Außenministerin Maia Panjikidze spricht in der DGAP über Reformen und die außenpolitischen Ziele ihres Landes
Maia Panjikidze nutzte die Gelegenheit, um auf die jüngsten innenpolitischen Fortschritte Georgiens hinzuweisen. Ein Jahr ist die neue Regierung nun im Amt. Man habe eine Justizreform gestemmt, die Medienfreiheit gestärkt und die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessert.
Solche Reformen verlangten in erster Linie politischen Willen. Aber sie basierten auch auf der Bereitschaft der Bevölkerung dazu. „Wir haben die Gesellschaft für Diskussionen geöffnet. Das ist das Beste, was wir erreichen konnten“, sagte die Außenministerin. Daher werde das Land auch nach dem Einschnitt der Präsidentschaftswahl am 27. Oktober und nach dem für Ende 2013 angekündigten Rückzug von Premier Bidsina Iwanischwili aus der Politik stabil bleiben. Georgische Politik solle künftig nicht mehr wie unter Präsident Saakaschwili um eine einzige starke Persönlichkeit kreisen. Vielmehr sei man darauf bedacht, die Macht zwischen Präsident, Regierungschef und Parlament zu verteilen. Auch die Rolle der Zivilgesellschaft wolle man stärken.
Orientierung nach Westen
In der Außenpolitik strebt Georgien weiter eine Mitgliedschaft in NATO und EU an. Die euroatlantische Integration ist ein strategisches Ziel des südkaukasischen Landes. Dass auf dem Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft im November ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Georgien paraphiert werden soll, wird in Tiflis als großer Erfolg gewertet. „Vilnius bedeutet für uns Europa und steht für Fortschritt und für den Erfolg unseres Landes“, sagte Panjikidze. Das Interesse an der gemeinsamen Freihandelszone und an visafreiem Reisen sei groß. Tiflis hofft, dass das Abkommen bereits 2014 unterzeichnet werden kann.
Ausgleich mit Russland
Im gegenwärtigen Präsidentschaftswahlkampf spielt sowohl die Annäherung an den Westen als auch das Verhältnis zu Russland eine Rolle. „Dass Russland der Schlüssel zur Lösung vieler unserer Probleme ist, bezweifelt niemand“, sagte die Ministerin. Ihre Regierung bemühe sich, das russisch-georgische Verhältnis zu verbessern. Sämtliche Streitfragen sollten auf diplomatischem Weg gelöst werden. Dazu wolle man das russisch-georgische Verhältnis auf die internationale Agenda bringen. „Den Fehler von 2008 wollen wir nicht wiederholen“, betonte Panjikidze. Im August 2008 eskalierten die Spannungen zwischen beiden Ländern und es kam zu einem militärischen Schlagabtausch. Seitdem hält Russland die abtrünnigen georgischen Regionen Südossetien und Abchasien besetzt.
Angesichts der Spannungen mit dem großen Nachbarn biete die europäische Perspektive ihrem Land einen wichtigen Orientierungspunkt. Dabei setzt Panjikidze auf Deutschland. „Aufgrund der guten deutsch-russischen Beziehungen hoffen wir auf Unterstützung aus Berlin“, so die Ministerin. Die georgische Regierung hat einen Sonderbeauftragten ernannt, der mit Moskau über praktische Fragen im Handels-, Wirtschafts- und Kulturbereich verhandelt. Ein erster Erfolg sei, dass Georgien wieder Wein nach Russland exportieren darf, acht Millionen Flaschen seien bereits auf den russischen Markt gelangt.
Zudem sieht Georgien davon ab, die olympischen Winterspiele 2014 im benachbarten Sotschi zu boykottieren. Es hat Russland angeboten, bei den Spielen in Sicherheitsfragen eng zusammenzuarbeiten. Tiflis ist besonders daran gelegen, die Grenzkontrollen und die innere Sicherheit in Abchasien und Südossetien zu verbessern. Man warte nun auf eine Antwort aus Moskau.
Visaliberalisierung ist eine Schlüsselfrage für Georgien
In den letzten Monaten hatte Russland Grenzzäune rund um Abchasien und Südossetien errichtet. Beide Territorien betrachtet Georgien allerdings weiter als Teil seines Staatsgebietes. Die Isolation und die Einschränkung der zwischenmenschlichen Kontakte behindern nach Ansicht der georgischen Regierung die Normalisierung ihrer Beziehungen zu Abchasien und Südossetien. Auch in dieser Frage spielt für Georgien die EU eine zentrale Rolle, um deren Unterstützung Panjikidze eindringlich warb.
„Uns sind nicht die Territorien wichtig, sondern die Menschen dort. Unsere Aufgabe besteht darin, Vertrauen aufzubauen“, unterstich die Ministerin. Die Bevölkerung in den russisch kontrollierten Gebieten sehe ihre Zukunft in einer Annäherung an Europa, nicht aber in der Anbindung an Russland.
Eine Liberalisierung der Visabestimmungen durch Brüssel ist daher für Georgien ein herausragender Punkt, der letztlich auch für den Zusammenhalt des Landes steht. Das Kalkül der georgischen Führung ist, dass die Menschen in den abgetrennten Territorien sich wieder Georgien zuwenden, wenn sie die georgische Staatsangehörigkeit mit einer europäischen Perspektive in Verbindung bringen.
Maia Panjikidze folgte einer Einladung des Berthold-Beitz-Zentrums zum Vortrag am 7. Oktober 2013 in der DGAP. Die Veranstaltung wurde moderiert von Dr. Ewald Böhlke, Leiter des Berthold-Beitz-Zentrums in der DGAP.