Anspruch und Akzeptanz der Energiewende – Ein deutsch-französischer Austausch

Datum
10 September 2019
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Berlin, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

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Die Referentinnen und Referenten aus Deutschland und Frankreich plädierten für mehr Transparenz bei der Vermittlung der Energiewende und warnten davor, einzelne Gruppen auszuschließen. Marjolaine Meynier-Millefert, Abgeordnete von La République en marche in der Assemblée nationale und dort Mitglied des Ausschusses für nachhaltige Entwicklung und Raumplanung, betonte, wie wichtig es sei, die Bevölkerung beim Thema Energiewende frühzeitig einzubeziehen. Zentral für die Akzeptanz dieser Transformation mit sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Auswirkungen seien transparente Entscheidungsprozesse etwa beim Ausbau erneuerbarer Energien. Die Bevölkerung insbesondere der ländlichen Gebiete sollte nicht für energiezehrendes oder klimaschädliches Verhalten verantwortlich gemacht werden, wenn etwa in bestimmten Gegenden die Nutzung eines Autos unumgänglich sei, um zur Arbeit zu gelangen, betonte Meynier-Millefert.

Energiewende als langfristigen Transformationsprozess gestalten

Stefan Aykut, Juniorprofessor für Soziologie von der Universität Hamburg, stellte fest, dass es in Frankreich und Deutschland trotz verschiedener Ausgangslagen ähnliche Debatten über die Energiewende gebe. Statt den Fokus auf Kostenoptimierung und Akzeptanz zu legen, wie es noch vorwiegend der Fall sei, sollte aus Sicht der sozialwissenschaftlichen Forschung die Langzeitperspektive der Energiewende hervorgehoben werden. Gerade weil es eine Transformation auf verschiedenen Ebenen sei, die nicht mit zentralen Planungen durchsetzbar sei und gegen die sich in einem demokratischen Prozess auch Widerstand formieren könne, müsste stärker auf eine breite gesellschaftliche Trägerschaft für diesen Prozess gesetzt werden. In Bezug auf den Stadt-Land-Konflikt erinnerte Aykut daran, dass die Produktion erneuerbarer Energien weitestgehend auf dem Land stattfinde und sich hier auch wirtschaftliche Chancen böten.

Verursachergerechte Klimaschutzmaßnahmen und sozialere Energiepolitik

Julie Hamann, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Programm Frankreich/deutsch-französische Beziehungen der DGAP, warnte davor, die Proteste der Gelbwesten als Gegnerschaft zur Energiewende aufzufassen. Viele Gelbwesten hätten sich auch immer wieder dem Marche pour le siècle angeschlossen. Vor allem zeige dieser Protest einen allgemeinen Vertrauensverlust und beruhe auf einer tief empfundenen Inkohärenz der klimaschützenden Maßnahmen durch die französische Regierung. Besonders die Landbevölkerung, die auf die Nutzung des Autos angewiesen sei, wolle nicht für Energieverbrauch geradestehen und zahlen, weil sie sich nicht als Verursacher des Klimawandels wahrnähme.

Julie Hamann, Mitarbeiterin im Programm Frankreich/deutsch-französische Beziehungen der DGAP, hob hervor, dass in Frankreich eine Diskrepanz zwischen den ambitionierten Zielsetzungen des Landes und der bisher unzureichenden Umsetzung bestehe. Dabei sollte die Dekarbonisierung bei allen Gesetzen mitgedacht werden. Das betreffe insbesondere die Sozial- und Fiskalpolitik. Nötig sei, für mehr Transparenz bei klimapolitischen Maßnahmen zu sorgen und zugleich die individuelle Lebenssituation und die Haushaltseinkommen der Bevölkerung stärker zu berücksichtigen. Ausnahmeregelungen für starke Verursacher müssten überprüft werden.

Gabriele Krater, Leiterin des Referats für Energierecht im Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, sprach sich für ein ganzheitliches Denken bei der Energiewende und für das Verursacherprinzip bei Klimaschutzmaßnahmen aus. Eine stringente verursachergerechte Bepreisung des CO2-Ausstoßes sei notwendig und es sollte kein Flickenteppich kleinerer klimapolitischer Maßnahmen entstehen, sagte Krater.

Frakreichs Botschafterin Anne-Marie Descôtes betonte in ihrem Schlusswort, es sei ein multilateraler Rahmen mit verschiedenen Maßnahmen für die Energiewende und Klimaschutz notwendig. Die Ausrichtung der neuen EU-Kommission, die Umweltschutz mit als dringendste Aufgabe der EU definiere, sei hier bedeutsam, um Energiepreise zu senken, Zukunftstechnologien zu entwickeln und neue Methoden für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu finden. Die Vorschläge des französischen Bürgerkonvents für den Klimaschutz und des deutschen Klimakabinetts seien wichtig, um weiter voneinander zu lernen.

 

 

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Veranstaltung Forschungsprogramm