Traditionell regelte der Staat die öffentlichen Angelegenheiten im Top-Down-Modus: Die Politik fasste Beschlüsse, die Verwaltung setzte die Beschlüsse um, die Bürgerinnen und Bürger empfingen die staatlichen Dienstleistungen, die ihnen zustanden. In diesem Modell stand der Bürger am Ende einer Kette von Entscheidungen. Dies ist jedoch kein Zukunftsmodell: Die zunehmende Komplexität der Gesellschaft erfordert eine neue Arbeitskultur zwischen Staat und Gesellschaft.
Weil es für dieses Miteinander keine Vorlagen gibt, müssen Prozesse zwischen Politik, öffentlicher Verwaltung und Gesellschaft neu angegangen, soziale und technologische Innovationen entwickelt und Kompetenzen auf allen Seiten erweitert werden. Kurz: Zukunfts-fähige Demokratien benötigen „Public Sector Innovation“ oder zu Deutsch „Innovationen im öffentlichen Sektor“ bzw. „Öffentliche Innovation“.
Im Zentrum öffentlicher Innovationen steht die Gestaltung für und mit Menschen: Sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch die Nutzerinnen und Nutzer der Verwaltung bringen sich in die Neugestaltung von Arbeitsabläufen, Produkten und Kommunikationskulturen ein. Eine solche neue Beteiligungskultur basiert auf ko-kreativen Methoden für die Zusammenarbeit, die es ermöglichen, viele verschiedene Perspektiven zusammenzuführen. Zu den bekanntesten gehören Design Thinking, agiles Verwalten, Art of Hosting oder Liberating Structures. Sie führen Erkenntnisse aus Verhaltenswissenschaft, Zukunftsforschung und Systemischem Denken zusammen.
Erfolgreiche Innovationsprozesse im öffentlichen Sektor orientieren sich dabei an einer Reihe von Prinzipien: GRAFIK S. 21.
Um diese Prinzipien und Methoden im Bewusstsein zu verankern, sind Lern-prozesse notwendig, die sich mit realen Situationen und Problemen befassen und konkrete Ergebnisse entstehen lassen. Dieses ›erfahrungsbasierte Lernen‹ fördert die Aneignung neuen Wissens, die Erweiterung der eigenen Fähigkeiten und die Reflexion der persönlichen Einstellungen.
Dabei sollten sich alle Beteiligten bewusst machen, dass Entscheidungen – auch wenn sie in einem kreativen Prozess von vielen Akteuren gemeinsam erarbeitet werden – weiterhin nachvollziehbar und rechtsstaatlich verankert sein müssen. Das braucht Offenheit, Mut, Ressourcen und eine neue Leitkultur, damit die Verantwortung für eine nach-haltige gesellschaftliche Entwicklung von vielen Menschen mitgetragen wird.
Die heutigen Arbeitsweisen des öffentlichen Sektors wurden durch das Handeln vieler Generationen von Politikerinnen, Beamten sowie Bürgerinnen und Bürgern geprägt. Das bedeutet auch: Die zukünftige Arbeits- und Kommunikationskultur des öffentlichen Sektors liegt in unserer Hand. Diesen Gestaltungsspielraum gilt es zu nutzen: ko-kreativ und politisch, innovativ und öffentlich.