Die Energiepolitik Russlands und Europas in Zentralasien
Auf dem Energiefrühstück redeten erstmals Vertreter Russlands mit deutschen Politikern und Experten über eine Kooperation in Zentralasien. Es wurde daran erinnert, dass 2007 unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft eine Zentralasienstrategie entwickelt wurde, die keine explizite Energiebeschaffungsstrategie war. Russland wurde aber in diese Strategie nicht eingebunden. In Zukunft sollte der Fehler korrigiert werden. Zwar bekennt sich die EU eindeutig zu einer Diversifizierungspolitik in Fragen der Energieimporte aus dem postsowjetischen Raum, doch möchte sie eine Konfrontation mit Russland vermeiden.
Nachdem große Zweifel in Bezug auf die Realisierung des Nabucco-Projekts aufgekommen sind, konzentrieren sich die Bemühungen Brüssels wieder auf einen Kompromiss mit Moskau. Auch Russland hat eingesehen, dass es die zentralasiatischen Energieförderländer nicht am Zugang zum EU-Markt behindern darf.
Aschchabad spielt die „chinesische Karte“
Der Gazprom-Manager verglich die Energiesituation in den einzelnen zentralasiatischen Ländern. In Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan sei der einheimische Energieverbrauch gestiegen, trotzdem gebe es genug Gasvolumen für den Export. Die größte Gasproduktion ist in Turkmenistan zu verzeichnen: 2030 wird sie 230 Milliarden Kubikmeter pro Jahr betragen. Turkmenistan verfüge über gesicherte Ressourcen, die das Land auf Jahre hinaus zu einem bedeutenden Akteur auf dem internationalen Gasmarkt machen würden. Turkmenistan könne nach wie vor sein Gas über die „kaspische Pipeline“ Richtung Norden nach Russland transportieren. Doch Aschchabad spiele heute die „chinesische Karte“. Die EU könne nur auf turkmenisches Gas hoffen, wenn eine Pipeline quer über das Kaspische Meer gelegt werden könne. Der heutige ungeklärte Rechtsstaus des Kaspischen Meeres erlaube den Pipelinebau jedoch nicht.
Kasachstan dagegen wird Schwierigkeiten mit der Versorgungssicherheit ausländischer Märkte bekommen, weil der Konsum des Erdgases im Inland wächst. Usbekistan hat momentan keine Möglichkeiten, neue Gasfelder zu erforschen. Weiter verwies Volokitin darauf, dass der russische Erdgasimport aus Zentralasien in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen ist. Man könne auch nicht mehr sagen, dass Russland das Transportmonopol über das zentralasiatische Gas hätte. China habe sich längst in das Erdgas- und Erdölgeschäft Zentralasiens eingekauft.
Mehr Gas für Europa?
Die Teilnehmer des Frühstücks diskutierten, ob künftig die Energieträger aus der Region nach Europa oder Asien transportiert würden. Fragezeichen gab es in Bezug auf eine mögliche gemeinsame außenpolitische Strategie der zentralasiatischen Länder gegenüber Russland, der EU und China. Mit der EU redeten die Länder getrennt, gegenüber China träten sie jedoch gemeinsam auf. Davon zeuge das Pipelineprojekt der zentralasiatischen Staaten mit China.
Volokitin zog am Ende der Veranstaltung das Fazit, dass die Wahrscheinlichkeit nicht sehr groß sei, dass es in naher Zukunft mehr zentralasiatisches Gas auf den europäischen Märkten geben werde. Mittelfristig jedoch werde zentralasiatisches Gas den westlichen Konsumenten durchaus erreichen.