Südkaukasus-Konflikt: EU muss mehr Verantwortung übernehmen

Trotz jahrelanger internationaler Vermittlungsbemühungen schwelt der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die südkaukasische Region Berg-Karabach weiter. Regionalmächte, allen voran Russland, nutzen den Konflikt, um ihren Einfluss in der Region zu erhalten. „Die EU hat sich bisher nur halbherzig engagiert“, sagt Stefan Meister von der DGAP. In einer aktuellen Analyse plädiert für ein stärkeres, eng mit den USA abgestimmtes Engagement der EU für den Südkaukasus.

Aufgrund der großen Erdöl- und Erdgasvorkommen am Kaspischen Meer sowie der geopolitischen Lage zwischen Europa, Asien und dem Mittleren Osten sind nicht nur die großen Nachbarn – Russland, Iran und die Türkei – sondern auch EU und USA in den Konflikten im Südkaukasus präsent. „Moskau würde durch eine Lösung im Berg-Karabach-Konflikt an Einfluss in der Region verlieren“, sagt Stefan Meister, Osteuropa-Experte von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).. „Als größter Waffenlieferant für Armenien und Aserbaidschan befördert Russland den Konflikt eher, als dass es an einer schnellen Lösung arbeitet.“ Als enge sicherheitspolitische Verbündete Geor­giens und Unterstützer Aserbaidschans bei großen Pipeline-Projek­ten spielten die USA in der Region eine zentrale Rolle.

Großes Defizit: Internationale Präsenz

Die EU hat die südkaukasischen Staaten in die 2009 gegründete Östliche Part­nerschaft einbezogen. „Für effektive Stabilisierungsmaßnahmen fehlte bisher jedoch der politische Wille“, bilanziert DGAP-Experte Meister. Zwar gebe es einen EU-Sonderbeauftragten für den Südkaukasus, die Bearbeitung regionaler Konflikte sei aber nicht Teil der EU-Nachbarschaftspolitik. „Das sicherheitspolitische Engagement der EU hat zur Aufrechterhaltung des Waffenstillstands beigetragen, jedoch keinerlei Durchbruch zu einer friedlichen Kon­fliktlösung geschafft“, so Meister. Ein großes Defizit sei etwa die begrenzte internationale Präsenz. Die OSZE sei zurzeit mit einem sechs Personen starken Beobachter-Team vor Ort. „Damit kann nicht adäquat zur Deeskalation beigetragen werden“, schreibt Meister in seiner Analyse. Zudem verkenne die bisherige Unterstützung die unterschiedlichen Gegebenheiten der Staaten des Südkaukasus sowie die internationale Dimension der Konflikte. „Das ist fatal, denn die Kaukasusstaaten setzen in erster Linie auf internationale Unterstützung und nicht auf direkte Kommunikation miteinander.“

„Als Nachbar des Südkaukasus muss die EU mehr Ver­antwortung übernehmen“

Stefan Meister plädiert für ein stärkeres, eng mit den USA abgestimmtes Engagement der EU. „Dafür bedarf es auch mehr personeller und finanzieller Ressour­cen“, sagt der Osteuropa-Experte, „und der Erkenntnis, dass Russland in dem Konflikt nicht die Rolle eines neutralen Vermittlers einnehmen kann.“ Der EU-Sonderbeauftragte für den Südkaukasus könne etwa mit einem umfassenderen Verhandlungsmandat ausge­stattet werden. Auch könne die EU die Idee eines Kaukasus-Stabilitätspakts wieder aufgreifen und umfassendere Verhandlungsformate bis hin zum Ein­satz einer Friedenstruppe vorantreiben. „Solange sich Arme­nien und Aserbaidschan alleingelassen fühlen und die Dominanz Russlands von westlicher Seite akzeptiert wird, betreibt die EU keine ernst zu nehmende Transformati­onspolitik“, schreibt der DGAP-Experte.

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