"Low costs, high impact" - Der Sanitätsdienst der Bundeswehr ist ein gefragtes Instrument deutscher Außenpolitik

Vortrag von Generaloberstabsarzt Dr. med. Ingo Patschke im Rahmen der Reihe. „Die Inspekteure der Bundeswehr tragen vor“

Date
20 March 2014
Time
-
Event location
DGAP, Berlin, Germany
Invitation type
Invitation only

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Inspekteur Dr. Patschke eröffnete seinen Vortrag über den Stand der Neuausrichtung des bundeswehreigenen Sanitätsdiensts mit zwei wesentlichen Einflussfaktoren: Ersten die Negativtendenz des demografischen Wandels sowie zweitens die Abschaffung der Wehrpflicht. In beiden Punkten sei bis dato nicht ausreichend geklärt, wie der hohe Leistungsstandard des Sanitätsdiensts gehalten werden könne, wenngleich weniger Personal zur Verfügung stehe. Im Vergleich zu anderen Teilstreitkräften, belaste die Neuausrichtung der Bundeswehr den Sanitätsdienst geringer. Allerdings benötige der hohe medizinische Standard der truppenärztlichen Versorgung im In‑ wie Ausland sehr hohe personelle und medizinische Kapazitäten. Die zuvor inländisch lückenhafte Truppenversorgung wurde im Zuge der Neuaufstellung umstrukturiert, sodass nun 98 % der Soldatinnen und Soldaten deutschlandweit flächendeckend versorgt werden können. Der Sanitätsdienst besitze eine international außergewöhnlich gute Reputation, weshalb er in multilateralen Einstätzen eine gern gesehene Einheit sei, betonte der Inspekteur. Zum Stand der Realisierung der sanitätsdienstlichen Neuaufstellung, berichtete Patschke, dass ein großes Gewicht in den Bundeswehrkrankenhäusern läge, sie sollen deshalb stärker zentralisiert werden. Aus gewonnenen Einsatzerfahrungen wurde für die Umstrukturierung deutlich: der Sanitätsdienst muss sich bereits in der Ausbildung auf kommende Einsatzszenarien einstellen können. Dafür benötige er qualitativ hochwertig ausgestattete Krankenhäuser in denen die Ausbildung für den Einsatz erlernt werden kann. Fortlaufend sind mindestens 120 Bundeswehrärztinnen und ‑ärzte im Auslandseinsatz, 50 % davon wiesen eine Facharztausbildung auf. Die entsprechende Einsatzfähigkeit können die Sanitätskräfte, laut des Inspekteurs, nur in den Bundeswehrkrankenhäusern erwerben. Im Zuge veränderter Einsatzstandorte, beispielsweise in tropischen Gebieten Afrikas, gilt es für die medizinischen Kräfte regionenspezifische Infektionskrankheiten oder Einsatzverletzungen richtig behandeln zu können. Für derartige Fachausbildungen werden z.B. extra Patienten aus Afrika eingeflogen. Denn im Einsatz sei es, so der Inspekteur, nicht wichtig wie viele Brust- oder Hüft-OPs ein Arzt vorweisen könne, sondern dass er genau die qualitative Ausbildung in Deutschland erhalte, die er im Auslandseinsatz zur Behandlung komplexer Krankheitsbilder benötige. Nur so könne der hohe medizinische Standard für deutsche Soldatinnen und Soldaten im Einsatz gewährleistet werden. Immerhin betrüge der Anteil medizinischen Fachpersonals der Bundeswehr in "high intensity conflicts" bis zu 25 % des gesamten deutschen Truppenkontingents. Nicht viele Nationen könnten eine hochwertige und effiziente medizinische Versorgung gewährleisten. Als "gesuchte Entität" definiere die qualifizierte sanitätsdienstliche Leistung Deutschlands auch gegenüber den multilateralen Partnern ein spezifisches Profil im Rahmen deutscher Außen- und Sicherheitspolitik.

Patschke erörterte in seinem Vortrag auch den schwierigen Aspekt der Personalgewinnung im Sanitätsdienst: Insbesondere der ISAF-Kampfeinsatz habe viele Ärzte mit der Frage konfrontiert, wann "ein Samariter zum Kämpfer" werde, was einen nicht unerheblichen Anstieg der Kriegsdienstverweigerungen zur Folge gehabt habe. Dieses Problem sei aktuell weniger gravierend, eventuelle Ausfälle ließen sich kompensieren. Jedoch grübelt der Inspekteur über eine Lösung, wie der Attraktivitätsverlust des Sanitätsdienstes für junge Anwärterinnen und Anwärter beendet werden könnte. Hier gelte es verstärkt auch auf zivile "Seiteneinsteiger" zu setzen. Patschke bilanzierte: Obwohl noch nicht alle Kräfte und Kapazitäten wie anvisiert zur Verfügung stünden, sei es bereits jetzt absehbar, dass der Sanitätsdienst zukünftig noch stärker nachgefragt werde, da er einen Bundeswehrauslandseinsatz sicherheitspolitisch unterstütze.

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Vortrag
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