15. New Faces-Konferenz des EUMEF zum Thema „Transitions in Egypt and Tunisia through the Prism of Gender Equality“
Den politischen Umbruchsprozess in Ägypten und Tunesien aus dem Blickwinkel der Gendergerechtigkeit zu betrachten war das Ziel der vom EU-Middle East Forum (EUMEF) der DGAP organisierten 15. New Faces Konferenz. 16 junge Frauen und Männer aus Ägypten, Tunesien, Marokko, Deutschland, Großbritannien, Italien, Spanien und der Türkei kamen dazu drei Tage in Kairo zusammen. Alle haben durch berufliches oder privates Engagement einen direkten Bezug zum Thema.
Rechtliche Rahmenbedingungen verbessern
Dass Quotenregelungen auf allen politischen Ebenen unabdingbar sind, um die Teilhabe von Frauen in der Politik zu fördern und das Thema Gendergerechtigkeit voranzubringen, darüber bestand in der Gruppe Konsens. Dies gelte vor allem für patriarchalisch geprägte Gesellschaften wie in Ägypten und Tunesien. Der Staat müsse dafür einen geeigneten Rahmen schaffen.
Selbst in Tunesien, einem der fortschrittlichsten Länder der Region auf dem Gebiet der Gendergerechtigkeit, lerne man erst im Nachhinein, dass das jüngst eingeführte Paritätsgebot zwischen Männern und Frauen bei Wahlen explizit auch für die obersten Listenplätze der Parteien hätte gelten müssen, sagte eine tunesische Wahlbeobachterin.
Rechtliche Reformen allein reichten allerdings nicht aus, betonten Teilnehmer aus Marokko. Zusätzlich müsse es in der Gesellschaft zu einer Revolution des Geistes kommen. Eine Reform des derzeitigen Familienrechts, das soziale Ungleichheit und ein minderwertiges Frauenbild schüre, werde dies begünstigen, waren zwei ägyptische Gender-Expertinnen überzeugt.
Aufklärung und Bildung als Schlüssel zur Gendergerechtigkeit
Frauenfeindliche Bilder und Stereotypen gelte es durch Bildung und Aufklärung zu bekämpfen. Dazu müssten unbedingt auch Männer gewonnen werden, betonten die männlichen Teilnehmer der Konferenz.
Die Gruppe unterstrich, dass es speziell im Bereich der schulischen Erziehung einer grundlegenden Reform bedarf. Dabei müsse auf dem Land eine andere Sprache gewählt werden als in den urbanen Zentren, bedeute doch für viele Frauen in ländlichen Gebieten der Gleichheitsgedanke eher eine Belastung, wie ein Menschenrechtstrainer betonte; sie forderten vor allem Gerechtigkeit.
Um sowohl den rechtlichen Rahmen weiterzuentwickeln als auch den gesellschaftlichen Wandel zu beschleunigen, gelte es Allianzen zwischen Parteien, NGOs und den Medien zu schaffen. Auf diesem Gebiet könne die Europäische Union einen wertvollen Beitrag leisten. Die Medien wurden allerdings von Teilnehmern aus Nordafrika für ihre oft mangelhafte und kontraproduktive Berichterstattung zum Thema Frauenrechte heftig kritisiert.
Umstrittene Rolle des Islamischen Feminismus
Besonders beim Thema Gendergerechtigkeit wird der konservativ-religiöse Charakter der tunesischen und ägyptischen Gesellschaft deutlich. Der Islamische Feminismus ist ein Ansatz zur Förderung von Frauenrechten, stellt dieses Anliegen aber in einen religiösen Kontext. Er reinterpretiert den Koran und die Prophetentradition bezüglich der Rolle der Frau.
Hier schieden sich die Geister der Konferenzteilnehmer: Die Kritiker unter ihnen, aus gutem Grund angeführt von den Tunesierinnen, bemängelten an dem Ansatz, viel zu begrenzt zu sein und immer an die Grenze des Religiösen zu stoßen. Befürworter wiederum sahen in ihm eine Chance, Frauen zu erreichen, denen säkularer Feminismus fremd erscheint. Unter Letzteren bestand allerdings Einigkeit, dass dieser Ansatz nur ergänzend gesehen werden kann zu internationalen Konventionen und den universalen Menschenrechten.
Der Graben zwischen Befürwortern und Gegnern einer Rolle der Religion in Gesetzesgebung und Verfassung wurde hier deutlich sichtbar; und das, obwohl selbst die Befürworter als moderat einzustufen waren. Kein Wunder, dass die Forderung nach Dialog mit islamistischen Kräften umso kritischer diskutiert wurde. Doch in der Notwendigkeit, diese Kräfte im Sinne der Gendergerechtigkeit zu beeinflussen, waren sich alle einig.
Die 15. New Faces-Konferenz des EUMEF wurde in Kooperation mit der Robert Bosch Stiftung, dem Institut für Auslandsbeziehungen e.V. (ifa), dem Auswärtigen Amt, der American University in Cairo sowie dem Verbindungsbüro der Freien Universität Berlin in Kairo realisiert.