Die USA und der Internationale Strafgerichtshof

Diskussion mit ICC-Richter Hans-Peter Kaul und David J. Scheffer, Leiter des Center for International Human Rights

Datum
02 Oktober 2012
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

Share

Als Moderatorin Anja Papenfuß, Chefredakteurin der Zeitschrift Vereinte Nationen, fragte in welchem Zustand sich das internationale Recht befinde, riss sich keiner der beiden Gäste darum zu antworten. David J. Scheffer ergriff schließlich das Mikrofon: „Ich bin ein Optimist in Bezug auf internationales Recht. Seit den 1990ern hat sich einiges bewegt, aber es ist eine zähe Entwicklung“.

Wer sollte das besser wissen als er? Als Sonderbotschafter für Kriegsverbrechen und Leiter der US-Delegation unterschrieb Scheffer im Jahr 2000 für Präsident Clinton das Rom-Statut – die amerikanische Mitgliedschaft im Internationalen Strafgerichtshof schien besiegelt. Doch unter George W. Bush zogen die Vereinigten Staaten ihre Unterschrift zurück. Es gab Bedenken das Gericht könne die nationale Gesetzgebung aushöhlen und amerikanische Staatsbürger aus politischen Gründen strafrechtlich verfolgen.

Für Hans-Peter Kaul ist das eine unbegründete Sorge. Der Gerichtshof sei ein Gericht der letzten Instanz und habe keinen politischen Charakter: „Das Gericht basiert auf freiwilligem Konsens. Es ist ein Konstrukt der Staatengemeinschaft und tritt nur dann in Erscheinung, wenn Mitglieder nicht in der Lage oder nicht willens sind selber einen Prozess einzuleiten.“ Der Strafgerichtshof, so Kaul, sei strukturschwach und keine Bedrohung für die  Souveränität seiner Mitgliedsstaaten.

Baldiger Beitritt der USA zum ICC ist unwahrscheinlich

Einen schnellen Beitritt der USA würde Kaul begrüßen, daran glauben mag er allerdings nicht. „Ich vermute, dass China das Rom-Statut noch vor den USA ratifizieren wird“, sagte er und erntete damit Gelächter. Dabei ist sein Pessimismus durchaus ernst gemeint: „Wenn mich jemand fragt, wann die USA beitreten werden, dann antworte ich stets: Um das Jahr 2040“.

David J. Scheffer malt die Zukunft nicht ganz so schwarz. In Washington würden die Aktivitäten des Strafgerichtshofs mittlerweile gutgeheißen und die amerikanische Unterstützung für Institutionen wie das Rote-Khmer-Tribunal in Kambodscha zeige das jüngste Engagement seines Landes auf der Gebiet der internationalen Strafgerichtsbarkeit. Trotzdem müsse man die Debatte vor allem auf der Führungsebene ankurbeln. „Auf der Tagesordnung der Obama-Regierung gibt es andere Prioritäten als die Ratifizierung des Rom-Statuts, zum Beispiel die Unterzeichnung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen“, machte Scheffer deutlich.

Dabei wäre ein baldiger Beitritt der USA nicht nur für die Anerkennung, sondern auch die Finanzierung des Strafgerichtshofs äußerst wichtig. In den letzten Jahren blieb das Budget des Gerichts zwar stabil, wurde den wachsenden Anforderungen allerdings immer weniger gerecht. Die Mitgliedstaaten müssten sich die Frage gefallen lassen, ob sie wirklich genug Geld investierten, um Kriegsverbrecher hinter Gitter zu bringen, so Hans-Peter Kaul. Immerhin behandele der Strafgerichtshof „komplexe Untersuchungen, die teilweise 5000 Kilometer von Den Haag entfernt stattfinden“.

Eine positive Nachricht ist, dass der Kreis der Untereichner des Rom-Statuts kontinuierlich wächst: 121 Staaten haben das Dokument mittlerweile unterzeichnet. Die nächsten Kandidaten sind Malaysia und Indonesien. Wann die USA dazu stoßen werden ist ungewiss. Von einem Umstand ist David J. Scheffer allerdings überzeugt: „Wenn die USA das internationale Strafrecht in Zukunft mitgestalten wollen, dann müssen sie dem Strafgerichtshof beitreten“.
 

Format

Expertenrunde
Zielgruppe
Veranstaltung Forschungsprogramm
Programm

Verwandter Inhalt