Neben einer protektionistischen Handels- und Steuerpolitik wird die Trump-Administration vermehrt zur Wechselkurspolitik greifen, indem der Präsident die eigene Notenbank öffentlichkeitswirksam nötigt, durch Lockerung der Geldpolitik den Dollar-Kurs zu drücken. Damit sollen Amerikas Exporte erleichtert, seine exorbitante Schuldenlast soll verringert werden.
Bereits im Präsidentschaftswahlkampf 2016 machten die Kontrahenten beider Parteien China zum währungspolitischen Sündenbock und konnten sich dabei auf Unterstützung im Kongress berufen. Finanzpolitische Wortführer wie der demokratische Senator Charles Schumer fordern schon lange, China als „Währungsmanipulator“ zu brandmarken. Die Obama-Regierung entschied sich aus guten Gründen dagegen. Trump kommt dagegen der parteiübergreifende Druck aus dem Kongress entgegen, um seine aggressivere Agenda gegen China zu forcieren. Kongress und Präsident ignorieren dabei jedoch, dass die USA selbst – durch das Handeln ihrer Politiker, aber auch das der US-Notenbank – den Abwertungswettlauf der Währungen eingeläutet haben.
Neben China werden wohl auch Europa und insbesondere Deutschland wieder an den Pranger gestellt werden: Bereits Ende Januar 2017 beschuldigte Peter Navarro, Leiter des Nationalen Handelsrats, auch Deutschland, durch die Niedrigzinspolitik der EZB andere Staaten, darunter die USA, „auszubeuten“. Im Juni 2019 machte Trump die Kritik an der EZB zur Chefsache. Per Twitter geißelte er Mario Draghis Andeutung einer erneuten Lockerung der Geldpolitik.
Die Kritik am billigen Euro ist nicht neu, auch die Vertreter der Obama-Regierung brachten sie vor. Selbst der ehemalige US-Notenbankchef Ben Bernanke kritisierte Deutschland für seine Exportleistungen, die vor allem dank des zu niedrig bewerteten Euros möglich seien. Die Kritik ist bemerkenswert, hatte die US-Notenbank unter Bernankes Leitung doch selbst in noch viel größerem Umfang die Geldpolitik bemüht, weil die Fiskal- und Handelspolitik der USA politisch blockiert waren. Unter anderem hatte die Federal Reserve ab November 2008 mit drei Runden „quantitativer Lockerung“ die Zinsen und die US-Währung nach unten befördert, um die lahmende Wirtschaft durch Exporte wiederzubeleben.
Ein schwacher Dollar bot den USA schon damals Vorteile: Er verringerte nicht nur die Schuldenlast, sondern sollte dem in handelspolitischen Fragen beschränkt handlungsfähigen Präsidenten Obama helfen, seine ehrgeizige Exportstrategie umzusetzen. Zwar konnten diese expansive Geldpolitik und der damit geschwächte Dollar die Exportchancen kurzfristig fördern, doch langfristig blieb ein Problem bis heute bestehen, das Trump jetzt umtreibt: Die amerikanische Industrie hat innerhalb weniger Dekaden spürbar an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Die Unausgewogenheit der Außenhandelsbilanz ist neben der hohen Staatsverschuldung ein strukturelles Problem der US-Wirtschaft.
Angesichts der aktuellen innenpolitischen Lage und der nationalistischen Wirtschaftspläne werden Forderungen ausländischer Regierungen nach mehr Haushaltsdisziplin und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit in den USA wohl fromme Wünsche bleiben. Indem jedoch Überschussländer wie Deutschland fiskalpolitische Anreize geben, um Ersparnisse stärker im eigenen Land zu investieren, würden politisch wie ökonomisch gefährliche Handelsungleichgewichte abgebaut. Firmen und institutionelle Anleger könnten ihrerseits zur Verbesserung des Kapitalstocks in Deutschland und Europa beitragen, indem sie mehr Geld in die inländische Infrastruktur investieren und weniger in den USA – zumal dort über kurz oder lang ohnehin eine Entwertung ihrer Anlagen droht. Das würde auch den Druck auf die USA erhöhen, besser zu haushalten.
Da das Zwillingsdefizit (Haushalts- und Handelsdefizit) der USA auch eine Folge der Dollar-Dominanz ist, sollten Maßnahmen ergriffen werden, um diese strukturelle Überbewertung des Dollars zu verringern. Zusammen mit Frankreich und als Kooperationsanreiz für China könnte die Bundesregierung auf der Ebene der G7 und G20 dafür werben, dass die Wechselkursschwankungen reduziert werden, indem die Sonderziehungsrechte des IWF zu einer supranationalen Reservewährung ausgebaut werden. Dann könnten auch Trump und seine Wirtschaftsberater nicht mehr sagen, dass ein zu starker Dollar Amerika schade.