Online Kommentar

19. März 2020

Die Corona-Krise wirkt sich auf die Demokratie aus

In Folge der besorgniserregenden Entwicklungen der Corona-Krise hat Präsident Emmanuel Macron radikale Maßnahmen angekündigt: Absolute Ausgangssperre für die Dauer von mindestens zwei Wochen und Verschiebung der zweiten Runde der landesweiten Kommunalwahlen. Autoren, deren Beiträge wir für dieses Dossier über die französischen Kommunalwahlen veröffentlichen werden, bewerten diese nie dagewesene Situation.

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Besonders bei Politikern des konservativen Lagers fanden Macrons Ankündigungen Widerhall. Der stellvertretende Vorsitzende der Républicains Guillaume Peltier schwor die Franzosen auf eine „Heilige Allianz“ ein und mahnte: „Dieser Krieg erfordert Einheit, Verantwortungsbewusstsein, einen kühlen Kopf und Würde.“

Marine Le Pen, Vorsitzende des rechtsextremen Rassemblement National begrüßte die Ankündigungen, auch wenn Sie behauptete, Macron setze lediglich die von ihr selbst Tage zuvor geforderten Maßnahmen um.

Während im linken Spektrum Jean-Luc Mélenchon zu Zurückhaltung in der oppositionellen Arbeit seiner sonst wenig kooperativen Partei La France Insoumise aufrief, fanden Politiker der Sozialisten und Grünen auch kritische Worte für die Ansprache Macrons. Julien Bayou, Generalsekretär der grünen Partei Europe Écologie – Les Verts kritisierte: Es handele sich um „eine unnötige, kriegerische Rhetorik“ sowie „eine unscharfe Quarantäne, nicht streng genug und ohne demokratische Kontrolle“.

Auch die ehemalige Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem (Parti socialiste) kritisierte den Mangel an Klarheit in der Rede von Macron: „Bei allem Respekt für sein Amt und den Ernst der Lage: Seine Rede war unverständlich. Quarantäne? Keine Quarantäne?“

Erstaunlicherweise wurden keine 24 Stunden vor Macrons Ansprache noch Kommunalwahlen abgehalten. Die für den 22. März angesetzte zweite Runde der Abstimmung wurde auf unbestimmte Zeit, voraussichtlich auf Mitte Juni, verschoben. Zu den sich daraus ergebenden Problemen für die französische Demokratie äußerten sich Isabelle Maras und Nele Wissmann, die als Autorinnen für das Webdossier Texte beitragen:

„In den Augen vieler Bürger und Entscheider untergrub bereits das Abhalten der ersten Runde der Kommunalwahlen den Sinn der Maßnahmen. Die Gesundheit der Bevölkerung wurde gefährdet“, sagte Isabelle Maras. Nichtsdestotrotz sei es unabdingbar, die zweite Runde abzuhalten. Denn so werde die Glaubwürdigkeit der Bürgermeister sowie ihrer Arbeit im Dienst der Bürger begründet und bestärkt.

Nele Wissmann betont: „Die Verschiebung des zweiten Wahlgangs ist aus verfassungsrechtlicher Sicht spannend. Was passiert mit den Kandidaten, die bereits beim ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erlangt haben? Wie viel Zeit darf zwischen den beiden Wahlgängen vergehen? Bildet der erste Wahlgang angesichts der Rekord-Enthaltung überhaupt die politischen Präferenzen der Bürger ab und wie wird es bei einem möglichen Ersatztermin im Juni aussehen? Angesichts dieser noch nie da gewesenen Situation befindet sich das Demokratieverständnis der Fünften Republik auf dem Prüfstand.“

Bibliografische Angaben

Autor ist Alix Brodersen

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