Policy Brief

11. Apr. 2025

Ein Signal für multilaterale Kooperation

Gemeinschaftsprojekt Ecological Impact Fund
COP29_Baku
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Es liegt im Interesse Deutschlands und seiner europäischen Partner, trotz Krisen und zunehmendem Nationalismus, kooperativen Multilateralismus zu fördern. Das erfordert symbolträchtige und wirksame Kooperation, die auf geteilten moralischen Werten beruht und dem langfristigen Gemeininteresse der Menschheit dient. Ein prägnantes Beispiel ist der Ecological Impact Fund, der die Entwicklung grüner Technologien für den globalen Süden und deren breiten und effizienten Einsatz dort vorantreiben würde.

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Deutschland braucht eine neue, von den USA unabhängigere Außenpolitik. Diese sollte mit kooperationswilligen Partnern innerhalb und außerhalb der Europäischen Union das Modell einer regelbasierten internationalen Ordnung fortführen und verbessern.
Zum Schutz unserer Umwelt müssen viele bestehende Technologien weltweit durch „Grünovationen” ersetzt werden, die menschlichen Fortschritt wahren und fortführen, aber den von ihm bislang verursachten ökologischen Schaden radikal reduzieren.
Der Ecological Impact Fund würde es Urhebern von Grünovationen ermöglichen, in den ärmeren Ländern statt Patenteinnahmen Prämien zu beziehen, bemessen an dem ökologischen Schaden, der durch Einsatz ihrer Grünovation in diesen Ländern vermieden wird.
Der Ecological Impact Fund würde die Wirkung schon zugesagter Klimafinanzierung erheblich steigern und eine moralisch fundierte Partnerschaft ins Leben rufen, die Nationalismus abbauen und Kooperationsbereitschaft für Gerechtigkeit und Gemeinwohl aufbauen könnte.

Die folgende Fassung des Policy Briefs enthält keine Fußnoten. Die vollständige Fassung inklusive Fußnoten können Sie über dieses PDF abrufen.

 

Die USA ziehen sich zurück aus den großen multilateralen Gemeinschaftsprojekten, aus internationalen Kooperationen für Entwicklung, Weltgesundheit, Umweltschutz und sogar Sicherheit. Um sich in dieser neuen Welt behaupten zu können, braucht Deutschland eine neue, von den USA unabhängigere Außenpolitik, die seine Einstellung zu diesen internationalen Politikfeldern und zu regelbasierten internationalen Beziehungen überhaupt artikuliert. Dabei kann Deutschland, dem Beispiel der USA folgend, sich dem Eigennutz verschreiben. Die zukunftsfähigere Alternative ist, mit kooperationswilligen Partnern innerhalb und außerhalb der EU das Modell einer regelbasierten internationalen Ordnung fortzuführen und zu verbessern.

Diese nachhaltigere Alternative erfordert Fortschritt in drei Richtungen: 

Erstens sollte die neue Bundesregierung mit konsensfähigen europäischen Partnern, über bestehende Abstimmungen hinaus, größere außenpolitische Übereinstimmung und Koordination anstreben. Fortschritt in diese Richtung stärkt unseren Einfluss auf die Strukturierung der internationalen Ordnung sowie auch die Zugkraft der EU-Idee als Hoffnung gebendes Leitbild für eine künftige, friedlichere und gerechtere Weltordnung.

Zweitens sollte die Bundesregierung ein besseres Modell einer regelbasierten internationalen Ordnung vorantreiben. Dieser Begriff lässt offen, worauf jene Regeln selbst gründen, und welche Motive Staaten haben, sich an die bestehenden Regeln zu halten. Bisher stand hier das Eigeninteresse der Staaten im Vordergrund. Diese befolgten die Regeln, wenn und weil das in ihrem Interesse lag. Dadurch wird die internationale Ordnung oft instabil. Wie ein Staat seine Interessen definiert, kann sich schnell ändern, wie das Beispiel Trump zeigt. Auch die Machtverteilung kann sich ändern, und ein erstarkender Staat kann dann manche Regeln ignorieren, wie die USA nach dem Fall der Sowjetunion — oder, unter Androhung solcher Ignorierung, neue für sich vorteilhaftere Regeln auszuhandeln versuchen. Das zeigt, dass eine auf Klugheitsgründen beruhende regelbasierte Ordnung keine echte Sicherheit gibt, weil weder Einhaltung noch Fortbestand der Regeln gewährleistet sind. Hinter einer Fassade von Zivilität ist sie ein Dschungel, in dem die Stärkeren sich nehmen, was sie wollen, und Schwächere oft, trotz aller Konzessionen, auf der Strecke bleiben.

Eine bessere regelbasierte Ordnung gründet auf geteilten moralischen Werten und Prinzipien — zum Beispiel, weltweite Abschaffung schwerer Armut — und übersteht daher Interessen- und Machtverschiebungen. Das heißt nicht, dass die Regeln einer solchen Ordnung unveränderlich wären, sondern dass sie nur durch moralisch fundierte Verfahren revidiert werden können — nicht durch die Macht der Stärkeren, sondern durch mit Argumenten und Diskussion vorbereitete gemeinsame Beschlussfassung. Utopisch? Keineswegs. Genau das haben wir, intern, in den fortgeschrittensten Staaten und in der EU. Nirgends perfekt, aber doch klar sichtbar als Gegenmodel zu einer Ordnung, deren Regeln der bestehende Machtverteilung unter Staaten und deren Interesselagen angepasst werden.

Drittens sollte die neue Bundesregierung eine echte, partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Ländern außerhalb der EU suchen, insbesondere mit China und den Ländern des globalen Südens. Die Interessenkonflikte mit China sollten hier nicht die viel wichtigeren gemeinsamen Interessen überschatten. Es liegt im wohlverstandenen Interesse großer Handelsnationen, dass Konflikte unter Staaten friedlich durch allseits anerkannte Verfahren beigelegt, und Gebrauch und Androhung von militärische Gewalt damit marginalisiert werden. Auch gibt es auf beiden Seiten ein tief in der Bevölkerung verwurzeltes Verlangen nach einer fairen multilateralen Kooperation zur Lösung der großen Menschheitsprobleme: Umweltschutz, Weltgesundheit und Entwicklung. Bei diesen gemeinsamen Interessen sollte eine Verbesserung der Beziehungen ansetzen. Hier kann gute Zusammenarbeit Vertrauen aufbauen, insbesondere wenn sie auch die Länder des globalen Südens einschließt, deren Bevölkerungen von internationalen Vereinbarungen bisher oft ausgeschlossen oder benachteiligt wurden. Eine wichtige Komponente solcher Zusammenarbeit könnten die nachhaltigen Entwicklungsziele sein. Weil die reicheren Länder bisher kaum zu ihrer globalen Umsetzung beigetragen haben, liegen wir bei 83 Prozent dieser selbstgesteckten Ziele — oft weit — im Rückstand. Hier müssen auf schöne Zusagen und Zielsetzungen jetzt konkrete Umsetzungsschritte folgen. 

Ein Wahrzeichen für moralisch fundierte Kooperation

Eine plausible Initiative, mit der Deutschland erhebliche globale Fortschritte für Umweltschutz, Gesundheit und Entwicklung bewirken könnte, ist eine internationale Kooperation zur Minderung des Schadens, der durch übermäßige Umweltbelastungen insbesondere im globalen Süden anfällt. Dieser ökologische Schaden ist enorm. Zum Beispiel:

  • Experten schätzen, dass die durch Verwendung fossiler Brennstoffe entstehende Luftverschmutzung allein weltweit 8,7 Millionen vorzeitige Todesfälle pro Jahr verursacht — hauptsächlich durch Atemwegserkrankungen, Schlaganfälle, Herzkrankheiten und Krebs —, also für rund ein Siebtel aller menschlichen Todesfälle verantwortlich ist.
  • Dazu kommen Gesundheitsbelastungen durch von Menschen verursachte Verschmutzung von Luft, Wasser und Erde, etwa durch Schwermetalle (Quecksilber, Kadmium, Blei, Arsen) und vielerlei Kunststoffe, die sich in Boden, Wasser und Lebensmitteln anreichern, durch persistente organische Schadstoffe (wie DDT, PCB, Dioxine, Furane) sowie durch viele andere schädliche Industriechemikalien (PAK, VOC, Phthalate), Pestizide und Herbizide.
  • Zusätzliche Gesundheitsschäden entstehen durch Ausbreitung von Tropenkrankheiten sowie durch Extremwetter: Hitzewellen, Dürren, Waldbrände, Überschwemmungen, Erdrutsche, mit den durch sie verursachten Zerstörungen in Landwirtschaft und Tierhaltung, die die Ernährung armer Bevölkerungen oft dramatisch beeinträchtigen.
  • Viele dieser Belastungen verstärken sich mit zunehmendem Klimawandel und das dadurch verursachte Ansteigen des Meeresspiegels und Aussterben vieler Pflanzen- und Tierarten.
  • Und dieser Klimawandel beschleunigt sich weiterhin, weil die Menschheit, trotz 30-jähriger Verhandlungen zum Thema, den Konsum fossiler Brennstoffe nicht gebremst hat. Das Jahr 2024 brachte neue Allzeithochs im Konsum von Kohle, Öl und Gas.

In Anerkenntnis ihrer besonderen Verantwortung für die die ärmeren Bevölkerungen des globalen Südens schädigenden Umweltbelastungen versprachen die reicheren Länder 2009 beim COP 15, den ärmeren Ländern sogenannte Klimafinanzierung zu gewähren, die bis zum Jahr 2020 100 Milliarden Dollar pro Jahr erreichen sollte. Dieses Ziel wurde, mit zweijähriger Verspätung, 2022 für erreicht erklärt. Beim COP 29 gab es dann 2024 die neue Zusage, diese Klimafinanzierung bis 2035 auf 300 Milliarden Dollar pro Jahr aufzustocken.   

Man hat vielfach bemängelt, dass diese Klimafinanzierung nur einen Bruchteil der im globalen Süden anfallenden Umweltkosten abdeckt, die auf das Achtfache, 2,4 Billionen Dollar jährlich, geschätzt werden. Es wird ebenfalls bemängelt, zum Beispiel von Oxfam auf Grundlage von OECD Daten, dass die gewährte Klimafinanzierung zu rund drei Vierteln aus Krediten besteht, die die erdrückende Schuldenlast armer Länder verstärken. Hinzu kommt, dass Klimafinanzierung auch als Entwicklungshilfe gezählt wird — selbst Kredite, wenn sie zu günstigen Konditionen gewährt werden. Deshalb erfüllen die reicheren Länder ihren Klimafinanzierungszusagen oft ohne neue Ausgaben dadurch, dass sie einfach ihre Entwicklungshilfebudgets stärker auf Umweltprobleme verlagern. In der Tat rechnen die Geberländer 93 Prozent der Gelder, die sie als Klimafinanzierung für ärmere Länder deklarieren, auch ihrer Entwicklungshilfe zu. Die 2022 gezählten 116 Milliarden Dollar für Klimafinanzierung und 211 Milliarden Dollar für Entwicklungshilfe summieren sich somit auf bloße 219 Milliarden Dollar. 

Ein letzter Punkt ist, dass bei der Bilanzierung der Klimafinanzierung einfach nur vergebene (häufiger: verliehene) Dollar gezählt werden, ohne Rücksicht darauf, ob und wie wirksam dieses Geld zur Minderung ökologischen Schadens beiträgt. Diese Art der Bemessung untergräbt die Wirksamkeit der Klimafinanzierung, indem sie es den Entscheidungsträgern, die diese Finanzierung im Detail aushandeln, freistellt, inwieweit sie die Wirksamkeit — auch auf Kosten ihrer anderen politischen Ziele — berücksichtigen.

Bessere Verbreitung von Grünovationen im globalen Süden

Das führt zur Frage: Wie würde man die Mittel der Klimafinanzierung einsetzen, wenn man damit ökologischen Schaden so effizient wie möglich mindern wollte? 

Die Zerstörung unserer Umwelt ist mit einer Vielzahl von Innovationen verbunden, die das moderne Leben viel sicherer und angenehmer gemacht und damit menschliche Gesundheit und Langlebigkeit erheblich verbessert haben. Da es weder realistisch noch wünschenswert ist, Umweltprobleme durch Zurückspulen menschlichen Fortschritts zu lösen, ist weltweiter Einsatz von mehr und besseren Innovationen erforderlich. Bestehende Technologien müssen verbessert, ergänzt oder ersetzt werden durch „Grünovationen”, die menschlichen Fortschritt wahren und fortführen, aber den von ihm bislang verursachten ökologischen Schaden radikal reduzieren.

Schnelle vorbeugende Reduktion solchen Schadens erfordert, dass hochwirksame und lokal angemessene Grünovationen (...) im globalen Süden schnell und breitflächig zum Einsatz kommen. Das ist auch für Europa von höchster Wichtigkeit.

Hier ist der globale Süden der entscheidende Schauplatz. Im verbleibenden Teil dieses 21. Jahrhunderts werden viele Länder niedrigen Einkommens voraussichtlich große Bevölkerungszuwächse und erhebliches Wirtschaftswachstum verzeichnen. Die Technologien, die sie verwenden werden, die Praktiken und Gewohnheiten, die sie ausbilden werden, die Rollen, die sie zu übernehmen bereit sein werden im Kampf für einen lebenswerten Planeten, werden weit wichtiger sein als alle Entscheidungen, die die heute wohlhabenden Nationen innerhalb ihrer Grenzen treffen werden. Zwar haben jene Bevölkerungen aufgrund ihrer Armut nur minimal zu den bestehenden Umweltproblemen beigetragen, aber ihre Beiträge steigen steil an und können bald verheerenden ökologischen Schaden auslösen. Wenn die bis Ende des 21. Jahrhunderts prognostizierten 4 Milliarden Bewohner der Länder Afrikas so leben würden wie die Einwohner der Vereinigten Staaten heute, würden sie — weltweit — 12-mal so viel ökologischen Schaden wie die heutigen USA verursachen. Schnelle vorbeugende Reduktion solchen Schadens erfordert, dass hochwirksame und lokal angemessene Grünovationen — von denen viele erst noch zu entwickeln sind — im globalen Süden schnell und breitflächig zum Einsatz kommen. Das ist auch für Europa von höchster Wichtigkeit.

Ein Vorschlag zur Erreichung dieses Ziels ist der Ecological Impact Fund (EIF), der, ergänzend zum Patentsystem, es Urhebern von Grünovationen ermöglichen würde, auf Patenteinnahmen in Ländern niedrigen Einkommens zugunsten von Wirkungsprämien zu verzichten. Der EIF würde vorab angekündigte jährliche Ausschüttungen vornehmen, die unter den gemeldeten Grünovationen gemäß des durch ihren Einsatz im Vorjahr in der EIF-Zone vermiedenen ökologischen Schadens aufzuteilen sind. Der EIF bemisst diesen Schaden als gewichtete Summe aus Treibhausgasemissionen (CO₂e) und verlorenen qualitätsbereinigten Lebensjahren (QALYs, ein weithin verwendetes Maß für gesundheitliche Lebensqualität). Jede Grünovation wird fünf Jahre lang so belohnt. Bei Freiwilligkeit der Meldung ist der EIF-Prämiensatz endogen und pendelt sich vorhersagbar auf ein stabiles und faires Niveau ein.

Durch Zahlung von Wirkungsprämien und durch Vermeidung von Patentaufschlägen würde der EIF die Wirkung von Grünovationen im globalen Süden erheblich steigern. Auch würde er zur Entwicklung zusätzlicher Grünovationen anregen, die — auf die Bedürfnisse, Kulturen, Umstände und Vorlieben der Bevölkerungen in der EIF-Zone zugeschnitten — dort besonders wirkungsvoll wären. Indem der EIF zur Verbreitung von Grünovationen im, und zur Entwicklung von Grünovationen für den globalen Süden anreizt, würde er auch lokale Kapazitäten schaffen für Entwicklung, Produktion, Vertrieb, Lieferung, Inbetriebnahme, Betrieb, Wartung und Instandsetzung von Grünovationen.

Zugesagte Finanzhilfe voll zur Wirkung bringen

Hier zeigt sich, dass der Ecological Impact Fund alle drei der genannten Kooperationsbereiche bedient: Entwicklung, Weltgesundheit und Umweltschutz. Und er tut das auf moralischer Basis, als globales öffentliches Gut, das in erster Linie die von Umweltschäden am stärksten betroffenen Bevölkerungen schützt und vorwiegend von Ländern finanziert wird, die durch umweltschädigende Industrialisierung zu Wohlstand gekommen sind. Dabei arbeitet der EIF mit rigoroser Effizienz, die er acht seiner Designeigenschaften verdankt.

1. Zahlung bei Erfolg. Traditionelle Fördergelder gehen oft an Akteure, die sich gut verkaufen können. Der EIF belohnt nicht erhoffte Leistung ex ante („push funding”), sondern erbrachte Leistung ex post („pull funding”). Der Innovator trägt das Risiko. Das motiviert Grünovatoren, die ihre eigenen Kapazitäten am besten einschätzen können, ihre Ziele klug zu formulieren und kraftvoll zu verfolgen.

2. Vollständige Umsetzung. Der EIF belohnt die Endleistung, nicht Zwischenerfolge — also nur wenn, und nur insoweit als, mit einer Grünovation ökologischer Schaden vermieden wird. Darum müssen Grünovatoren, die EIF-Prämien verdienen wollen, holistisch den ganzen Weg vom Labor bis zur Endnutzung durchdenken, um sich auf genau die Grünovationen zu konzentrieren, mit denen sie die kostengünstigste Schadensminderung erzielen können. Die genialste Grünovation bleibt unbelohnt, wenn sie nicht aufgenommen und schadensmindernd eingesetzt wird.

3. Offener Innovationsrahmen. Der EIF setzt keine Forschungsziele, sondern gibt lediglich einen allgemeinen Maßstab vor, an dem Grünovationen zu bemessen sind. Der Grund dafür ist, dass Innovatoren besser wissen können als Geldgeber, mit welchen Projekten sie am kostengünstigsten Schaden mindern können. In diesem Punkt unterscheidet sich der EIF von Innovationspreisen, die Forschern eine bestimmte, vielleicht aussichtsarme Forschungsrichtung vorschreiben. Bei Preisen wird viel Arbeit mehrfach wiederholt und Aufmerksamkeit von anderen, vielleicht aussichtsreicheren Forschungspfaden abgezogen. Dagegen schafft der EIF einen künstlichen Markt, auf dem viele ganz unterschiedliche Grünovationen Prämien verdienen können.

4. Wettbewerbsdynamik. Dieser künstliche Markt ist so gestaltet, dass der sich auf ihm einstellende Prämiensatz effizient niedrig liegt. Das geschieht durch breite Konkurrenz. Steigt der Prämiensatz über das zur Anreizung grünovativer Anstrengungen notwendige Maß an, dann steigert das den Anreiz zur Entwicklung und Meldung zusätzlicher Grünovationen, die dann den Prämiensatz aufs notwendige Mindestmaß zurück senken. Dabei hilft, dass der EIF ganz allgemein gefasste Anreize gibt, also Grünovatoren aus aller Welt und Grünovationen aller Art offensteht. 

5. Stärkung vernachlässigter Märkte. Der EIF lenkt Investitionen auf potenziell hochwirksame Grünovationen, die bisher vernachlässigt wurden, weil ihre potenziellen Nutzer zu arm sind, oder weil ihre Käufer und ihnen Nahestehende nur einen winzigen Bruchteil des durch ihren Gebrauch anfallenden Nutzens zu erwarten haben (was bei Grünovationen ein Normalfall ist!). Der EIF schafft Anreize, genau solche Grünovationen anzustreben, dadurch, dass er Verkaufserlöse durch Wirkungsprämien ergänzt, die den Gesamtnutzen (weltweit und in die Zukunft) des Gebrauchs einer Grünovation reflektieren. Mit diesem Zubrot können sogar Verkäufe an sehr arme Menschen zu sehr niedrigen Preisen profitabel sein. Und das wiederum macht es lukrativ, hochwirksame Grünovationen zu entwickeln, die gerade auf die Bedürfnisse und Lebensumstände armer Menschen zugeschnitten sind.

6. Anreize zur Breitenwirkung. Patentbedingte Preisaufschläge vermeidend, gewährleistet der EIF trotz niedriger Preise attraktive Gewinne. Dadurch verbessert er die Reichweite gemeldeter Grünovationen, indem er teilnehmende Grünovatoren motiviert, in schnelle, weite und wirkungsvolle Verbreitung ihrer Grünovationen zu investieren. Anstatt sich zu bemühen, Patentverletzungen aufzuspüren, zu verhindern und abzuschrecken, würden sie aktiv die rasche, breite und wirksame Aufnahme ihrer Grünovation fördern, um höhere Prämien zu verdienen. Selbst wenn sie nicht am Verkaufspreis profitieren, würden sie die effiziente Nutzung ihrer Grünovation durch technische Unterstützung, Wartung und Preisnachlässe fördern, sofern sie schätzen, dass die durch solche Werbeinvestitionen erzielten Ertragssteigerungen deren Kosten übersteigen. Jede EIF-gemeldete Grünovation würde also sehr viel mehr ausrichten als eine gleichartige Grünovation unter dem patentbasierten Anreizregime.

7. Vermiedene patentbedingte Ineffizienzen. Indem er einige Grünovatoren dazu motiviert, auf ihre Patentprivilegien in der EIF-Zone zu verzichten, würde der EIF unproduktive Kosten für Patentinhaber (durch Patentierung, Rechtsstreitigkeiten, übermäßige Produktwerbung, Deadweight-Verluste, Produktfälschungen) sowie kontraproduktive Investitionen von Patentinhabern (in Rückvergütungen, nutzlose Verkäufe und Lobbying) verringern.

8. Exponentieller Fortschritt. Durch Beschleunigung des Innovationstempos hebt der EIF die Basislinie, an der neu gemeldete Grünovationen gemessen werden. Dieser Effekt würde mit der Zeit stark anwachsen. Eine im Jahr 2040 gemeldete Grünovation wird belohnt für die durch ihren Einsatz erzielte Schadensminderung im Vergleich zu den im selben Jahr eingesetzten Alternativen. Dieser Stand der Technik im Jahr 2040 wird jedoch weit höher sein als er es gewesen wäre, wenn der EIF in den vorherigen Jahren nicht existiert hätte. Diese Beschleunigung des Grünovationsfortschritts ist ein Erfolg, den der EIF kostenlos mitliefert. Dies ist besonders bedeutsam bei Klassen von Grünovationen, die unter dem derzeitigen Regime vernachlässigt werden, weil sie nur für arme Bevölkerungen geeignet sind, teurer in Herstellung und Einsatz sind als ihre schmutzigeren Alternativen oder weit gestreuten Nutzen bringen, der potenzielle Käufer kaum interessiert. Durch Lernkurveneffekte nach Wrights Gesetz bewirkt diese Fortschrittsbeschleunigung darüber hinaus anwachsende Kosten- und Preissenkungen.

Eine Aufgabe für die neue Bundesregierung

Ob der Westen als geeinte Kraft und Leitbild überlebt, hängt jetzt stark von Deutschland ab. Der EIF bietet eine Chance, Deutschlands neue Führungsrolle souverän und eindrucksvoll zu übernehmen. Diese Chance wahrzunehmen, erfordert vor allem diplomatischen, nicht finanziellen Einsatz. Deutschland sollte sich dafür einsetzen, aus der schon zugesagten Erhöhung der Klimafinanzierung ein paar Milliarden Euro pro Jahr für Einrichtung und Unterhaltung des Ecological Impact Fund bereitzustellen. Zusätzliche Mittel könnten aus internationalen Ausgleichsmärkten kommen und langfristig idealerweise aus einem Kapitalfonds, der aus vertragsbasierten Beiträgen, Nachlässen und Spenden von Unternehmen, Stiftungen und Philanthropen aufzubauen wäre. Dank hoher Effizienz des EIF ließe sich damit — besonders längerfristig — die Wirkung der zugesagten Klimafinanzierung erheblich steigern. Außerdem riefe man eine moralisch fundierte multilaterale Partnerschaft ins Leben, die im Lauf der Zeit weit über den EIF und seine Gründungsmitglieder hinauswachsen, Nationalismus abbauen und Kooperationsbereitschaft für Gerechtigkeit und Gemeinwohl aufbauen könnte.

 

 

Bibliografische Angaben

Pogge, Thomas. “Ein Signal für multilaterale Kooperation.” German Council on Foreign Relations. April 2025.

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