Das folgende Interview ist das vollständige Gespräch, das Sie in gekürzter Fassung im Buch „Wege in die Zukunft: Perspektiven für die Außenpolitik“ finden.
Cathryn Clüver Ashbrook: Bis zum 1. November sollte eine neue EU-Kommission im Amt sein, die diesen Diskurs frühzeitig mitgestalten hätte sollen, die auch sofort Gespräche mit einem Übergangsteam in den USA aufnehmen hätte können – nun aber wird es sich hinzögern. In jedem Fall wird sich die EU-Kommission zeitgleich in einer Konsolidierungsphase befinden, wenn Deutschland nach dem Ende der Ampel-Koalition in den Wahlkampf zieht. Der frühe Diskurs in der Vorwahlzeit scheint von populistischen Botschaften und Schuldzuweisungen geprägt – und das in einem Moment, in dem der Berlin Pulse der Körber-Stiftung aufzeigt: Deutsche halten wachsende Verteidigungsausgaben für wichtig, wünschen sich aber nur mit einer sehr knappen Mehrheit eine größere Rolle in der Welt (53 %). Das Führungsvakuum in Europa scheint immens. Wie blickst Du in diesem Kontext auf die Bundestagswahl 2025?
Karl Kaiser: Um einen Spruch von Frau Baerbock zu variieren – die Antwort auf „America First“ lautet „Europe united“ – und auf deutscher Ebene „große Koalition“ sowie ein Einvernehmen großer, demokratischer Parteien, um die zentralen Fragen der fundamentalen Wende gemeinsam zu bewältigen und dabei auch den Mut zu haben, Unpopuläres a) zu erklären und b) in Maßnahmen umzusetzen. Das ist der Kern der Wende: dass die demokratischen Parteien jetzt den Mut haben, aus der neuen Lage die Konsequenzen zu ziehen.
Cathryn Clüver Ashbrook: Die letzte große Koalition war nicht dafür bekannt, große Transformationsprojekte anzustoßen. Was gibt Dir Hoffnung, dass sie das jetzt tun können? Der Druck der Umstände?
Karl Kaiser: Der Druck der Ereignisse, die Tatsache, dass das „Ende der Geschichte“ nicht stattgefunden hat, und die Tatsache, dass asiatische Truppen im Herzen Europas kämpfen und Russland mit großer Brutalität zum Westen vorgedrungen ist. Auf der Basis dieser Ereignisse müsste eine Große Koalition diese Wende vollziehen und die politische Klasse dazu bringen, den Mut zu haben.
Cathryn Clüver Ashbrook: Warum schaffen wir es nicht aus eigener Kraft?
Karl Kaiser: Die deutsche Geschichte hat Deutschland den Rücken gebrochen. Die Rückkehr als „normaler“ Akteur ist deshalb nicht so einfach, und der Wiedereintritt in die Normalität als wichtiger Akteur im europäischen wie im Weltgeschehen ist schwieriger als für andere Länder. Aber er ist nötig, und der Drang der Ereignisse muss dafür sorgen, dass sowohl die politische Klasse wie auch die Bevölkerung diesen Schritt vollziehen.
Cathryn Clüver Ashbrook: Wie kommt ein großer Teil des Landes am Ende des Jahres 2024 immer noch zu dem Schluss, Deutschland könne sich dieser Verantwortung entziehen? Wir wissen spätestens seit den 90ern, wie man sich im sicherheitspolitischen Kontext hätte vorbereiten können – und dazu kommen jetzt strukturelle Nöte, die sich aus einer prekären wirtschaftlichen Situation ergeben. Was ist da schiefgelaufen? Was sollte die DGAP jetzt tun, um diesen Eindruck zu drehen?
Karl Kaiser: Es ist ein Fehlschlag der politischen Klasse. Sie ist dafür verantwortlich, es nicht thematisiert zu haben. Es ist ein Kommunikationsversagen. Es fehlt nicht an der Wahrnehmung der Problematik, aber die Fähigkeit, Kompromisse zu finden – wie es die Nachkriegspolitik auszeichnete – hat nachgelassen. Die Polarisierung der Parteien führt dazu, dass man das Gesamtbild nicht mehr sieht, sondern nur Parteiinteressen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass nach der Zeitenwende noch eine Politikwende möglich ist – aber dafür braucht es Mut, die Realitäten anzuerkennen. Lässt man die Dinge ihren Lauf, droht eine katastrophale Entwicklung in Deutschland, Europa und dem Westen. Kein europäisches Land spielt hier eine so zentrale Rolle wie Deutschland. Wenn Deutschland als zentrale Macht in Europa keinen angemessenen Beitrag leistet, ist eine europäische Lösung nicht möglich, und der Westen wird nachhaltig geschwächt.
Die DGAP kann den Parteien helfen, die unpopulären Themen klar zu erkennen und zu formulieren und Vorschläge sowie Antworten zu geben – aus der Freiheit einer unabhängigen und überparteilichen Institution. Da sehe ich die zentrale Aufgabe der DGAP in den kommenden Jahren: dies zu tun und dabei nie zu vergessen, dass der Kompass einer pro-europäischen und pro-atlantischen Richtung immer beachtet werden muss. Es gibt letztlich keine Antwort auf diese Fragen ohne die Bindung an die europäischen Partner und immer den Versuch, die Bindung an Amerika zu erhalten und zu vertiefen – egal wie schwierig das auch sein mag. Die kann auch ein Präsident Trump nicht zerstören.
Cathryn Clüver Ashbrook: Was braucht es in diesem Moment außer Neuwahlen? Was braucht es noch an Veränderung? Du bist der Vordenker der Idee einer strategischen Gemeinschaft, die wir in Deutschland vielleicht nie richtig ausleben konnten.
Karl Kaiser: Es braucht Mut vonseiten der Führungskräfte, zwei Dinge zu tun. Erstens, die Realität so, wie sie ist, der demokratischen Basis klarzumachen, und zweitens, ein Mindestmaß an gegenseitigem Verständnis zu erzwingen. Das gab es in gewissen Phasen der Nachkriegszeit, etwa bei der Integration in den Westen. Anfangs war das umstritten, wurde aber zu einem gemeinsamen Gut über die Parteien hinweg – genauso wie die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze. Die Neuausrichtung der deutschen Außenpolitik erfordert das Zusammengehen der demokratischen Parteien. Anders ist das nicht machbar.
Cathryn Clüver Ashbrook: In deiner Vergangenheit hast Du überparteilich immer wieder zu gemeinsamen Lösungen motivieren können. Jetzt haben wir auch Herausforderungen im deutschen Wirtschaftssystem. Alles, was Deutschland früher gestärkt hat – die rasante Globalisierung und ein rechtsstaatlich geschütztes System, abgesichert durch einen amerikanischen Schutzschild – sind andere Realitäten. Welche Rolle spielt die deutsche Wirtschaft jetzt in der Formierung von Deutschlands Rolle in der Welt?
Karl Kaiser: Die Globalisierung ist nicht am Ende, sie verändert nur ihre Struktur. Das exportorientierte deutsche Wirtschaftsmodell bleibt relevant; es geht darum, sich anzupassen und Abhängigkeiten von Ländern wie China zu reduzieren. Es gibt neue Möglichkeiten, besonders in Afrika und anderen Teilen Asiens, und das ist Sache der Wirtschaft mit Unterstützung der Politik. Die deutsche Wirtschaft bleibt der Motor der Europäischen Union. Vom Erfolg einer Reform des deutschen Wirtschaftsmodells hängt die Zukunft der EU ab.
Cathryn Clüver Ashbrook: Implizit landen wir beim Thema von Mario Draghi – einer größeren Vergemeinschaftung. Eine Chance, das zu realisieren, wovon Du und Stanley Hoffmann an Harvard immer gesprochen habt, etwa in der Verteidigungspolitik und durch gemeinsame Schulden.
Karl Kaiser: Es braucht einen großen Wurf. Die Deutschen müssen veraltete Vorstellungen über das Budget aufgeben und, weil Deutschland kreditwürdig ist, einen Fonds auflegen, der Innovationen in Deutschland und Europa dient. Die Welt erwartet das von Deutschland.
Cathryn Clüver Ashbrook: Du hast das Thema Mut und Risikobereitschaft schon angesprochen, etwas, das in deinen Erinnerungen oft vorkommt. Aus deiner Erfahrung mit europäischen und deutschen Politikern sowie mit transatlantischen Partnern: Woher kommt dieser Mut? Entsteht er nur aus äußeren Sachzwängen? Was fehlt uns derzeit an Eigenantrieb? Warum ist Deutschland so risikoavers?
Karl Kaiser: Der Mut muss aus der Einsicht in die Notwendigkeit zu handeln genährt werden, und diese Einsicht gewinnt man nur durch Auseinandersetzung. Das kann nicht im zwischenparteilichen Streit geschehen, sondern durch das Zusammenspiel einer akademischen, unabhängigen Elite mit der politischen Elite – etwas, das wir in der DGAP seit ihrer Gründung immer angestrebt haben, um Ideen in den politischen Prozess einzufüttern. Das war auch die Idee der „bipartisanship“ (Überparteilichkeit), die wir aus den USA und Großbritannien übernommen haben, dank Gründer Wilhelm von Cornelius. Diese Tradition wurde fortgeführt, auch unter Karl Carstens und unter meiner Leitung, um den Erfolg in der Außenpolitik zu fördern. Das braucht Gremien, Diskussionen und Dialog – auch über Parteigrenzen hinweg und manchmal mit Parteien am Rande des Akzeptablen.
Cathryn Clüver Ashbrook: Wenn du an deine Zeit bei der DGAP zurückdenkst, welche Räume und Gespräche waren da besonders wichtig für die außenpolitische Ausrichtung?
Karl Kaiser: In den frühen Jahren waren es vor allem die Studiengruppen, in denen Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung zusammenkamen. Dort wurden oft keine Ergebnisse veröffentlicht, sondern jeder nahm die Einsichten mit in seinen Bereich. Das trug dazu bei, dass sich eine strategische Community entwickelte und die Ideen in den politischen Prozess einflossen. Zwei Beispiele: Die Studiengruppen diskutierten die Anerkennung der DDR kontrovers – Pro und Contra – und das hat nie die Öffentlichkeit erreicht. Es wurden Ideen entwickelt, wie man mit dem anderen Teil Deutschlands umgehen könnte. Ein anderes Beispiel war die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie. Auch das war kontrovers, vor allem für die konservativere Bevölkerung. Doch die DGAP leistete hier einen großen Beitrag zum zivilen Dialog, der schließlich unter Helmut Kohl zur endgültigen Ratifizierung führte.
Cathryn Clüver Ashbrook: Zäsur-Momente und Entscheidungspunkte gab es in Deiner Bonner und Berliner Zeit bei der DGAP viele – politisch und strukturell für die Gesellschaft. Welche Momente waren prägend?
Karl Kaiser: Prägende Momente... Ja, die DGAP wurde immer von gesellschaftlichen Kräften, allen voran der Wirtschaft, getragen. Zu Beginn waren es die Stahlindustrie und Banken. Mit der Veränderung der deutschen Wirtschaft hat sich das breiter aufgestellt, aber diese Verflechtung bleibt das Lebenselixier der Gesellschaft. Ich erinnere mich auch an den Umzug nach Berlin nach der Wiedervereinigung. Wie in den 50er Jahren fanden sich verantwortungsvolle Persönlichkeiten und Institutionen, die sagten: „Wir müssen in dieser neuen Lage des vereinten Deutschlands eine zentrale Institution der außenpolitischen Diskussion und Forschung in Berlin aufbauen.“ Persönlichkeiten wie Otto Wolff von Amerongen, Hans Merkle und Arend Oetker spielten eine enorme Rolle, ebenso wie Privatpersonen wie Frau Braun, die mit einer großen Spende den Umzug von Bonn nach Berlin ohne öffentliche Mittel ermöglichten.
Ein besonders prägender Moment für mich waren zwei Ereignisse. Das erste war 1981, als wir gemeinsam mit dem American Council on Foreign Relations, dem französischen Institut Français des Relations Internationales und Chatham House in London die Studie zur „Sicherheit des Westens“ in den drei Sprachen veröffentlichten. Diese wurde sogar in Peking und Moskau übersetzt und fand großes Echo in Deutschland. Die zentrale Idee darin war, dass neben Großbritannien und Frankreich auch Deutschland eine entscheidende Rolle in Europa einnehmen muss.
Natürlich erhoben sich einige Politologen und andere Stimmen und nannten das „Kanonenbootdiplomatie“. Aber insgesamt löste das eine gewaltige Diskussion aus. Offensichtlich bewegte die Idee, dass Deutschland zu den Führungsmächten in Europa gehört, die Menschen. Das war, glaube ich, der Anfang des Gedankens, dass Deutschland besondere Verantwortung trägt.
Ein besonders bewegender Moment war dann das 40-jährige Jubiläum der DGAP, als Bundespräsident Roman Herzog, bekannt für seine unkonventionellen und notwendigen Aussagen, erklärte, dass das „Trittbettverfahren“ zu Ende sei.
Cathryn Clüver Ashbrook: Im modernen Thinktank-Verständnis stellt sich oft die Frage: Kommt zuerst die Empirie und dann das Engagement mit Entscheidern? Du hast lange in Harvard und anderen Forschungsinstitutionen gearbeitet. Dein Ansatz ist eher angelsächsisch, wo man mit politischen Akteuren zusammenarbeitet und auf dieser Basis – gestützt von Wissenschaft und eigener Forschungsarbeit – Publikationen oder Handlungsempfehlungen entwickelt, die umgesetzt werden können. In deutschen Universitäten und Thinktanks hat Forschung oft den Vorrang. Was würdest du Thinktanks im europäischen Kontext empfehlen?
Karl Kaiser: Im Grunde genommen hast du die Antwort bereits in deiner Frage formuliert. Entscheidend ist, dass Akteure, die Einfluss haben und Politik gestalten, sich mit Experten zusammensetzen, Probleme identifizieren und Lösungsvorschläge entwickeln, die nutzbar sind. Wichtig ist der Prozess, denn vieles wird nicht veröffentlicht, sondern in die tägliche Arbeit mitgenommen. Es geht darum, relevante Themen zu erkennen und deren Verknüpfungen zu anderen Fragen zu verstehen – etwa die Verbindung von digitalen Themen und Außenpolitik oder KI und Außenpolitik.
Amerikanische Thinktanks haben diese Techniken zur Perfektion entwickelt und gestalten ihre Kommunikation effektiv, wobei sie verschiedene politische Meinungen berücksichtigen. Kurze, prägnante Berichte sind wichtig, ohne längere Publikationen auszuschließen, wenn sie notwendig sind. Der Adressat muss immer im Fokus stehen.
Cathryn Clüver Ashbrook: Besonders in Bonn und in Harvard hast Du Dich auf die Ausbildung der nächsten Generation konzentriert, die komplexe Sachthemen gesellschaftlich relevant und politisch positionieren muss. Was ist aus Deiner Sicht wichtig für die Akquise und Förderung neuer Talente?
Karl Kaiser: Die Gründung der Jungen DGAP war ein wichtiger Schritt, den man weiter ausbauen kann, sodass die Junge DGAP mit ihrer Arbeit mehr in die Öffentlichkeit wirkt. Außerdem sollten die Universitäten in Deutschland die Politikwissenschaft stärker praxisorientiert lehren, was leider oft nicht der Fall ist. Die DGAP sollte weiter daran arbeiten, den „Elfenbeinturm“ der deutschen Wissenschaft zu durchbrechen, damit Studierende die Universität mit einem fundierten Verständnis der globalen Zusammenhänge verlassen.
Cathryn Clüver Ashbrook: In Deiner aktiven Zeit – besonders auch in Bonn – hat sich aber gerade durch das aktive Zutun der DGAP einiges bewegt. Neben den prägenden Momenten – was waren die größten Erfolge?
Karl Kaiser: An erster Stelle steht für mich, dass die DGAP vielen Menschen beigebracht hat, mit Sachkenntnis über Außen- und Sicherheitspolitik nachzudenken und zu diskutieren. Über die Jahrzehnte hinweg hat sich eine strategische Community in Deutschland herausgebildet. Die Aussage, dass es keine deutsche strategische Community gäbe, ist Unsinn – sie existiert und ist umfangreicher als in Ländern wie Frankreich oder Großbritannien.
Zweitens hat die DGAP einen außenpolitischen Stil geprägt. Über Jahre haben wir in vertraulichen Gesprächen kontroverse Positionen sachlich diskutiert, was auch eine langfristige Wirkung auf den Diskussionsstil unter Politikern hatte.
Drittens haben wir neue Themen in die wissenschaftliche und öffentliche Debatte eingeführt, etwa die Nichtverbreitung von Kernwaffen, Umwelt, Weltraumpolitik, wirtschaftliche Sicherheit und außenpolitische Entscheidungsstrukturen. Diese Themen sind heute in Deutschland etabliert, aber das war damals nicht der Fall. Auch jetzt, bei Themen wie Künstlicher Intelligenz oder Digitalisierung in der Außenpolitik, spielt die DGAP eine Rolle. Es gibt ein großes Feld, in dem die DGAP aktiv werden sollte.
Karl Kaiser: Ich möchte noch einen wichtigen Punkt ansprechen: Die Kooperation mit gleichgesinnten Institutionen im Westen wurde zur Normalität, etwa mit dem Ifri in Paris, dem italienischen Istituto Affari Internazionali, Chatham House und amerikanischen Instituten. Diese Zusammenarbeit hat Tradition und darf nicht verloren gehen. Viele Themen müssen wir gemeinsam mit Schwesterinstituten angehen, insbesondere EU-relevante Themen.
Cathryn Clüver Ashbrook: Diese partnerschaftlichen Entwicklungen gewinnen natürlich zusätzliche Dringlichkeit, wenn Länder wie Südkorea, Japan und Australien zu NATO-Gipfeln eingeladen werden und bei Themen wie der Ukraine eine Rolle spielen. Wenn im Systemwettkampf das System an sich nun breiter gesehen werden muss, ergeben sich auch in der Thinktank-Welt neue Möglichkeiten der erweiterten Zusammenarbeit. Du hast diese Entwicklungen in Deiner aktiven Zeit immer als wichtig erachtet – sowohl aus verteidigungspolitischer Perspektive als auch in Bezug auf neue Technologien, Wirtschaftssicherheit und Energiesicherheit. Wie könnte die DGAP darüber nachdenken?
Karl Kaiser: Ja, absolut. Wir haben den Grundstein dafür gelegt, unter anderem durch die Trilateral Commission, die ihr Sekretariat bei uns hatte und Verbindungen nach Asien aufbaute. Man kann nicht jede Kooperation so intensiv gestalten wie mit EU-Schwesterninstituten, aber es wird immer wieder Themen geben, bei denen eine Zusammenarbeit mit australischen, koreanischen, japanischen und anderen Partnern sinnvoll ist. Auch Afrika darf nicht vergessen werden. Im Zuge der Bemühungen der deutschen Wirtschaft, die Abhängigkeit von China zu verringern, muss der Austausch mit Afrika gestärkt werden, insbesondere im Track-Two-Bereich, der in der Kooperation mit afrikanischen Ländern stark unterentwickelt ist.
Cathryn Clüver Ashbrook: Im nächsten Jahr wird die DGAP 70 Jahre alt – was würdest Du ihr wünschen? Was sollte sie noch mehr tun?
Karl Kaiser: Ich wünsche der DGAP vor allem eine nachhaltige Unterstützung aus der deutschen Gesellschaft, insbesondere aus der Wirtschaft, damit sie als permanente Institution arbeiten kann und nicht von kurzfristigen Budgetentscheidungen abhängig ist. Deutschland schuldet dieser Institution Stabilität, ähnlich wie der Council on Foreign Relations in New York und Chatham House in London Institutionen ihrer Länder sind.
Außerdem wünsche ich der DGAP, dass sie die verlässliche, faktenorientierte Analyse fortsetzt und ein Modell bleibt in einer Zeit, die von Fake News geprägt ist.