Gesprächskreis Polen
Deutschland und Polen wollen sich gemeinsam für eine Stärkung der Europäischen Union einsetzen, damit sie schneller und besser auf aktuelle Herausforderungen reagieren kann. „Aus unserer tiefsten Überzeugung sollte man die Europäische Union stärken, man sollte auf die Symptome ihrer Schwächen reagieren, man sollte gemeinsam daran arbeiten, dass sie aus der Krise herauskommt“, sagte Szynkowski vel Sęk. Auch in der Migrations- und Flüchtlingspolitik betonte er Gemeinsamkeiten mit Deutschland. So wollten beide Seiten die innereuropäischen Grenzen sichern und stärken sowie Konfliktursachen vor Ort bekämpfen.
In der Sicherheits- und Verteidigungspolitik sah Szynkowski vel Sęk ebenso eine gemeinsame Linie. Polen stehe zur NATO und zur gemeinsamen strukturierten Zusammenarbeit innerhalb der EU, Pesco. Der Vize-Minister hob aber hervor, dass ein europäisches Verteidigungspotenzial nicht gegen die USA aufgebaut werden könne. Weiterhin stehe Polen zu den Sanktionen gegen Russland und verfolge eine Angliederung der Westbalkanstaaten an die EU als einen strategisch wichtigen Punkt. Einigkeit besteht nach Überzeugung von Szynkowski vel Sęk auch darin, dass die nationalen Parlamente bei EU-Projekten stärker eingebunden und ihnen mehr Gehört geschenkt werden müsse. Der europäische Markt müsse weiterhin im globalen Maßstab konkurrenzfähig bleiben, sagte er.
Doch gute partnerschaftliche Beziehungen zeichneten sich auch dadurch aus, dass es nicht nur Konsens gebe, sagte Szynkowski vel Sęk. Während Deutschland die Effizienz der EU durch das Abtreten weiterer nationalstaatlicher Kompetenzen stärken wolle, stehe Polen für die Wahrung und sogar Rückgewinnung gewisser Teile der Staatssouveränität. Budgetfragen möchte Deutschland bevorzugt in einer europäischen Agenda diskutieren, doch Polen befürchte, dass die Entscheidungsgewalt über die Bedürfnisse und den Finanzplan den größeren Staaten zufallen werde.
Nochmals betonte Szynkowski vel Sęk, dass Polen die Gaspipeline Nord Stream II ablehne, da sie in Widerspruch zu den Lissaboner-Verträgen stehe. „Wir halten das Thema für sehr gefährlich, sowohl für die EU, als auch für die deutsch-polnischen Beziehungen“, sagte er. Es könne zu einem tiefen Vertrauensverlust führen. Aus polnischer Sicht sei man überzeugt, dass sich das Projekt trotz des fortgeschrittenen Stadiums noch anhalten lasse.
Die gegen Polen erhobenen Vorwürfe mangelnder Rechtsstaatlichkeit in Zusammenhang mit der Justizreform könne man nicht teilen, sagte Szynkowski vel Sęk. Vielmehr sei die Reform notwendig und ein Hauptziel des Programms der „Partei Recht und Gerechtigkeit“. Viele Menschen seien schon bei der Gründung der Partei zutiefst überzeugt gewesen, dass eine Reform des Justizsystems Priorität haben müsse, um den polnischen Staat zu gesunden, sagte der stellvertretende Minister. „Wir werden trotz vieler Stimmen aus der Europäischen Union daher nicht auf die Reformen verzichten, da wir zutiefst davon überzeugt sind, dass sie richtig sind.“
Der Gesprächskreis Polen ist ein Kooperationsprojekt des Robert Bosch-Zentrums der DGAP und der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit. Den Vorsitz hat Markus Meckel, Außenminister a.D. und ehemaliges Mitglied des Bundestags.