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28. Aug. 2024

Deutschland sollte den Einfluss chinesischer Technologien frühzeitig begrenzen

Security cameras in China
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Während chinesische Technologieunternehmen global expandieren, fehlt Berlin eine klare Strategie, um die damit verbundenen Sicherheitsrisiken zu kontrollieren, meint Valentin Weber. Das könnte gravierende Folgen haben.

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Im August 2018 verbot Australien Huawei aus Gründen der nationalen Sicherheit den Ausbau des australischen 5G Netzwerks. Sechs Jahre später, im Juli 2024, folgte Deutschland diesem Beispiel. Doch 5G ist bei weitem nicht die einzige Technologie, bei der chinesische Unternehmen eine bedeutende Rolle spielen und deren Teilnahme Deutschland im deutschen Markt regulieren muss. In vielen Bereichen wie in grünen Technologien, Sicherheitssystemen wie Überwachungskameras aber auch den sozialen Medien ist Deutschland stark abhängig von chinesischen Lieferanten – trotz großer Sicherheitsbedenken. Es gibt von der Bundesregierung und Ministerien noch keinen Ansatz, wie das systemische Risiko, welches von chinesischen Technologien ausgeht, behandelt werden sollte.

Chinesische Software mit Sicherheitsrisiko sollten in öffentlichen Einrichtungen entfernt werden

Zweifellos können chinesische Komponenten in kritischer Infrastruktur zu einem Risiko werden – vor allem wenn Peking Berlins Positionen im Taiwan-Konflikt oder in anderen geopolitischen Auseinandersetzungen nicht gefallen. Deswegen sollte es in der Bundesrepublik klare und unmissverständliche Kriterien für eine Risikoreduzierung geben. Meine Vorschläge wären die drei folgenden:

Erstens: Chinesische Technologien mit Sicherheitsrisiko sollten aus Kommunen und öffentlichen Einrichtungen entfernt werden. Am Flughafen Berlin-Brandenburg zum Beispiel befinden sich Hikvision Überwachungskameras, die ein- und ausfahrende Fahrzeuge aufnehmen und analysieren. So könnte China, das privilegierten Zugang zu Hikvision Kameras hat, beobachten, ob, wann, wie oft und wohin Bedienstete des Bundesnachrichtendienstes (BND), der Bundeswehr oder des diplomatischen Corps ein- und ausreisen.

Zweitens: Chinesische Technologien sollten sich nicht auf Regierungs- und Militärgeländen wiederfinden. Auch sollten chinesische Elektroautos wie BYD oder Nio, die wie alle Elektroautos mit zahlreichen Kameras ausgestattet sind, genauso behandelt werden wie stationäre Kameras. Die Nutzung von chinesischer Software in Fahrzeugen (Volkswagens Softwareprodukte, die mit XPENG entwickelt wurden) sollte wirklich kritisch überdacht werden. Die USA planen, autonome Fahrzeuge, die mit chinesischer Software ausgestattet sind, auf Amerikas Straßen zu verbieten.

Das bedeutet, dass auch deutsche Fahrzeuge, die auf solche chinesische Software zurückgreifen, zukünftig nicht in die USA exportiert werden dürften. Denn Fahrzeuge mit chinesischer Software, die eine erhöhte Autonomie aufweisen, können weitläufig raumbezogene Daten zur Objektbeschreibung natürlich auch in Deutschland sammeln. Wie wichtig diese Daten für China sind, zeigt folgendes Beispiel: Im August 2024 wurde bekannt, dass im Jahre 2021 das deutsche Bundesamt für Kartographie und Geodäsie von chinesischen Hackern kompromittiert wurde. Der Vorfall war so schwerwiegend, dass Berlin den chinesischen Botschafter einberief.

Die Verbote sind nicht als Abkopplung, sondern als Maßnahmen zum De-Risking gedacht

Drittens: Um das Risiko von chinesischen Technologien zu reduzieren, sollte deren Verbreitungsgrad begrenzt werden. Letztes Jahr nutzten 20,9 Millionen Menschen in Deutschland TikTok, was einem Verbreitungsgrad von 31 Prozent bei den 67 Millionen Internetnutzern entspricht. In den USA wird bekanntlich schon länger über ein TikTok Verbot diskutiert und kürzlich auch ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Ein vollständiges Verbot ist umstritten, eine Limitierung der Verbreitung aber durchaus sinnvoll. Denn es ist offensichtlich, dass die Regierung in Peking über den Aufsichtsrat von TikToks Muttergesellschaft ByteDance den Algorithmus mitbestimmt.

In den USA verbietet die Bundeskommunikationsbehörde (FCC) amerikanischen und ausländischen Organisation, TV-Stationen zu besitzen, die mehr als 39 Prozent der Amerikaner erreichen. Ein ähnliches Limit könnte auch für soziale Medien in Deutschland in Betracht gezogen werden, wenn sie unter Einfluss der chinesischen Regierung stehen.
Meine vorgeschlagenen Maßnahmen zielen nicht auf die Abkopplung Chinas ab. Sie sind vielmehr als Beitrag zum De-Risking gedacht. Während eine Abkoppelung willkürliche Verbote bedeutet, stützt sich De-Risking auf Risikoanalysen, Zahlen und Transparenz.

In China wird jedes Risiko, das von westlichen Technologien ausgeht, von vornherein unterbunden oder niedrig gehalten. Deutschland sollte davon lernen. 

China musste nie wirklich De-Risking im großen Maße betreiben, da es dem Großteil der westlichen Firmen nicht erlaubt, eine bedeutende Marktpräsenz aufzubauen. Und wenn China Risiko zulässt, dann gezielt. Wie zum Beispiel im Segment der elektrischen Fahrzeuge, wo Teslas Model 3 und Y nur in Regierungs- und Militärgebäude einfahren dürfen, wenn sie in Shanghai hergestellt wurden.

In China wird jedes Risiko, das von westlichen Technologien ausgeht, von vornherein unterbunden oder niedrig gehalten. Deutschland muss lernen, das Risiko, das in vielen Bereichen von China ausgeht, entschlossen zu mindern und bei neuen chinesischen Technologien und Apps das Risiko frühzeitig zu begrenzen.

Bibliografische Angaben

Weber, Valentin. “Deutschland sollte den Einfluss chinesischer Technologien frühzeitig begrenzen.” German Council on Foreign Relations. August 2024.

Dieser Artikel ist erstmals am 25. August 2024 als Gastkommentar im Handelsblatt erschienen.

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