Braindrain und Good Governance in Ost-und Südosteuropa

Alumnikonferenz des Goerdeler-Kollegs für Good Governance in Belgrad

Vom 20. bis 23. Juni 2019 fand die Alumnikonferenz des Goerdeler-Kollegs für Good Governance in Belgrad statt. Unter dem Titel “Braindrain und Good Governance in Ost-und Südosteuropa. Migration der Fachkräfte als Herausforderung für die Heimatländer“ haben 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Zusammenhang von Fachkräftemigration und Good Governance beleuchtet.

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Die Alumni setzten sich mit persönlichen und gesellschaftlichen Gründen für Migration auseinander, lernten Good Practices für den Umgang mit Braindrain kennen und entwickelten Vorschläge dafür, was Politik, Wirtschaft, Bildungssysteme und Zivilgesellschaft in ihren Ländern gegen Braindrain unternehmen können. Die viertägige Konferenz wurde von einem Alumni-Team selbstständig konzipiert und geleitet.

Analyse von Braindrain-Dynamiken in Osteuropa 

Cristina Gherasimov von der DGAP gab einen Einblick in die Migrationsdynamiken osteuropäischer Länder und stellte erschütternde Zahlen vor: Die Top Ten der am schnellsten schrumpfenden Länder befinden sich alle in Osteuropa. Bulgarien schrumpft weltweit am schnellsten. Seit 1990 hat das Land 22 Prozent seiner Bevölkerung verloren. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) geht davon aus, dass Bulgarien bei fortschreitender Abwanderung bis zum Jahr 2050 einen zusätzlichen Bevölkerungsverlust von 23 Prozent verzeichnen wird. Cristina Gherasimov wies darauf hin, dass Braindrain kein exklusives Problem Osteuropas ist, sondern ein Problem für die gesamte EU darstellt. 

Professor Vladimir Grečić, Experte für Braindrain, gab einen Einblick in die aktuelle Forschung zu den Gründen und Konsequenzen von Fachkräftemigration. Der Berater und Mitglied des neu gegründeten serbischen „Koordinierungsrats für die Beobachtung der Entwicklungen im Bereich Wirtschaftsmigration“, zeigte auf, dass Fachkräftemigration auch positive Konsequenzen für die Herkunftsländer haben kann; etwa wenn die auswandernden Menschen Geld an ihre Familien in der Heimat überweisen oder im Ausland neue Fähigkeiten erwerben und in ihr Herkunftsland zurückkehren („Brain Gain“). 

Nenad Jevtović vom jungen serbischen Think Tank Institute for Development and Innovation (IRI) stellte eine Studie vor, die aufzeigt, welche Kosten die Abwanderung von jungen Menschen für die serbische Gesellschaft verursacht. Die Studie trat in Serbien eine breite Debatte los.

Eine nicht repräsentative Umfrage unter Studierenden der Universität Belgrad, welche die Juristin Ivana Markovic im Rahmen ihres Good Governance-Projekts im Goerdeler-Kolleg durchgeführt hat, zeigt wie fehlende Good Governance und die Abwanderung von Fachkräften zusammenhängen: Korruption, Nepotismus und der Mangel an Rechtsstaatlichkeit wurden von den Studierenden zu den größten Problemen des Landes und Push-Faktoren gezählt, das Heimatland zu verlassen. 

Persönliche Perspektiven auf Fachkräftemigration

Should I stay or should I go? Die Entscheidung das eigene Land zu verlassen, um im Ausland nach besseren Chancen für sich und seine Familie zu suchen, hat viele Facetten. Viele Goerdeler-Alumni haben sich selber mit dieser Frage beschäftigt und das Thema Fachkräftemigration auf der Konferenz auch aus persönlicher Perspektive besprochen. 

Verantwortung der Zielländer

Welche Verantwortung tragen Länder wie Deutschland und die USA für Braindrain in Osteuropa? In einer Oxford-Debatte haben die Teilnehmenden die internationale Fachkräftemigration aus Perspektive von Einwanderungs- und Auswanderungsländern diskutiert. 

Good Practices & Lösungsvorschläge

Als Beispiele für Initiativen, die der Abwanderung etwas entgegensetzen und Perspektiven für hochqualifizierte Fachkräfte schaffen, besuchte die Gruppe den Co-Working Space Nova Iskra und das Start-Up-Zentrum der Universität Belgrad.

Mit welchen Maßnahmen die Abwanderung von Talenten aufgehalten werden kann wurde in den vielen Gesprächen deutlich: Fachkräften vor Ort müssen bessere Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden. Gleichzeitig muss Korruption und Vetternwirtschaft bekämpft werden. Dafür müssen Politik, Wirtschaft, Bildungssystem und Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen und Einwanderungs- und Auswanderungsländer in Dialog treten.

Perspektiven für die Alumniarbeit

Am letzten Tag der Alumnikonferenz stand die Zukunft des Goerdeler-Kollegs und des Alumni-Netzwerks im Mittelpunkt. Gemeinsam entwickelte die Gruppe Ideen, wie es nach dem Ende der Programmförderung durch die Robert Bosch Stiftung Ende 2020 weitergehen könnte - und was bis dahin alles geschehen muss. 

Die Konferenz fand in Kooperation mit der Robert Bosch Stiftung, dem MitOst e.V. und dem Bosch Alumni Netzwerk statt. 

Das Carl Friedrich Goerdeler-Kolleg für Good Governance 

Das Carl Friedrich Goerdeler-Kolleg für Good Governance ist ein einjähriges berufsbegleitendes Weiterbildungsprogramm für junge Führungskräfte, die sich für demokratischen Wandel in ihren Gesellschaften und Organisationen einsetzen. In drei internationalen Seminaren und durch individuelle Good-Governance-Projekte vertiefen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihr Wissen über Rechtsstaatlichkeit und demokratische Regierungsführung und stärken ihre Fähigkeiten im Bereich der transsektoralen Zusammenarbeit und gesellschaftlichen Innovation. Teilnehmen können jährlich 20 aktuelle und zukünftige Führungskräfte aus Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Moldau, Russland, der Türkei und der Ukraine.

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