Generalinspekteur Volker Wieker spricht über Herausforderungen deutscher Sicherheitspolitik für die Bundeswehr
Vor vollbesetztem Haus sprach Generalinspekteur Wieker in der DGAP über die Aufgaben der Streitkräfte im Rahmen der aktuellen deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Unter Verweis auf die Rede von Bundespräsident Joachim Gauck bei der Münchener Sicherheitskonferenz unterstrich Wieker, dass Deutschland wie kein zweites Land von der offenen, globalisierten Welt profitiere, sich die Bundesrepublik aber die Frage stellen müsse, wie sie zu diesem Ordnungsgefüge Beiträge leisten könne. Das gelinge nur, wenn das gesamte „Operationsbesteck“ des Krisenmanagements im Rahmen von Bündnissen und im Dialog mit regionalen Partnern eingesetzt würde – immer mit dem Wissen, dass keiner der gegenwärtigen Konflikte schnell zu lösen sei.
Von besonderer Bedeutung sei es, die gelebte Praxis militärischer "Anlehnungspartnerschaften", die sich in den Einsätzen im Kosovo und Afghanistan herausbildeten, aufzuwerten und auf die strategische Ebene des europäischen „Framework Nation“-Konzepts zu heben, so der General. Die außen- und sicherheitspolitische Diskussion in Deutschland dürfe sich „nicht immer wieder auf einen nationalen Tunnelblick beschränken“. Kritiker des vermeintlichen deutschen Nichthandelns verkennten nämlich, dass deutsches militärisches Engagement – insbesondere in den Einsätzen in Afghanistan, Mali und der Zentralafrikanischen Republik – in Entscheidungsprozesse europäischer und internationaler Bündnisse eingebettet sei. Wieker rechtfertigte sich: „Auch ein kleiner Beitrag kann helfen.“
Zum Stichwort Lastenteilung und der „Trittbrettfahrer-Kritik“ entgegnete Wieker selbstbewusst, dass es keinen Grund für Deutschland gebe, sich mit seinem bisherigen Engagement, von Afghanistan bis Zentralafrika, zu verstecken. Zu den Aufgaben deutscher Streitkräfte im Einsatz zähle es unter anderem auszubilden, zu beraten, Präsenz zu zeigen und so die Sicherheitslage vor Ort zu kontrollieren. Der Ansatz „Breite vor Tiefe“ im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr sei da „keine Absage an Multinationalität“, wie von vielen angeprangert. Im Gegenteil, das Bestreben, ein breites Fähigkeitenspektrum vorhalten zu wollen, ermögliche es kleinen Staaten erst, sich an Deutschland als Partner anzulehnen. „Es muss aber auch die Debatte über europäische Streitkräfte geführt werden.“
Eine Aufgabe der Führung ist es laut General Wieker, die Bundeswehr besser auf den Nachwuchs und seine Bedürfnisse einzustellen und insbesondere mehr junge Frauen für die Streitkräfte zu gewinnen. Eine bestimmte Strategie allerdings ließ Wieker dahingehend nicht erkennen. Die Agenda der Verteidigungsministerin, Ursula von der Leyen, in der Bundeswehr Beruf und Familie besser in Einklang zu bringen, unterstützte der oberste Soldat nach Kräften.
Am Ende seines Vortrags stellte Wieker klar: Sicherheitspolitik gehe jeden etwas an. Sie müsse von der Bevölkerung mitgetragen werden. Das bedürfe der Debatte und Überzeugungsarbeit, um den Soldaten ausreichend den Rücken zu stärken.
General Volker Wieker ist seit 2010 Generalinspekteur der Bundeswehr. Die Veranstaltung moderierte Jana Puglierin, kommissarische Leiterin des „Berliner Forum Zukunft“ im Forschungsinstitut der DGAP.