Zu Gast in der DGAP: Griechischer Außenminister Nikos Kotzias

Griechenland ist ein Stabilitätsfaktor in einer instabilen Region

Date
29 May 2018
Time
-
Event location
DGAP, Berlin, Germany
Invitation type
Invitation only

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Nikos Kotzias, seit 2015 Außenminister Griechenlands, stellte am Dienstagabend bei der DGAP Grundprinzipien der griechischen Außenpolitik vor. Sein Land stehe geografisch im Zentrum eines „Dreiecks der Instabilität“ sagte er und verwies auf den Krieg in Syrien, den Ukrainekonflikt und Libyen. Auch durch seine Randlage im Süden der Europäischen Union habe Griechenland eine besondere Perspektive auf die EU: So habe Athen angesichts der Entwicklungen in Syrien und im Irak bereits schon frühzeitig vor der sich abzeichnenden Welle von Flüchtlingen gewarnt, während die „EU mit anderen Themen beschäftigt war“ und nicht rechtzeitig reagiert habe. 

Mit Blick auf den Balkan erklärte er, es sei wichtig, mit einer positiven Agenda in den Dialog mit den Nachbarländern zu gehen, um Spannungen abzubauen und gemeinsame Interessen zu definieren: „Die Geschichte auf dem Balkan muss Schule, nicht Gefängnis sein,“ sagte er. Insbesondere vertrauensbildende und gemeinsame kulturelle Initiativen böten die Chance, eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu entwickeln und die Verständigung zu fördern. Griechenland sei zwar ein kleines Land, in der eigenen Region aber das größte: „Insbesondere große Länder sollten keine Arroganz gegenüber ihren Partnern zeigen, dafür aber besondere Verantwortung übernehmen.“

Von DGAP-Direktorin Dr. Daniela Schwarzer gefragt, welche außenpolitischen Probleme und Themen „ihn nachts nicht schlafen lassen“ beklagte er, dass vielfach Länder die schlimmen Folgen von Kriegen spüren würden, die mit den Ursachen gar nichts zu tun hätten. Er denke hier insbesondere an Flüchtlinge: „Man kann nicht ruhig schlafen, wenn man weiß, dass im offenen Meer Menschen umkommen.“

Zum Verhältnis Griechenlands mit der Türkei sagte er, es sei verantwortungslos von Ankara, Unsicherheiten in der Region zu schüren.  Die Türkeipolitik sei „revisionistisch“; beim türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan verbinde sich Autoritarismus mit Nervösität; das sei „keine gute Verbindung“. Die Türkei sei zudem ein Land voller Widersprüche, wirtschaftlich zum Teil sehr modern und gleichzeitig vielfach noch von Strukturen geprägt, die man als feudalistisch bezeichnen müsste, etwa in Bezug auf die Rechte von Frauen.

Der russische Präsident Wladimir Putin habe es „sich in den Kopf gesetzt, ob er die Türkei aus dem Westen wegholen kann“. Die Türkei müsse aber selbst entscheiden, wieweit sie sich europäisieren wolle. Mit Besorgnis sehe er die Kontakte des Landes zu russischen und pakistanischen Atomspezialisten. Die EU wiederum habe gegenüber der Türkei Handlungsoptionen durch die Zollunion.

Im Blick auf die Lage der Europäischen Union beklagte Kotzias, es fehle an den großen Ideen. Gerade für die Länder, die erst später der Union beigetreten seien, sei es wichtig, „dass wir auch über unsere Vision von Europa reden“. „Wir diskutieren nie langfristig über Europa,“ sagte Kotzias. Deutschland etwa sei bei der Gründung der EU insbesondere vom Föderalismus als Wert motiviert gewesen: „Ich habe lange nicht mehr das Wort vom föderalen Europa gehört.“

Auf die Frage hin, ob Griechenland bereit wäre, für Europa eigene Souveränität abzugeben, sagte er, er halte die Idee eines europäischen Finanzministers für keine gute Idee“. Ebenso solle Europa nicht in eine Eurozone und ein restliches Europa gespalten werden.

 

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