Trumps aggressive und auf Unwahrheiten beruhende Kommunikationsstrategie erreicht über kurz oder lang nur noch seine treuen Unterstützer, wird sich aber mehr und mehr als Belastung für die Präsidentschaft erweisen und die Amerikaner weiter polarisieren. Die Botschaft seiner Antrittsrede war an seine Basis gerichtet, kaum an alle Amerikaner. Amerika ist in Trumps Narrativ in einem katastrophalen Zustand, andere sind schuld daran, er allein kann einen Aufschwung bewirken. Um das zu unterstreichen, beleidigte er en bloc die Präsidenten und Politiker, die ihn auf dem Podium vor dem Kongressgebäude feierten. Zwar kündigte er an, Washington werde die Macht an das Volk zurückgegeben, und sprach gar von einem historischen Moment. Aber um die Einheit Amerikas wird es ihm nicht gehen. Zu sehr hat er von der Polarisierung profitiert.
Die Amtseinführung hat eine Aufmerksamkeit bekommen, die der der ersten Mondlandung gleicht. Das kommunikative Kalkül Trumps ist bislang also aufgegangen, vielleicht gerade wegen seiner Dauerfehde mit den etablierten Nachrichtenmachern. Diese sind in den Augen vieler seiner Wähler Erfüllungsgehilfen des verhassten politischen Establishments in Washington und somit gegen Trump voreingenommen. Auch die erste Botschaft des neuen Präsidenten an die Medien war die wütend-trotzige Beschwerde seines Sprechers Sean Spicer, die Berichte über die Besucherzahlen am Tag der Inaugurationsfeier seien vorsätzlich zu gering berichtet worden – Trump werde die Medien dafür zur Verantwortung ziehen. Es sei die am besten besuchte Amtsübergabe in der Geschichte der USA gewesen, so Spicer. Das ist eine Unwahrheit an Tag Eins, es gibt klare Belege, dass Obamas Vereidigung mehr Menschen anzog. Donald Trump setzt also auf ein „Weiter so“ und arbeitet mit Lügen, die seine enge Beraterin Kellyanne Conway „alternative Fakten“ nennt. Wie aber wird er seine Strategie weiterfahren, wenn sein erster Gegner die komplizierte Wirklichkeit ist?
Konfrontative Kommunikation
Der Umstand, dass Stephen Bannon, der langjährige Chef der rechtspopulistischen Nachrichtenseite Breitbart News, jetzt Berater im Weißen Haus ist, zeigt, wie ernst Trump die Steuerung seiner Kommunikation nimmt. Ihm geht es schon jetzt darum, mit konfrontativen Bildern die Zwischenwahlen und seine eigene Wiederwahl zu sichern. Dabei muss er neben den Wählern auch die Geldgeber der republikanischen Kongressmitglieder erreichen, die in den kommenden zwei Jahren um ihre Sitze kämpfen.
Bisher genügte es, durch Unsicherheit, aggressiven Stil, Provokationen und großspurige Ankündigungen Aufmerksamkeit zu erregen. Trump verfolgte eine Strategie, aus wenig viel zu machen. Widersprüchliche Aussagen, viel Twitter und wenig direkter Austausch in Presseauftritten machen es ihm leicht, Detailfragen abzuwehren, sorgen für übersteigerte Aufmerksamkeit und haben die Diskussion über seine tatsächlichen Positionen angeheizt. Wo Trump klare Aussagen schuldig blieb, wurde in die Wahl der Kabinettskandidaten hineingelesen, was er vorhaben mag. Die Zusammensetzung seines Teams aus loyalen Unterstützern, Geschäftsleuten von außen und kundigen Insidern sorgte schon in der Übergangsphase für interne Konflikte. Dass der Streit zwischen Kabinettschef Reince Priebus und Kommunikationsberater Stephen Bannon und ihren Fraktionen die Öffentlichkeit erreicht hat, hat dem Ganzen noch etwas Spannung beigemischt. Diese Strategie entstand vermutlich in einer Gemengelage aus moderner Kommunikationsplanung, guten Instinkten Trumps und dem hektischen Management einer Übergangssituation, auf die das Team kaum vorbereitet war.
Vorabkritik stärkt Trump, Hinweis auf echtes Scheitern nicht
Die liberale Kritik und die weltweiten Proteste schaden ihm indes nicht. Bei seiner Basis wird der Trotzreflex gestärkt, der ihm schon bei der Wahl half. Jeder, der sich über eine gelungene Persiflage über den großen Präsidenten oder über eine virale Verballhornung seiner Tweets freut, muss sich darüber im Klaren sein, dass dies bei seinen wahren Unterstützern keine Wirkung zeigt. In diese Richtung gehen auch seine Beschwerden über die ungerechten Medien. Wenn er schon nicht von allen geliebt werden kann, dann doch wenigstens von seiner „Bewegung“.
Die Turbulenzen in seiner Amtsübernahme haben Trump allerdings schon erheblich beschädigt. Trump hat zu Beginn seiner Amtszeit die schlechtesten Umfragewerte eines Präsidenten seit 40 Jahren, verschiedene Umfrage platzieren ihn bei einer Unterstützung von nur um die 40 Prozent. Zum Vergleich: Obama hatte 2009 einen Wert von 79 Prozent.[1] Kaum verwunderlich nannte Trump die Umfragen auf Twitter eine Fälschung. Klüger wäre es, sie ernst zu nehmen, denn sie zeigen, dass die holprige Amtsübergabe, seine Interessenskonflikte, Abhängigkeiten von Russland und Berichte über Sexvideos eine schwere Belastung seines Amtes darstellen. Und der Kern seiner Unterstützer allein reicht nicht aus, um seiner Präsidentschaft den nötigen Schwung zu verleihen. Er braucht schnelle Erfolge, um seine Versprechen wie teure Infrastrukturprogramme, eine bezahlbare Alternative zu Obamacare oder bessere Bedingungen für Unternehmen mit realen Ergebnissen zu untermauern. Dabei werden ihn seine Gegner und Parteifreunde genau beobachten. Zwar wird Trump konservative Sender wie Fox oder Nachrichtendienste wie Breitbart eher auf seiner Seite wissen, aber die Mehrzahl der Medien im politischen Mittelfeld, mit denen er sich gerne anlegt, werden ihm wenig Anerkennung zollen. Trump wird trotz des republikanisch dominierten Kongresses ein umstrittener Präsident bleiben – was ihm auch auf der konservativen Seite des Spektrums Unterstützung kosten kann.
Trump und die Welt
Seine ehrgeizigen Projekte für die amerikanische Wirtschaft und neue Jobs für die Mittelklasse kosten Geld und sind von vielen Faktoren abhängig. Sie können in politisch schwieriges Fahrwasser geraten.
Trump dürfte versuchen, mit Freund-Feind-Rhetorik die Schuldigen an einem möglichen Scheitern an anderer Stelle zu suchen. Das kann auch international eine Rolle spielen, wenn etwa die Europäer bei einer Annäherung an Russland oder einer Konfrontation mit China nicht mitmachen, oder wenn Trump durch harte Außenpolitik von innenpolitischem Scheitern ablenken will. Selbst in einer solchen Situation kann es aber klug sein, einem schwachen Präsidenten auch ab und zu eine goldene Brücke zu liefern, den Verweis auf den amerikanischen Nutzen in der transatlantischen Kooperation, damit er ohne Gesichtsverlust daran festhalten kann.
Die internationalen Partner dürfen nicht darauf verfallen, es sich auch in ihren eigenen jeweiligen Informationssilos bequem zu machen, sondern müssen vom amerikanischen Präsidenten konkrete Antworten einfordern, wieder und wieder. Europäische Beobachter sollten nicht die Unklarheit über Trumps Prioritäten beklagen, sondern explizit die Konsequenzen seiner Widersprüche ausformulieren – etwa wenn seine Politik Russland Freiräume schafft oder langjährige europäische Investoren wie die deutsche Autoindustrie in den USA verprellt werden. Gefragt sind Aussagen, welche Handlungen der USA zu welchen Konsequenzen und Kosten führen. Vor allem müssen Deutschland und Europa sich klar machen, was sie selbst im Umgang mit Russland und China wollen, im Kampf gegen den IS, und bei der Verteidigung der Demokratie. Dabei ist es auch sinnvoll, sich auf stärkere Medienarbeit in den USA und auf allen Seiten des politischen Spektrums einzulassen und diese Positionen zu vertreten. Auch ein Sender wie Fox News wird ein Interesse haben, die Folgen außenpolitischer Husarenritte des Präsidenten zu analysieren. Gesunder Menschenverstand ist überall in den USA zu Hause und kann direkt angesprochen werden.
[1]Steven Shepard, Polls Show Trump with Historically Low Approval Ratings, Politico, http://www.politico.com/story/2017/01/trump-low-approval-rating-transit….