Wenn die USA wirklich Freihandel fördern wollen, dann sollten sie mithelfen, das global verbindliche Regelwerk der Welthandelsorganisation (WTO) weiterzuentwickeln. Mit bilateralen und megaregionalen Abkommen fragmentieren sie jedoch diese multilaterale Ordnung.
Die USA versuchen zu verhindern, dass China durch seine Währungs- und Handelspolitik mehr Einfluss gewinnt. Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) und die für die USA viel wichtigere Transpazifische Partnerschaft (TPP) sind nicht nur als Freihandelsabkommen zu bewerten, sondern vielmehr als Geopolitik zu verstehen. Denn davon profitieren nur die beteiligten auf Kosten der ausgeschlossenen Staaten.
Mit ihrer Initiative der Transpazifischen Partnerschaft, die sich explizit nicht an China richtete, haben die USA auf dessen Bemühungen reagiert, die Region Asien in eine Wirtschaftsgemeinschaft zu integrieren. China antwortete wiederum auf die Ausgrenzungsversuche der USA, indem es seinerseits mit der Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) ein Forum gründete, zu dem die zehn ASEAN-Staaten sowie Australien, China, Indien, Japan, Südkorea und Neuseeland, nicht jedoch die USA gehören sollen.
Das stärkste Argument der USA, mit dem sie Länder wie Japan dazu bewegen konnten, sich gegen ihre wirtschaftlichen Interessen mit China zu entscheiden und sich der amerikanischen Initiative anzuschließen, die China außen vor lässt, war der Schutzschild der USA.
Doch die Pax Americana hat ihren Preis: Insbesondere Südkorea, Japan und Australien, die den militärischen Schutz der USA gegenüber China in Anspruch nehmen, müssen dafür Tribut zollen, indem sie in der Handelspolitik ihre Interessen hinsichtlich guter Beziehungen mit dem Reich der Mitte preisgeben und vor allem auch amerikanische Rüstungsgüter kaufen.
Die Geoökonomie der USA ist der Haupttreiber eines neuen globalen Rüstungswettlaufs, der immer mehr in Asien und im pazifischen Raum ausgetragen wird. Die Freunde der USA in Asien und im Pazifik werden mit neuen Sicherheitsvereinbarungen und Waffenlieferungen gegen den möglichen Aggressor China aufgerüstet.
Chinas wirtschaftlicher Aufstieg, das damit einhergehende militärische Wachstum und sein martialisches Auftreten in der Region bestätigen wiederum die Geostrategen in den USA, dass das Reich der Mitte Böses im Schilde führt und die „Transformation“ und Modernisierung der amerikanischen Streitkräfte forciert werden müssen. Denn nur durch die Überlegenheit der USA, nicht zuletzt durch neue zunehmend entmenschlichte, weil autonome Waffensysteme, könne der Rivale abgeschreckt werden.
Europa, allen voran die europäische Führungsmacht Deutschland, sollte sich im eigenen Interesse auf das immer deutlicher werdende Feindbild der USA einstellen. Besonders gefährlich wird es für die USA, wenn die Chinesen und Europäer durch ihre Wirtschafts-, Handels- und Währungspolitiken weiterhin die Dominanz des Dollar schwächen und damit das Wirtschaftsmodell der Weltmacht herausfordern sollten, das auch Grundlage ihrer militärischen Stärke ist. Die davon am meisten betroffenen US-Konzerne, insbesondere der Militärindustrie, werden nicht zögern, den politischen Betrieb in Washington in ihrem Sinne zu beeinflussen und auf eine härtere internationale Gangart einzustimmen.
Ginge es um irgendein anderes Land, dann könnte das den Europäern egal sein. Aber es geht um die Weltmacht USA, dem wichtigsten sicherheitspolitischen Verbündeten Europas, der weiterhin mit aller Gewalt, weicher und harter Macht, versuchen wird, die Welt nach seinen Interessen zu ordnen.
Dieser Beitrag erschien am 17. Mai 2016 im Handelsblatt, auch in der Global Edition unter der Überschrift „Divide and Conquer“ sowie im Portal XING-Klartext.