Die beiden wichtigsten Länder der EU-Ostpolitik setzen unterschiedliche Akzente. Doch sie ziehen an einem Strang
Die Strategien der deutschen und polnischen Ostpolitik waren Thema eines Hintergrundgesprächs, das vom Zentrum für Mittel- und Osteuropa der Robert Bosch Stiftung am 29. August in der DGAP in Berlin durchgeführt wurde. Dr. Jarosław Ćwiek-Karpowicz vom Polnischen Institut für Internationale Beziehungen (PISM) und Dr. Stefan Meister, Zentrum für Mittel- und Osteuropa (DGAP), stellten die aktuellen Konzepte deutscher und polnischer Ostpolitik vor und diskutierten mögliche Kooperationsbereiche. Dabei wurde deutlich, dass die EU der wichtigste Referenzpunkt für die Ausgestaltung der Ostpolitik beider Länder ist. Diese setzen zugleich unterschiedliche Schwerpunkte: Polen richtet seinen Fokus auf die Staaten der Östlichen Partnerschaft, während Deutschland weiterhin auf Russland fixiert ist.
Für Jarosław Ćwiek-Karpowicz gibt es zurzeit drei Determinanten der polnischen Ostpolitik: Die geographische Nähe, das gemeinsame Erbe mit den östlichen Nachbarn und Polens Position in der EU. Die aktuelle Regierung versucht mit ihrer Politik, das antirussische Image ihres Landes abzulegen und gleichzeitig westliche Standards von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der östlichen Nachbarschaft zu unterstützen. Dabei bleibt unklar, wer der strategische Partner Warschaus in der Ostpolitik ist: Im Rahmen des Weimarer Dreiecks ist es Deutschland, bei der Östlichen Partnerschaft war es Schweden, und gleichzeitig erfolgen Kooperationen mit den baltischen Staaten und der Višegrad-Gruppe. Für die polnische Führung genießt die Lösung der Konflikte im postsowjetischen Raum derzeit keine Priorität.
Fixpunkt deutscher Ostpolitik
Russland ist weiterhin der Fixpunkt deutscher Ostpolitik, wobei sich eine Normalisierung und Versachlichung der Beziehungen zwischen beiden Ländern beobachten lässt, so Stefan Meister. Ostpolitik hat für die aktuelle Bundesregierung nicht die gleiche Priorität wie für ihre Vorgängerregierungen. Der deutschen Modernisierungspartnerschaft mit Russland fehlen mit Ausnahme der Ostseepipeline große strategische Projekte. Es handelt sich in erster Linie um eine Politik der kleinen Schritte und des guten Willens. Vor allem die innenpolitischen Bedingungen, der Einfluss des Staates und der Mangel an Rechtsstaatlichkeit, verhindern größere deutsche Investitionen und damit eine echte Modernisierungspartnerschaft.
Deutschland und Polen verfolgen die gleichen Ziele in Bezug auf die östliche Nachbarschaft, die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, jedoch auf unterschiedlichen Wegen. Beide Länder sind die zentralen Akteure in der EU-Ostpolitik. Eine bessere Abstimmung und verstärke Kooperation wären für die EU-Politik von Vorteil. Wenn die deutsche Ostpolitik stärker zwischen einer Russlandpolitik und den Beziehungen zu den anderen östlichen Nachbarn trennen würde, wäre sie kompatibler mit der polnischen Außenpolitik. Umgedreht sollte Polen weiterhin seinen Weg der Normalisierung der Beziehungen zu Russland verfolgen, um mehr Kooperation zu ermöglichen.