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May 04, 2023

Beim Klimaschutz ist China Systemrivale

A cooling tower and chimneys are seen at a thermal power plant on a polluted day in Beijing
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Spricht man im Westen über die Beziehung zu China, wird in der Regel der Dreiklang aus Systemrivalität, Wettbewerb und Partnerschaft herangezogen. Als Schlüsselbereich für Letzteres sehen EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, US-Finanzministerin Yellen und Außenministerin Baerbock den Klimaschutz. Doch aus mindestens drei Gründen ist dieser zu einem Teil der anhaltenden Systemrivalität geworden - mit katastrophalen Folgen für den Kampf gegen den Klimawandel.

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Erstens setzt China auf billige fossile Energie als Grundlage seines Wirtschaftswachstums. Aus Sicht der Volksrepublik ist schnelles Wachstum sowohl innenpolitisch notwendig als auch außenpolitisch zentral, um die Vorherrschaft im Indopazifik zu erreichen. Dabei bekennt sich China zwar zu Klimazielen, die chinesischen Emissionen steigen allerdings rasant weiter. Das Land ist der weltgrößte Emittent von Treibhausgasen. Die CO2-Emissionen der EU hingegen fallen und liegen unter einem Viertel derjenigen von China. Auch in den USA gehen sie zurück und machen im Vergleich zu China weniger als die Hälfte aus. China verweist auf seinen Status als Entwicklungsland und darauf, dass historisch der Westen mehr emittiert habe. Allerdings holt China schnell auf und wird bald das EU-Niveau erreichen. Selbst gemessen am Pro-Kopf-Ausstoß emittiert China inzwischen mehr als die EU. Seit 2000 hat China zudem jährlich mehr Kohlekraftwerkskapazitäten gebaut, als die USA und die EU stillgelegt haben. Viele davon werden auch nach dem Ausstiegsdatum des Pariser Klimaabkommens im Jahr 2040 noch in Betrieb sein.

Zweitens zeigt sich der Systemwettbewerb in Drittländern. China hat den Aufbau von Kohlekraftwerken in seiner "Belt and Road Initiative" unterstützt und möchte sein fossiles Entwicklungsmodell etablieren, um Armut zu bekämpfen und sein autoritäres System weltweit zu verbreiten. Der Westen hingegen knüpft Entwicklungspartnerschaften oft an den Ausbau erneuerbarer Energien.

Drittens liefern sich die Volksrepublik und der Westen einen Wettstreit um grüne Technologieführerschaft. China dominiert Teile der grünen Lieferketten wie Solarzellen oder Batterien. Diese Erfolge wurden durch Marktgröße, gezielte Industriepolitik, Subventionen und Protektionismus erzielt. Sowohl die USA als auch die EU haben nun mit Subventionen und Anforderungen an lokale Produktion reagiert, um so ihre Marktanteile zu erhöhen. Der Subventionswettlauf ist nicht zwangsläufig eine schlechte Nachricht für das Klima. Doch Protektionismus könnte die Einführung grüner Technologien wegen höherer Preise ausbremsen.

Anstatt der Illusion der Zusammenarbeit nachzujagen, braucht der Westen eine neue Strategie.

Anstatt der Illusion der Zusammenarbeit nachzujagen, braucht der Westen eine neue Strategie. Die Spieltheorie lehrt, dass Kooperation ein Ergebnis von übereinstimmenden strategischen Interessen und nicht Hoffnung in das Verhalten anderer ist. Die Bundesregierung sollte in ihrer Nationalen Sicherheitsstrategie klare Ideen formulieren, wie der Klimaschutz vorangebracht und China zum Partner gemacht werden kann. Drei Politikansätze sind vielversprechend und sollten von der Bundesregierung und der EU in Kooperation mit den USA verfolgt werden.

Erstens muss der Westen Druckmittel aufbauen, um größere Klimaschutzmaßnahmen zu erreichen. Ein CO2-Grenzausgleichsmechanismus wäre eine Maßnahme, um den heimischen Klimaschutz zu sichern und Anreize für die Dekarbonisierung zu schaffen. Das CBAM-Gesetz der EU ist dabei kein ausreichendes Mittel gegenüber einer Volkswirtschaft wie China. Sollten Emissionen weiter ansteigen, muss ein umfassender CBAM-Mechanismus entwickelt werden. Dies oder sogar weitreichende Zölle wurden bereits von Nobelpreisträger Nordhaus im Zusammenhang mit einem Klimaklub vorgeschlagen.

Zweitens sollten Klimapartnerschaften und Initiativen wie das Global-Gateway-Programm der EU mit umfangreichen finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um Entwicklungsländer für eine schnelle Dekarbonisierung zu gewinnen. Eine solche Finanzierung würde die Verantwortung der Industrieländer für historische Emissionen anerkennen und ein anderes Entwicklungsmodell attraktiv machen.

Damit der Westen von anderen mehr Klimaschutz einfordern darf, dürfen die eigenen Maßnahmen nicht zu zaghaft sein.

Drittens dürfen, damit der Westen von anderen mehr Klimaschutz einfordern darf, die eigenen Maßnahmen nicht zu zaghaft sein. Dabei muss Klimaschutz sozial verträglich gestaltet werden und kompatibel mit Wachstum sein. Um diesen Spagat zu schaffen, müssen die Kosten erneuerbarer Energie schneller fallen. Das hängt an öffentlich finanzierter Grundlageninnovation, dem Abbau bürokratischer Hürden sowie effizienten Kapitalmärkten und einer kosteneffizienten Dekarbonisierung durch ein erweitertes Emissionshandelssystem (ETS). Schließlich gilt es, grünen Protektionismus zu vermeiden, denn er würde es für China unattraktiver machen, in grüne Technologie zu investieren.

Nur zusätzliche Druckmittel dürften die Regierenden in Peking davon überzeugen, Klimapolitik als einen Bereich der Zusammenarbeit und nicht der Systemrivalität zu betrachten.

Bibliographic data

Wolff, Guntram. “Beim Klimaschutz ist China Systemrivale.” May 2023.

Dieser Gastbeitrag wurde zuerst am 4.5.2023 in der FAZ veröffentlicht.

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