Startschuss für den Berliner Eurasischen Klub

Die EU benötigt mehr Wissen über Reintegrationstendenzen im postsowjetischen Raum

Datum
24 April 2012
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
Botschaft der Republik Kasachstan, Berlin, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

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Erst langsam wird den EU-Ländern bewusst, welche Rohstoffversorgungskrisen den Westen treffen und die europäischen Volkswirtschaften in ihrem Wohlstand massiv beeinträchtigen könnten. Mehr Sicherheit böten Rohstoffpartnerschaften, also Allianzen mit Schwellenländern, die diese Ressourcen besitzen. Während des Staatsbesuches des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew in Deutschland im Februar 2012 wurde  zwischen Berlin und Astana eine Rohstoffpartnerschaft besiegelt. Gleichzeitig wurde ein Berliner Eurasischer Klub (BEK) gegründet, der als neue Diskussionsplattform Politiker und Experten zu Fragen der Eurasischen Union zusammenführen soll.

Diskutiert wurde zunächst über die wichtigsten Kooperationsfelder Deutschlands mit Kasachstan. Patricia Flor, Botschafterin und Beauftragte des Auswärtigen Amtes für Osteuropa, Zentralasien und den Kaukasus, beleuchtete den politischen Aspekt. Die EU sei strikt gegen neue Trennlinien in Europa, die Eurasische Union solle niemals ein Gegenpol zu EU und NATO werden. Mit dem wirtschaftlichen Aspekt befasste sich Martin Hoffmann vom Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft. Kasachstan sei das drittgrößte Öllieferland für Deutschland. Nachdem sich Kasachstan für Umweltreformen ausgesprochen habe, sei Deutschland an einem Technologietransfer für den Aufbau einer „grünen Wirtschaft“ in dieser Region höchst interessiert. Gisela Zimmermann vom DAAD, zuständig für Hochschulprojekte in Zentralasien und der GUS, sprach sich für eine engere Zusammenarbeit auf der Bildungsebene aus. Der Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann sprach sich für den Abbau von Visabarrieren aus. Die jetzigen strikten Einreisebeschränkungen seien für Deutschland und die EU „selbstschädigend“.

Den Dialog erweitern

Das Rohstoffpartnerschaftsabkommen zwischen Kasachstan und Deutschland stand im Mittelpunkt der Debatte. Man sei hier auf dem richtigen Weg, denn China stünde schon längst in der Kaspischen Region, um Rohstoffe zu kaufen. Wie könnten die bilateralen Beziehungen erweitert werden? Wann wird die Eurasische Union zwischen Russland, Kasachstan und Belarus zu einer politischen Realität? Um den Dialog zwischen den zentralasiatischen Staaten zu fördern, muss dieser insbesondere um die Mitgliedschaft dieser Länder im BEK erweitert werden, plädierte Patricia Flor. Was Russland von der individuellen Annäherung zentralasiatischer Staaten an die EU halte, fragte ein Jurist. Die anwesenden Bundestagsabgeordneten verwiesen darauf, dass Kasachstan keinen Vormund in seinen Wirtschaftsbeziehungen brauche. 20 Jahre nach der Unabhängigkeit sei das Land souverän und engagiere sich aus eigenem Interesse in verschiedenen internationalen Organisationen. 

Interessanterweise standen die sicherheitspolitischen Fragen im Vordergrund der Diskussion.  So wurde auf den bevorstehenden Abzug der NATO-Truppen aus Afghanistan verwiesen, der nur über die Territorien Russlands und Zentralasiens zu bewerkstelligen sei. In diesem Zusammenhang wurde die Frage aufgeworfen, ob man im Ernst von einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Eurasischen Union so wie in der EU sprechen könne. Tatsächlich gibt es jedoch noch keine konkreten Hinweise darauf, in welche außenpolitische Richtung die Eurasische Union steuert. Behält sie Europa im Blick – oder wechselt sie ihren Kurs in Richtung Asien? „Die Eurasische Union ist Neuland für die EU. Wir sollten den BEK als eine Gelegenheit begreifen, konkreter über bestimmte politische und wirtschaftliche Prozesse im neuen Eurasien nachzudenken“, forderte abschließend der Programmdirektor des Berthold-Beitz-Zentrums der DGAP, Alexander Rahr.

Zielgruppe
Veranstaltung Forschungsprogramm
Core Expertise region