DGAP-ExpertInnen analysieren die Midterms beim Early-Bird-Frühstück für Mitglieder
„Es war ein Pyrrhussieg“, sagte der USA-Experte der DGAP, Josef Braml, im Early-Bird-Frühstück nach den Kongresswahlen. Braml erwartet, dass der Staatsabbau in den USA im Sinne mächtiger reguliererungsfeindlicher Interessengruppen weiter voranschreitet. Umso mehr wollen christlich-rechte Wähler eine Änderung des liberalen Abtreibungsurteiles aus dem Jahr 1973 durchsetzen. „Solange es der Wirtschaft gut geht, sind die ‚moral issues‘ wahlentscheidend“, betonte Braml.
Trump habe mit seiner Strategie der Polarisierung von Wählerschichten den „Respekt für den politischen Gegner“ untergraben, sagte Henning Riecke, Programmleiter USA/Transatlantische Beziehungen bei der DGAP. „Dies fügt dem politischen System dauerhaft Schaden zu“, betont Riecke. Das Land sei tief gespalten. Das werde vor allem in den signifikanten Unterschieden zwischen den Ergebnissen der städtischen und ländlichen Wähler deutlich.
Die Demokraten müssten es bei den Präsidentschaftswahlen 2020 schaffen, wieder die Wähler der wirtschaftlichen Mitte für sich zu gewinnen. Eine übermäßige Fokussierung auf die Kritik an Trump sei dabei nicht unbedingt hilfreich. Für den Mittestand seien Jobs und eine gute Wirtschaftslage wichtig. Diese Kompetenz werde derzeit mehr bei den Republikanern gesehen.
Claudia Schmucker, Expertin für Weltwirtschaft bei der DGAP, geht davon aus, dass Trump seine protektionistische Politik aus Strafzöllen noch ausbauen wird, auch weil kein Votum des Kongresses dafür notwendig sei. „Gleichzeitig wird die Zahl der Freihandelsabkommen ansteigen“, sagte Schmucker. Das neu verhandelte Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko (USMCA) sei ein großer Erfolg für Trump. Die Demokraten hätten dem Vertrag grundsätzlich zugestimmt. Wahrscheinlich sei, dass sie Änderungen bei den Arbeits- und Umweltstandards durchsetzen würden. „Die Tendenz ist aber, dass das Freihandelsabkommen durch den Kongress kommt“, sagte Schmucker.
Für die transatlantischen Beziehungen und die internationale Ordnung bedeute der Wahlausgang, dass Europa umso mehr gefragt sei, eine strategische Eigenständigkeit insbesondere in der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik zu entwickeln, betonte Riecke. Vor allem in Bezug auf China brauche die EU eine eigene Position. Trumps Ziel sei dagegen, die internationale Ordnung zu untergraben, so Braml.
IP-Chefredakteur Martin Bialecki, der die Veranstaltung moderierte, wies darauf hin, dass die Republikaner mit den Midterms nun endgültig „Trumps Partei“ geworden seien. Innerparteiliche Gegenstimmen würden in Zukunft noch weniger zu vernehmen sein. Historisch sei, dass weit über 100 Frauen in den Kongress eingezogen seien.