Ziel
Wo es an gesunder Nahrung mangelt, soll jedes Kind an jedem Schultag eine volle, gesunde Mahlzeit aus lokaler Produktion erhalten.
Dieses Programm würde maßgeblich zur Verwirklichung von Menschenrechten und nachhaltigen Entwicklungszielen beitragen. Kooperativ umgesetzt, würde es Vertrauen aufbauen, internationale Beziehungen erleichtern und die Reputation Deutschlands stärken (Stichwort „Soft Power“).
Ausgangslage: Ein deutsches Signal für Moralbereitschaft
Eigennütziges Handeln führt zu großen Kollektivverlusten. Allseits vorteilhafte Kooperationen unterbleiben aus Angst, dass andere damit ihre relative Position verbessern oder abspringen könnten. Und viel zu viel wird unproduktiv in sich gegenseitig untergrabende Abwehrmaßnahmen investiert: Militär, Spionage, Zölle, Propaganda und vieles mehr. Ein solches internationales Klima schadet allen, besonders Deutschland, und führt oft zu Krieg – ob kaltem oder heißem.
Die Distanzierung von den USA nach Trumps Sieg gibt Deutschland – und Europa – die Chance, eine eigenständigere Außenpolitik zu betreiben, die freundlichere Beziehungen zu einkommensschwächeren Ländern und zu China anstrebt. Hier gilt es, guten Willen zu zeigen und Vertrauen aufzubauen – durch Zusammenarbeit, die klar gemeinsame Werte befördert und nicht bloß den gegenseitigen Nutzen ihrer Initiatoren.
Ein plausibler Fokus ist ein globales Schulernährungsprogramm: Wo es an gesunder Nahrung mangelt, soll jedes Kind, jeden Schultag, eine volle, gesunde Mahlzeit aus lokal produzierten Nahrungsmitteln erhalten. Dies ist ein anerkanntes moralisches Gebot – erst recht angesichts enorm gewachsener technologischer, wirtschaftlicher und administrativer Kapazitäten. Es gemeinsam umzusetzen wäre ein helles Signal für Moral- und Kooperationsbereitschaft. Deutschland zeigt damit, dass es uns im Verhältnis zum Globalen Süden nicht nur um Rohstoffe, Exporte und Migration geht, sondern um Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens für alle.
Extreme Armut und Chancenungleichheit
Die FAO veranschlagt die Minimalkosten für gesunde Ernährung – 2,62 Euro pro Kopf und Tag in Deutschland, 2,96 Dollar in den USA – und stellt fest, dass selbst dies für 35,4% der Menschheit (71,5% in den ärmsten Ländern) unerschwinglich ist. Dazu gehören vor allem Kinder. Mangelernährung beeinträchtigt ihre Entwicklung und damit ihre zukünftige Gesundheit und Fähigkeiten. Hinzu kommt, dass 250 Millionen Kinder (19%), zumeist aus armen, oft hoch verschuldeten Familien, nicht zur Schule gehen. Sie verrichten Lohnarbeit (160 Millionen), helfen bei Haus- oder Landarbeit, leben in Kriegsgebieten oder sind als Mädchen ausgeschlossen. Diese massive Zerstörung menschlichen Potenzials dauert an, obwohl das Bruttoweltprodukt, nach Kaufkraftparitäten, über $63 pro Person und Tag erreicht hat.
Es fehlt nicht an Absichtserklärungen, diesen Skandal zu beenden. Präsident Roosevelt versprach schon 1941 eine Nachkriegswelt frei von Not. Auch deutsche Politiker*innen forderten immer wieder die Abschaffung von Hunger und Armut – von Angela Merkel und Heiko Maas über Gerd Müller bis Annalena Baerbock und Svenja Schulze. Beim Welternährungsgipfel in Rom 1995 beschlossen 185 Regierungen, Unterernährung abzuschaffen. Ein Vorhaben, das auch die Millenniums- und später die nachhaltigen Entwicklungsziele verkündeten.
Schulmahlzeiten sind ein bewährtes Mittel. Sie fördern die geistige und körperliche Entwicklung von Kindern und dadurch ihre zukünftigen Chancen und Leistungen. Sie motivieren Eltern, ihre Kinder zur Schule zu schicken, verbessern die Ernährungslage der ganzen Familie und prägen gesunde Essgewohnheiten. Aus lokal produzierten Lebensmitteln zubereitet, schaffen sie Arbeitsplätze vor Ort und erweitern landwirtschaftliche und administrative Kapazitäten. Damit bedient das vorgeschlagene Programm viele nachhaltige Entwicklungsziele: Indem es Armut (1) und Hunger (2) beseitigt, Gesundheit (3), Bildung (4) und Zugang zu menschenwürdiger Arbeit (8) verbessert, reduziert es soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten (10) und fördert gerechtere, inklusivere Gesellschaften (16) durch eine internationale Partnerschaft (17), in der Erfahrungen ausgetauscht und einkommensschwächere Länder von reicheren unterstützt werden.
Nächste Schritte
1. Finanzierung von Schulernährungsprogrammen
Schon heute erreichen erfolgreiche nationale Schulernährungsprogramme 418 Millionen (32%) der Kinder im Schulalter. Das Hauptproblem ist die Finanzlage der oft hoch verschuldeten Länder niedrigen Einkommens, in denen bisher nur 18% der Grundschulkinder Mahlzeiten erhalten. Gerade diesen Ländern müsste, als Ermöglichung und Anreiz, eine Finanzhilfe geboten werden.
Zur Umsetzung eignen sich die kürzlich vom brasilianischen Präsidenten Lula da Silva initiierte Global Alliance Against Hunger and Poverty und die mit ihr und dem World Food Program verbundene School Meals Coalition. Sie würden die bedarfsabhängige finanzielle Unterstützung ärmerer Länder mit den kapazitätsabhängigen Beiträgen reicherer Ländern koordinieren, Standards für nationale Programme formulieren und deren Einhaltung betreiben, sowie Daten und bewährte Verfahren sammeln und archivieren. Bei geschätzten Kosten von durchschnittlich 64 Dollar pro Kind und Jahr wären, nach Anlaufzeit, bis zu 40 Milliarden Euro jährlich erforderlich, von denen finanzstärkere Länder knapp die Hälfte beisteuern müssten.
2. Organisation der Finanzierung
Deutschland sollte bei der Organisation dieser Finanzierung die Führungsrolle übernehmen. Nach vielen gebrochenen Entwicklungsversprechen reicherer Länder und ihrer in internationalen Verhandlungen typischen Kleinlichkeit wäre das ein sichtbarer Durchbruch – und ein nachhaltiger dazu. Es wäre allgemein bekannt: Wenn Kinder überall gesund ernährt sind und gut lernen können, dann weil Deutschland dies als zentrales Ziel seiner Außenpolitik bewirkt hat.
Wenn wir ein Drittel der OECD zum Mitmachen bewegten, würde Deutschland etwa ein Viertel der Kosten tragen. Das wären 1 Promille unseres Nationaleinkommens oder 50 Euro pro Bürger und Jahr. Wer würde das übel nehmen, wo es so viel unverdientes Leid beseitigt?