DGAP Experten berichten von der Münchner Sicherheitskonferenz
Die erste Twittermeldung zum Kamingespräch für DGAP-Mitglieder am 20. Februar lautete „Willkommen zurück“. Seit dem 15. Februar ist Direktorin Dr. Daniela Schwarzer wieder an Bord bei der DGAP. Gemeinsam mit Dr. Henning Hoff, seit dem tragischen Tod von Dr. Sylke Tempel kommissarischer Chefredakteur der Internationalen Politik (IP), hatte sie am Wochenende zuvor an der Münchner Sicherheitskonferenz teilgenommen, deren Medienpartner die IP in diesem Jahr zudem war. Moderiert wurde der Kaminabend, an dem rund 170 Mitglieder teilnahmen, von Dr. Thorsten Klaßen, seit Dezember COO der DGAP.
Der Bericht des Panels – dabei auch Pia Seyfried, Mitglied der Jungen DGAP – von der MSC 2018 war ernüchternd: „In den Diskussionen war spürbar, dass ein grundsätzlicher Systemkonflikt – zwischen westlichen Demokratien und anderen, illiberalen und autokratischen Systemen – heute die internationale Politik überlagert“, so Daniela Schwarzer.
Unversöhnlichkeit beherrschte die Gespräche auf der MSC zu vielen Themen, so das DGAP-Panel. Pia Seyfried kommentierte dementsprechend: „Es gab viele Statements auf der MSC, aber wenig wirklichen Dialog.“ Auch der laut Henning Hoff „medial wirksamste Moment“ der Konferenz, der Auftritt des israelischen Premierministers Benjamin Netanyahu, habe nicht sehr hoffnungsvoll gestimmt: In seiner Rede hatte dieser das Abkommen über das iranische Nuklearprogramm mit dem Münchener Abkommen von 1938 verglichen, dem Höhepunkt des britischen und französischen Appeasements gegenüber Hitler. Dazu schwenkte der israelische Premier demonstrativ ein Bruchstück, das nach seiner Darstellung Teil einer iranischen Drone war, die Israel in der Woche zuvor über eigenem Territorium abgeschossen habe.
Auch ermutigende Auftritte – wie etwa die der britischen Premierministerin Theresa May oder die von H.R. McMaster, Nationalen Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump – seien nicht ohne Beigeschmack geblieben, berichteten die DGAP-Expertinnen und Experten.
McMaster hatte zwar, so Daniela Schwarzer, mit einem starken Auftritt so manchem Transatlantiker aus der Seele gesprochen, in dem er die Kontinuität in den Beziehungen zwischen den USA und Europa betonte. Doch letztlich hätten die Botschaften McMasters und einer Reihe US-Kongressabgeordneter die europäischen MSC-Teilnehmer nicht überzeugt. Sein eigener Präsident hatte ihm noch während der Konferenz per Twitter öffentlich widersprochen.
„Es gibt in Amerika viele, die sich wirklich Sorgen machen, was Trump am transatlantischen Verhältnis und in Bezug auf die internationalen Organisationen alles zerschlägt. Meine Vermutung: Es waren vor allem diese Stimmen, die zur Münchner Sicherheitskonferenz 2018 kamen – vielleicht auch ein wenig von Hoffnung getragen“, so Schwarzer.
Beim Thema Brexit zeigte sich Henning Hoff ebenfalls skeptisch. Premierministerin Theresa May habe mit ihrer Rede in München zwar ein verhalten positives Signal gesetzt und erneut betont, dass sich Großbritannien auch nach dem Brexit eine „tiefe und besondere Partnerschaft mit der EU“ wünsche. „Der Brexit ist aber noch lange nicht in trockenen Tüchern, “ so Hoff. Pia Seyfried erklärte, es sei zumindest begrüßenswert, dass May im Bereich der inneren Sicherheit für eine europäische Zusammenarbeit und europäische Instrumente auch nach dem Brexit plädiert hatte.
Neben den insgesamt eher düsteren Bestandsaufnahmen und der oftmals unversöhnlichen Tonlage, die viele Auftritte dominierte, sei bei der MSC aber vor allem die Handlungsunfähigkeit des Westens zutage getreten, berichtete das DGAP-Panel. Deutschland und Europa hätten keine wirklichen Strategien und konkreten Handlungsansätze, um den Problemen zu begegnen, die sie bedrohten.
In punkto Verteidigung habe Europa zwar deutliche Erfolge mit dem Beginn der strukturierten Zusammenarbeit PESCO zu verzeichnen, doch die Schwierigkeiten der Kooperation zwischen Frankreich und Deutschland sollten nicht unterschätzt werden, sagte Schwarzer. Auffällig sei auch gewesen, dass internationale Organisationen auf der Konferenz wenig rhetorische Unterstützung erfahren hätten. China sei in einigen Reden angesprochen worden, doch es habe sich keine strategische Herangehensweise, etwa unter den EU-Staaten, abgezeichnet: „Es gab zwar große Einigkeit darüber, dass China ein geopolitisches Vakuum einnimmt, aber wenig* Einigkeit darüber, wie man dem begegnen will,“ sagte die DGAP-Direktorin.
Fazit am Ende des Kamingesprächs, das eine lebhafte Diskussion bewirkte: In Deutschlands Außenpolitik gibt es „noch viele weiße Flecken“, so Henning Hoff. Zugleich werde Deutschlands Verantwortung in der Welt und in der EU immer größer. Daniela Schwarzer appellierte für ein stärkeres Engagement der Think Tanks: „Die DGAP wird die außenpolitischen Prozesse begleiten. Es ist wichtig, dass Deutschland handlungsfähig wird. Europa muss strategiefähiger werden.“ Zugleich rief sie zu Vorsicht in der Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern auf: „Man kann andere dabei auch verlieren. Es ist wichtig, frühzeitig Kompromisse zu finden.“