„Anti-Mursi-Front muss Kultur der Straße überwinden“

Einbeziehen aller Lager, stabile Sicherheitslage und Auslandsinvestitionen sind entscheidende Zukunftsfaktoren

Datum
05 Juli 2013
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

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„Mursi hat sich selbst in eine Sackgasse manövriert“, resümiert Heba Ahmed bei der Diskussionsrunde der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und der Bertelsmann Stiftung. Zu stark habe er Demokratie formal an seiner Wahl festgemacht. Statt im Sinne der Gesamtbevölkerung zu regieren, sei der Dialog mit der Opposition ausgeblieben. Der Sturz Mursis sei daher ein „notwendiger und vom Volk mitgetragener Putsch“ gewesen. „Arme, Reiche und Mittelständler haben in erster Linie gegen schlechtes Regieren revoltiert, nicht gegen Islamisten“, sagt Christian Hanelt von der Bertelsmann Stiftung.

Die Rolle des Militärs sei indes keine neutrale gewesen, sagt Ivesa Lübben von der Universität Marburg. „Ich bin daher skeptisch, ob es dem Militär gelingen wird, die verschiedenen Gruppen zu integrieren“, so Lübben. Die ersten Ansätze einer Demokratisierung seien durch die jüngste Entwicklung zunichte gemacht worden. Davon profitiere vor allem das alte Regime. Lübben sieht daher die Gefahr, dass das Land in die Zeit vor der Revolution von 2011 zurückgeworfen werde.

Einigkeit bestand darin, dass die Demonstranten äußerst heterogen waren. „Die Anti-Mursi-Front war eine Zweckgemeinschaft. Diese Gruppen müssen jetzt aber wegkommen von der ‚Kultur der Straße‘ hin zu geregelten demokratischen Strukturen“, sagte DGAP-Expertin Sarah Hartmann. Auch das zukünftige Einbeziehen der Muslimbrüder sei von entscheidender Bedeutung, um eine stabile Sicherheitslage zu erreichen, betonte Ivesa Lübben.

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Wichtig sei zudem, wie die Wirtschaft wieder angekurbelt werden könne. Ägypten hat im vergangenen Jahr 58 Milliarden US-$ ausgegeben, die Einnahmen lagen bei lediglich 28 Milliarden US-$. „Diese Lücke kann nicht vom IWF geschlossen werden“, so Lübben. Das Land brauche Auslandsinvestitionen, dafür sei jedoch eine stabile Sicherheitslage erforderlich.

Zur Rolle des Westens äußerten sich die Experten zurückhaltend. „Die Ägypter werfen dem Westen ein mangelndes Verständnis für die Vorgänge in ihrem Land vor“, sagte Hartmann. Sie forderte vor allem wirtschaftliche Unterstützung für das Land. Vor dem Hintergrund der Verurteilung von Mitarbeitern ausländischer Nichtregierungsorganisationen Anfang Juni in Kairo unterstrich Christian Hanelt, dass die EU die zivilgesellschaftliche Entwicklung unterstützen solle. „Wie die Kompetenzen innerhalb des neuen Regimes verteilt werden, muss Ägypten aber selbst entscheiden“, sagte Ivesa Lübben.

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