Kommentar

12. Febr. 2016

Trumps Triumph

Warum der Casino-Milliardär Amerikas geringstes Problem ist

Die Mehrheit der Amerikaner hat das Vertrauen in die Politik verloren. Donald Trump nutzt dies geschickt aus und gewinnt so gegenüber der Konkurrenz. Gegen die demokratische Kandidatin Hillary Clinton wäre er jedoch chancenlos.

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Donald Trumps Erfolge verdeutlichen ein grundlegendes Problem: Die meisten Amerikaner haben mittlerweile eine tiefe Abneigung gegen die etablierte Politik. Das für sie wichtigste „Thema“ im Vorfeld der Wahlen ist laut Umfragen nicht etwa Terrorismus, auch nicht die Wirtschaft oder Arbeitsplätze – sondern die Tatsache, dass eine Handvoll ihrer Landsleute zu viel Einfluss auf die Politik haben. Dass das politische System korrumpiert ist. Nur so ist der Erfolg des selbsterklärten Sozialisten Bernie Sanders im „Land der Freien“ zu erklären. Ted Cruz und Donald Trump, die zwei republikanischen Bewerber, die nach dem ersten Vorwahlterminen in Iowa und New Hampshire vorne liegen, wären in normalen Zeiten ebenso wenig denkbar. Bezeichnenderweise kann Trump, der sagt: „Mich kann keiner kaufen, weil ich selber so viel Geld habe“, dermaßen punkten.

Trump geht auch durchaus taktisch vor, wenn er den Ressentiments vieler weißer Amerikaner entspricht und Einwanderer pauschal als  Verbrecher stigmatisiert. Damit konnte er bereits dem Parteifavoriten Jeb Bush den Wind aus den Segeln nehmen. Auch Bushs politischer Ziehsohn Marco Rubio läuft Gefahr, in den republikanischen Vorwahlen zu scheitern. Denn die beiden sind in der Einwanderungsfrage sehr liberal eingestellt, während Trump die radikale Gegenposition einnimmt. Mit seiner chauvinistischen Haltung kann er in den Vorwahlen der Republikaner weiter Boden gewinnen.

Bei den Hauptwahlen würde Trump damit jedoch keinen Blumentopf holen. Das sieht auch die Parteielite der Republikaner so und beobachtet seine Kandidatur mit Entsetzen. Gleichwohl konnte sie seinen kometenhaften Aufstieg bislang nicht verhindern. Das Phänomen Trump ist ein weiterer Beleg dafür, dass es in den USA keine Parteien nach unserem Verständnis gibt. US-Parteien spielen keine Rolle in der Politik­gestaltung, es gibt keine Fraktions- oder Parteidisziplin. Selbst die Minimalfunktion als Wahlvereine haben sie mittlerweile an Interessengruppen und Milliardäre verloren. Dazu zählen die Ölmilliardäre Charles und David Koch, die ihr eigenes Netzwerk pflegen und die vermeintliche Graswurzelbewegung der Tea Party finanzieren, die Ted Cruz als ihren Fahnenträger auserkoren hat.

Sollten sich jedoch Trump oder Cruz in den Vorwahlen durchsetzen und der liberalere Rubio auf der Strecke bleiben, hätte Hillary Clinton sehr gute Karten, als erste Präsidentin ins Weiße Haus einzuziehen. Denn die chauvinistische Haltung der beiden Hardliner in der Einwanderungsfrage würde den Republikanern eine weitere Wahl vereiteln. Bereits Barack Obama verdankte seine zwei Wahlsiege den Minderheiten, insbesondere den Latinos, die von den Republikanern in den Vorwahlen verprellt wurden. Auch dieses Mal werden die Latinos die Mehrheitsbeschaffer in einer Handvoll hart umkämpfter Einzelstaaten sein. Hillary Clintons Chancen steigen enorm, wenn sie  gegen einen Hardliner wie Trump antreten darf. Gegen den charismatischen, jugendlichen und moderaten Marco Rubio hingegen hätte sie hingegen enorme Probleme.

Doch egal, wer ins Weiße Haus einzieht, er oder sie wird auf jeden Fall von einer der beiden Kammern im Kongress blockiert. Das amerikanische System funktioniert einfach nicht mehr: Kongress und Präsident können sich nicht mehr zu Kompromissen verständigen, um die drängendsten Probleme zu lösen. Und das ist das eigentliche Problem.

Dieser Text erschien am 9. Februar im Xing-Debattenportal Klartext sowie am 10. Februar als Gastbeitrag im Handelsblatt.

Bibliografische Angaben

Braml, Josef. “Trumps Triumph.” February 2016.

DGAPstandpunkt 1, 12. Februar 2016, 2 S.

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