Alassane Ouattara, Präsident der Elfenbeinküste und ECOWAS-Vorsitzender, über die nächsten Schritte seiner Organisation
„Wir waren von den Aktivitäten der Aufständischen keineswegs überrascht. Die ECOWAS-Länder trainieren bereits seit zwei Monaten Kräfte für einen möglichen Militäreinsatz in Mali“, sagte Ouattara. Unmittelbar nach den Attacken der Islamisten habe ECOWAS den Entschluss zum Eingreifen gefasst. In nur wenigen Tagen seien die afrikanischen Truppen nun einsatzbereit. Bis zu 3.300 Soldaten sind dafür vorgesehen. Bereits am 20. Dezember hatte der UN-Sicherheitsrat mit einer Resolution (2085) für eine „African International Support Mission in Mali“ (AFISMA) grünes Licht gegeben.
Ouattara begrüßte das schnelle Eingreifen französischer Truppen, das sich in diesem von der UNO gesteckten Rahmen bewege. Er selbst habe den französischen Präsidenten François Hollande mehrfach um Hilfe gebeten. Es sei schließlich darum gegangen, unbedingt zu verhindern, dass die Rebellen bis zur malischen Hauptstadt Bamako vordringen. Einem solchen Vorstoß hatte die schlecht ausgerüstete Armee des Landes letzte Woche nicht viel entgegenzusetzen.
Ouattara unterstrich die internationale Bedeutung des Konflikts: „Die Besetzung der nördlichen Landesteile bedroht nicht nur Mali, sondern ganz Afrika und die gesamte Staatengemeinschaft.“ Es sei im allgemeinen Interesse, dass kein unkontrollierter Rückzugsraum für Terroristen entstehe. Die Intervention ziele aber nicht nur darauf, die Terroristen zurückzudrängen, sondern die staatliche Integrität Malis vollständig wiederherzustellen. Zudem gelte es, rasch die humanitäre Lage der zahlreichen Flüchtlinge zu verbessern. Und: Bis Juni wolle man demokratische Wahlen abhalten, skizzierte Ouattara den ehrgeizigen Zeitplan.
Hilfe aus Deutschland gefragt
Angesichts der Eskalation der Lage in dem westafrikanischen Land und anlässlich des Deutschland-Besuchs von Präsident Alassane Ouattara hat die Bundesregierung einen eigenen Beitrag zur Unterstützung der Mali-Mission angekündigt. So soll die Deutsche Welthungerhilfe eine Million Euro erhalten, um die humanitäre Lage zu verbessern. Zudem will die Bundeswehr ECOWAS mit zwei Transportflugzeugen helfen, deren Truppen ins Einsatzgebiet zu bringen.
Dafür dankte Ouattara der Bundesregierung ausdrücklich. Über die Einsatzdetails mache man sich gerade Gedanken. So könnten die deutschen Transall-Maschinen die Truppen der afrikanischen Partner in Abidjan, Hauptstadt der Elfenbeinküste, aufnehmen und nach Bamako bringen – aber durchaus auch näher an das Einsatzgebiet, Mali verfüge schließlich über noch weitere Landeplätze. Auch den Einsatz weiterer deutscher Streitkräfte könne er sich vorstellen.
Die Europäische Union berät zur Zeit ebenfalls über ihr Engagement. Auch in Brüssel geht es darum, bereits angelaufene Planungen zu beschleunigen. Die EU will die malische Armee mit 200 Militärberatern unterstützen und hatte im Dezember schon einen Operationsplan für eine solche Ausbildungsmission verabschiedet.
Wirtschaftgemeinschaft Westafrikanischer Staaten
Unmittelbar nach seinem Amtsantritt als ECOWAS-Vorsitzender im Februar 2012 habe er sich mit der Staatskrise in Mali befassen müssen, so Ouattara. Im März war es dort zu einem Putsch gekommen, in dessen Folge die Zentralregierung die Kontrolle über weite Teile des Landes an Separatisten und Terroristen verlor. Die Konfliktlösung in dem Mitgliedsland blieb bis heute der wichtigste Punkt auf der Agenda des Bündnisses.
Der regionalen Stabilisierung soll auch das Vorhaben der Gemeinschaft dienen, eine „Westafrikanische Wahlkommission“ einzurichten, um – wie in Mali geplant – Wahlen in Mitglieds- und Nachbarländern zu überprüfen und die Demokratie zu stärken. Als weitere zentrale Herausforderungen, die die Afrikaner gemeinsam angehen wollen, hob Ouattara das Problem der Kindersoldaten und die Folgen des immensen Bevölkerungswachstums hervor. So wird sich die Bevölkerung des Kontinents bis zum Jahr 2050 voraussichtlich auf zwei Milliarden verdoppeln. Diesen überwiegend jungen Menschen gelte es, angemessene Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten.
Der 1975 gegründete Zusammenschluss 15 westafrikanischer Länder wolle zu diesem Zweck seine Integration weiter vertiefen. Das durchschnittliche Wirtschaftswachstum von fünf Prozent lasse sich noch steigern. Man versuche zudem, den Wohlstand gerecht zu verteilen. Insgesamt zeichnete Ouattara von Afrika das Bild eines Kontinents im Aufbruch. Auch Demokratie und Menschenrechtslage verbesserten sich zunehmend. Logische Konsequenz der wachsenden Bedeutung Afrikas müsse es sein, den Kontinent in internationalen Organisationen angemessen zu repräsentieren. So verdiene Afrika einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. „Afrika wird dazu beitragen, die Welt friedlicher zu machen,“ sagte Ouattara.