Im europäischen Mediendiskurs zum Thema Migration dominieren Bilder und Geschichten von überladenen Booten, die aus Nordafrika kommend versuchen, die nördliche Mittelmeerküste zu erreichen. Diese Darstellung ist äußerst unzureichend, um die Komplexität von Migrationsbewegungen aus und nach Nordafrika zu erfassen. Seit jeher ist die Region ein Ort menschlicher Mobilität, seit den Umbrüchen in der arabischen Welt vor gut drei Jahren sind neue Dynamiken in Nordafrika zu verzeichnen.
Vor diesem Hintergrund lud das EU-Middle East Forum (EUMEF) vom 19. bis 22. Juni 20 junge nordafrikanische, türkische und europäische Experten aus den Bereichen Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft zur 21. New Faces-Konferenz nach Tunis ein. Die Teilnehmer präsentierten während der Konferenz kurze Papiere zu jeweils einem Aspekt des Oberthemas, welche anschließend in Kleingruppen diskutiert wurden.
Zunächst stand die prekäre Lebenssituation von arabischen und afrikanischen Flüchtlingen in Ägypten, Tunesien und Marokko im Mittelpunkt. Es wurden Profile von Migranten aus und nach Nordafrika beleuchtet, bevor eine Diskussion der ökonomischen Implikationen von Migration erfolgte. Dabei kamen die positiven wie negativen Effekte von Rücküberweisungen sowie Anreize zu einer besseren Verwendung eben dieser und mögliche Auswirkungen auf inklusives Wachstum genauso zur Sprache wie die breiteren Zusammenhänge zwischen dem Funktionieren des Arbeitsmarktes, Entwicklung und Migration. Im Anschluss wurden die Diaspora-Strategien der Regierungen Tunesiens und Ägyptens analysiert, bevor eine Betrachtung der politischen, gesetzgeberischen und rechtlichen Ansätze der nordafrikanischen Staaten gegenüber den Migranten erfolgte. Hier kam nicht zuletzt die neue Gesetzesinitiative des marokkanischen Königshauses auf den Prüfstand. Schließlich wurde die Rolle und Bedeutung internationaler Akteure wie dem Hohem Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und der EU kritisch hinterfragt.
Die unterschiedlichen Hintergründe der Nachwuchskräfte – die Bandbreite reichte von Doktoranden und Post-Docs aus Sozialanthropologie, Ökonomie, Politikwissenschaft, Jura und Geografie über Vertreter aus Ministerien und internationalen Organisationen sowie Aktivisten und Sozialarbeitern bis hin zu Journalisten – führte zu äußerst fruchtbaren Diskussionen. Abgerundet wurde das Programm durch Vorträge renommierter Experten wie Hassan Boubakri, Professor an der Universität Sousse, und Ibrahim Awad, Direktor des Center of Migration and Refugee Studies (CMRS) an der American University in Cairo.