Günter Verheugen und Rainer Stinner diskutierten mit Nachwuchskräften aus Osteuropa und der Türkei über die Rolle der EU
Die EU muss in ihren Außenbeziehungen verbindlicher werden und gleichzeitig stärker auf die Bedürfnisse ihrer Partnerländer eingehen. In diesem Punkt stimmten Günter Verheugen, Vizepräsident der EU-Kommission a.D., und Rainer Stinner, Außenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, überein. Beide kritisierten den apodiktischen Ton, in dem Brüssel das EU-Regelwerk, den sogenannten aquis communautaire, bei den Beitrittskandidaten durchzusetzen versuche und der beispielsweise in der Türkei Widerstand hervorrufe. Die Sorge, mit dem Abschluss des Assoziierungsabkommens in der Ukraine zu große Hoffnung auf einen raschen EU-Beitritt zu wecken, sahen beide als unbegründet.
Einhellig forderten sie, Deutschland müsse seine Führungsrolle in Europa unterstreichen und mehr als bisher personelle Verantwortung in Brüssel übernehmen. Wesentlich auseinander gingen ihre Ansichten bezüglich der bisherigen Haltung der deutschen Regierung im Zusammenhang mit der Krise der EU. Europa gehe es heute zwar besser als im Jahr 2010, doch dies, so Verheugen, sei nicht wegen, sondern trotz der Politik von Angela Merkel so – eine Aussage gegen sich Stinner verwahrte.
Das Gespräch zwischen Günter Verheugen und Rainer Stinner fand anlässlich der feierlichen Eröffnung des neuen Jahrgangs des Carl Friedrich Goerdeler-Kollegs für Good Governance der Robert Bosch Stiftung am 2. September 2013 in der Berliner Repräsentanz der Stiftung statt.
Das Carl Friedrich Goerdeler-Kolleg versammelt Nachwuchsführungskräfte aus Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft aus Aserbaidschan, Armenien, Belarus, Georgien, Moldau, Russland, der Türkei und der Ukraine. Die Teilnehmer werden drei Wochen in Deutschland verbringen, um mit Experten aus verschiedenen Bereichen zu diskutieren und sich in internen Workshops weiterzubilden. Günter Verheugen begleitet die Gruppe als Kollegdirektor. Das Kolleg ist ein Programm der Robert Bosch Stiftung und wird in Kooperation mit der DGAP durchgeführt.