Nachhaltige Politik und Wirtschaft
Grüne Energie und eine nachhaltige Wirtschaft sind die politischen Kernaufgaben Kasachstans. Vor allem angesichts der Weltausstellung Expo 2017 erlangen die Diversifizierung und die Industrialisierung der kasachischen Wirtschaft größere Bedeutung und sollen als Katalysator für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und der gesamten Region dienen. Wie beeinflussen diese Ziele die Beziehungen zwischen Deutschland und Kasachstan? Die Integration in die Eurasische Wirtschaftsunion und in die Welthandelsorganisation bietet dem Land nicht nur viele Chancen, sondern stellen es auch vor die Herausforderung, eine konkurrenzfähige Wirtschaft zu entwickeln. Es mangelt immer noch an fertigen Produkten in der Struktur der kasachischen Exporte; wie können diese Mängel überwunden werden?
In seinem Impulsvortrag wies Michael Glos, ehemaliger Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, darauf hin, dass Kasachstan zwar ein erfolgreicher Energieexporteur sei, dennoch auch andere erneuerbare Energiequellen intensiver entwickeln sollte. Am Beispiel der Energiewende in Deutschland sei gezeigt worden, welche Ziele für eine effiziente und energieschonende Wirtschaft prioritätsmäßig verfolgt werden sollten: Energieeffizienz, erneuerbare Energien, die Entwicklung von Stromnetzen und die Reduzierung des Verbrauchs. In Deutschland habe die Politik die Industrie aktiv auf diesen Gebieten unterstützt.
Albert Rau, der kasachische Vizeminister für Industrie, unterstrich die Bedeutung Deutschlands beim Technologietransfer und bei Investitionen, die in 72 deutsch-kasachischen Projekten in den vergangenen fünf Jahren entwickelt worden seien. 1 400 deutsche Firmen seien in Kasachstan tätig. Kasachstan arbeite aktiv an der Verbesserung seines Investitionsimages und führe konkrete Maßnahmen ein, wie etwa die Liberalisierung des Visaregimes. Rau unterstrich jedoch die negativen Wirkungen der Wirtschaftskrise in Russland.
Professor Burghard Scheel, Kuratoriumsvorsitzender des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und Automatisierung IFF, betonte, dass nicht nur die Ziele, sondern auch die Mechanismen in der Entstehung von Innovationen wichtig seien. Seit 2012 gebe es das Rohstoffabkommen zwischen Deutschland und Kasachstan. Ebenso werde der Technologietransfer angeregt, es mangele jedoch an Voraussetzungen für die Schaffung von Technologieplattformen in Kasachstan. Die Implementierung der angewandten Forschung und Innovationsförderung könne durch bessere Zusammenarbeit zwischen Universitäten, Industrie und Politik verbessert werden.
Eduard Kinsbruner, Regionaldirektor Zentralasien des Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, sagte, dass 58 % des Handelsumsatzes der deutschen Wirtschaft mit Zentralasien auf Kasachstan fielen. Die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Implementierung des Rohstoffabkommens müssten jedoch verbessert werden, wie etwa die Regelung von Versicherung bei Investitionen. Dies sei gerade für den deutschen Mittelstand sehr wichtig. Darüber hinaus sollte der Mangel an Arbeits- und Fachkräften noch ernster genommen werden. Der Ost-Ausschuss entwickele hierfür in Zusammenarbeit mit der GIZ ein Ausbildungsprogramm.
Diskutiert wurden auch die Auswirkungen der Ukrainekrise auf die bilateralen Beziehungen. Die Eurasische Wirtschaftsunion mache zurzeit eine Testphase durch; es gebe viele Diskrepanzen im und Herausforderungen an den gemeinsamen Wirtschaftsraum bei gleichzeitiger Bewahrung von nationalen Währungen.
Rainer Görtz von der GIZ betonte, dass die Weltausstellung Expo 2017 auch einen Bildungsauftrag verfolge und dass die kasachische Politik noch mehr in die Entwicklung einer „Innovationstriangel“ zwischen den Technologien, Fachkräften und dem Bildungssystem und anwendungsorientierten Forschungsinstituten investieren sollte. So könnten auch kleine und mittelständische Unternehmen zu Innovationen beitragen. Ulf Wokurka, Landesdirektor Kasachstan der Deutschen Bank, sagte, dass „grüne Wirtschaft auch eine moralische Frage“ sei. Die Finanzierung von Projekten sollte dementsprechend nicht wie zurzeit die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen untergraben, sondern stattdessen nachhaltig entwickelt werden.
Zusammenfassend unterstrich Dr. Stefan Meister, Programmleiter des Robert Bosch-Zentrums für Mittel- und Osteuropa, Russland und Zentralasien der DGAP, die Kernbereiche für einen erfolgreichen Übergang zur grünen Wirtschaft: die Ausbildung von Fachkräften; die Entwicklung von Plattformen zur besseren Kooperation zwischen Industrie und Wissenschaft; und ein gesellschaftlicher Bewusstseinswandel gegenüber einer grünen Wirtschaft und erneuerbaren Energien. Diese seien auch die Prioritätsbereiche für die deutsch-kasachischen Beziehungen.
Der 2012 gegründete Berliner Eurasische Klub sieht sich als eine Plattform für die Diskussion von politischen Fragen zwischen Kasachstan, den GUS-Ländern, Deutschland, der EU und anderen internationalen Organisationen. Stefan Meister moderierte die Veranstaltung.