The Future of the Eastern Neighborhood: A Reality Check

Welche Politik soll die Östliche Partnerschaft der EU bezüglich der sechs Zielländer zukünftigentwickeln?

Datum
05 Mai 2015
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Berlin, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

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The Future of the Eastern Neighborhood beyond Riga: A Reality Check

Einleitend wurden die bisherigen Ergebnisse der ÖP-Politik gegenüber Aserbaidschan, Armenien, Belarus, Georgien, Moldau und der Ukraine kritisch hinterfragt. Demzufolge gebe es keine Klarheit in den Ländern darüber, was das endgültige Ziel der ÖP-Politik sein soll. Außerdem entspreche der allgemeine Ansatz der ÖP nicht mehr den Vorstellungender einzelnen Länder, wie sie ihre Beziehungen mit der EU definieren möchten, oder gar der politischen Realität. Demzufolge mangele es an spezifischen Instrumenten, welche den Reformbedürfnissen der einzelnen Länder entsprechen und somit deren besondere Eigenschaften in Betracht ziehen können.Desweiteren sei die Kommunikation der EU-Politik verbesserungswürdig. Passende Strategien, wie die EU und die lokalen Eliten selbst die politische und wirtschaftliche Annährung an die EU erklären können, müssten entwickelt werden. Während Brüssel die ÖP als ein technisches und bürokratisches Annährungskonzept sehe, würden die sechs Länder die ÖP zunehmend als geopolitische Strategie wahrnehmen. Mit der EU auf der einen Seite und Russland auf der anderen verbinden die ÖP-Länder eine Richtungsentscheidung. Das sich daraus ergebende Konfliktpotenzial sollte durch einen Dialog mit Russland entschärft werden. Dabei dürften die EU-Länder eigene Prinzipien nicht als gegeben ansehen, sondern müssten diese ständig erneuern und verteidigen, da sonst eine Spaltung innerhalb der EU drohen könnte. Die langfristige Strategie gegenüber Russland sollte nicht durch taktisches Vorgehen gefährdet werden. Die EU-Politik sollte sich mehr an die Zivilgesellschaft in Russland richten, obwohl dies durch Barrieren, wie etwa die Einstufung von NGOs als ausländische Agenten, erschwert wird. Dabei bilden die NGOs den wichtigsten Partner der EU bezüglich der Modernisierung Russlands.

Anschließend wurde die aktuelle ökonomische und soziale Lage in der Ukraine diskutiert, deren Entwicklung und Reformprozess aufgrund des fortdauernden Konflikts erschwert werden. Die ukrainische Gesellschaft sei bereit, durch Reformen den Schwierigkeiten zu begegnen, jedoch nur, wenn langfristig der Sinn dieser Prozesse sowie ein echter Wandel sichtbar würden. Wirtschaftliche Stabilität, Verfassungsreform und Fragen der Energiesicherheit seien zurzeit die wichtigsten Bereiche, in denen so schnell wie möglich Veränderungen stattfinden sollten. Obwohl erste Anzeichen von grundlegenden Veränderungen erkennbar seien, wären eine schnellere Umsetzung von Reformen sowie eine aktivere Korruptionsbekämpfung der ukrainischen Regierung notwendig. Problematisch erweist sich die Tatsache, dass die Reformprozesse auf Widerstand innerhalb des Systems stoßen, da viele Bürokraten nicht bereit für Veränderungen seien. Für Moldau und Georgien bilde das Assoziierungsabkommen einen wichtigen politischen Rahmen für Reformprozesse. Nichtsdestotrotz wurde darauf hingewiesen, dass die Unterstützung für die europäische Integration in beiden Ländern abgenommen habe. Korruption und Instrumentalisierung der Annäherung an die EU im Interesse der lokalen Eliten seien die Gründe hierfür. Trotz dieser Schwierigkeiten würde sich eine proeuropäische Zivilgesellschaft entwickeln. Deswegen wäre eine langfristige Perspektive des EU-Beitritts ein wichtiges Zeichen für die Bevölkerung dieser Länder. Für Georgien wäre außerdem eine Liberalisierung der Visabestimmungen mit der EU eine wichtige Maßnahme, um den Integrationsprozess zu beschleunigen. Die Verhältnisse in drei weiteren ÖP-Ländern – Aserbaidschan, Armenien und Belarus – wurden mit Blick auf das Verhalten der lokalen politischen Eliten dort mit Ernüchterung diskutiert. In Aserbaidschan spiele die ÖP als politisches Projekt keine entscheidende Rolle, um engere Beziehung mit der EU aufzubauen. Armenien habe sich im letzten Jahr auf die Eurasische Wirtschaftsunion ausgerichtet, da Russland die Sicherheitssituation des Landes in Frage gestellt habe. Belarus sehe das ÖP-Projekt als eine Möglichkeit, die Beziehung zur EU neu aufzubauen und zu vertiefen. Aufgrund der wachsenden russischen Aggression versuche Belarus, die Außenpolitik Moskaus durch eine stärkere Öffnung gegenüber Europa auszubalancieren, um nicht komplett von Russland abhängig zu werden.

Die Ukraine-Krise wird als ein Test für die EU-Außen- und Nachbarschaftspolitik angesehen, welche die politischen Maßnahmen neu definieren sollte. Russland lege seine geopolitischen Interessen in den ÖP-Ländern offen und sei bereit, für seine Rolle als hegemoniale Regionalmacht einen Preis zu zahlen. Die russische Führung habe viel mehr Einfluss auf diese Länder als die EU und sei auch bereit, die ÖP-Länder zu destabilisieren. Trotzdem sollten Kommunikationskanäle mit der russischen Seite offen bleiben, um den Dialog am Leben zu erhalten und eine weitere Eskalation zu verhindern. Es gebe Bedarf, die ÖP in einen breiteren politisches Rahmen der Nachbarschaftspolitik zu integrieren, innerhalb dessen auch die Nachbarn der Nachbarn, wie Zentralasien, berücksichtigt werden sollten, um etwa gemeinsame Infrastrukturprojekte zu entwickeln.

Die Zivilgesellschaft sollte mithilfe neuer und kreativer Ideen stärker in die Umsetzung der Freihandels- und Assoziierungsabkommen einbezogen werden. Auf institutioneller Ebene müssen der Kampf gegen Korruption und die bessere Implementierung der Rechtssicherheit in den ÖP-Ländern mehr in den Vordergrund gestellt werden. Als eine positive Entwicklung wurde allgemein die Einleitung der Reformprozesse hervorgehoben, jedoch müsste sich die EU aktiver an diesen Prozessen beteiligen. Sollte die EU nicht die Konsequenzen aus der Ukraine-Krise ziehen, mehr Ressourcen für die Länder der ÖP bereitzustellen sowie eine Beitrittsperspektive anzubieten, könnte ihre Nachbarschaftspolitik scheitern.