das sich in der Finanzkrise wirtschaftlich erfolgreich behaupten konnte, diente Gallois als Vergleichsmaßstab. Der französische EADS-Chef fand viele anerkennende Worte und unterstrich, warum es hierzulande so viel besser laufe.
Die deutsche Industrie biete innovative Produkte, produziere zu vergleichsweise geringen Kosten und erreiche damit eine höhere Wettbewerbsfähigkeit. „Meine Waschmaschine ist von Siemens und ich kenne keine bessere.“
Der deutsche Aufschwung werde von einer viel breiteren Basis kleiner und mittlerer Unternehmen getragen als in Frankreich. Das Land verfüge zudem über eine Kultur des Dialogs zwischen Industrie und Gewerkschaften und über ein vorbildliches System der Berufsbildung.
Gemeinsam stark
Warum also nicht das deutsche Modell auf Frankreich und Europa übertragen? Man könne den deutschen Weg nicht einfach kopieren, sagte Gallois. Dazu seien die europäischen Volkswirtschaften zu unterschiedlich. Aber: „Die deutschen Erfahrungen sollten uns inspirieren.“
Frankreich müsse innovativer werden und die steuerlichen und sozialen Belastungen senken. Und: Es benötige einen heilsamen Schock, wie ihn die Bundesrepublik Ende der Neunzigerjahre erlebt habe. „Heute erntet Deutschland die Früchte der Agenda 2010.“ Es gehe darum, voneinander zu lernen, betonte auch Hartmut Mehdorn. „Wir müssen das Beste beider Länder kombinieren.“
Beide Redner hoben EADS als Beispiel gelungener europäischer Industriepolitik und deutsch-französischer Kooperation hervor. „Warum gibt es nicht mehr davon,“ fragte Mehdorn und forderte weitere Integrationsprojekte.
„In ganz Europa ist die Industrie in Gefahr“, mahnte Gallois. „Wir drohen gegenüber den aufstrebenden Schwellenländern ins Hintertreffen zu geraten.“ Dabei sei eine wettbewerbsfähige Industrie die Grundlage unseres Wohlstands. „Wir müssen bei der Entwicklung unserer Industrie denselben Grad an Ambition zeigen wie die Schwellenländer.“ Es sei an Deutschland und Frankreich, Europa gemeinsam aus der Krise zu führen.
Die Veranstaltung war eine Kooperation von DGAP, EADS und Stiftung Genshagen.