Tour d'Horizon der deutschen Außenpolitik
Der Kampf um den Euro, die Debatte über den Einsatz in Libyen, die Beziehungen zu Russland und China – darüber diskutierten am 29. September auf Einladung des DGAP-Forums Hamburg und des Hamburger Abendblattes im Hotel Atlantic einige Männer, die deutsche Außenpolitik in entscheidender Weise mitgestaltet und begleitet haben, deren Biografien vielfältig miteinander verflochten sind und die in diesem Jahr ein gemeinsames Jubiläum feiern: ihre 50-jährige Mitgliedschaft in der DGAP. Helmut Schmidt war zur Zeit seines Eintritts 1961 Senator der Polizeibehörde in Hamburg, sollte sich vier Jahre später mit seinem Buch „Verteidigung oder Vergeltung“ als herausragender Sicherheitspolitiker etablieren und lange die „Studiengruppe Strategische Fragen“ in der DGAP leiten. Theo Sommer, damals politischer Redakteur bei der „Zeit“, wurde 1969 Leiter des Planungsstabs im Bonner Verteidigungsministerium, Klaus von Dohnanyi war in der Kanzlerschaft Schmidts Staatssekretär im Außenministerium, während der frisch promovierte Jurist Thomas Oppermann 1961 eine Karriere im Bonner Wirtschaftsministerium begann, bevor er seine Habilitation als Staatsrechtler abschloss.
Für die Diskussion über 50 Jahre deutsche Außenpolitik fand Stephan Detjen, Chefredakteur des Deutschlandfunks und Moderator der Diskussion, das Raster „West, Ost und Europa“. Zur Frage, ob sich die atlantische Orientierung Richtung USA nach dem Fall der Mauer verändert habe, sagte Oppermann: „Es gab einen Wechsel. Deutschland ist heute etwas freier geworden. Man kann von einer aufgeklärten Partnerschaft sprechen.“ Dohnanyi unterstrich, die Entscheidung Deutschlands, sich nicht am Libyen-Einsatz der Alliierten zu beteiligen, sei „im Kern“ richtig gewesen. Helmut Schmidt gab zu bedenken, dass der Alleingang Deutschlands mit der Enthaltung im Fall Libyen „hoffentlich kein Präjudiz” für deutsche Außenpolitik gewesen sei. Theo Sommer wiederum hätte eine elegantere Möglichkeit bevorzugt: Man hätte niemals gegen die eigenen Verbündeten stimmen dürfen – ohne sich deshalb verpflichtet zu sehen, Soldaten nach Libyen zu entsenden.
Beim Stichwort „Osten“ waren alle Podiumsgäste weit weg von Willy Brandts „Ostpolitik“ – nämlich beim Verhältnis zu China und Russland. „Im Westen mangelt es uns an Verständnis für die mehr als 4000 Jahre alte Kultur Chinas“, sagte Schmidt. Dohnanyi forderte, Deutschland solle sich nicht so einseitig an den Westen binden, dass die wichtige Partnerschaft mit Russland vernachlässigt werde.
Und Europa? Das stünde nicht vor einer Existenzkrise, so Schmidt. Die EU kranke vielmehr an einer unklaren Verteilung der Kompetenzen unter den einzelnen Institutionen.
Auch die angebliche Gefährdung des Euro sei „Geschwätz von Politikern und Journalisten.“ Nach innen und nach außen sei der Euro stabiler, als es die D-Mark in ihren letzten zehn Jahren je gewesen sei. Das gelte für die Inflationsrate wie für die Preisentwicklung oder den Wechselkurs. Und die Rettung dieser gemeinsamen Währung Euro sei es, betonte Theo Sommer, die Europa weiter zusammenschweiße.