Zwischen Schuldenlast und Flüchtlingskrise

Zwischen Schuldenlast und Flüchtlingskrise

Datum
23 Juni 2016
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Berlin, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

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Greece has turned into the EU’s Achilles’ heel. While its debt crisis has left the country shattered, it remained largely unnoticed for a long time that Greece has become the EU’s landing point of an ever-increasing number of refugees from the Middle East. What should European solidarity toward Greece look like and where are its limits? How has the political and economic climate in Greece developed since the parliamentary elections last September? To what extent did the recent agreement between Athens, the European donors, and the IMF result in a significant step toward a lasting solution to the Greek debt crisis? To what extent have the European measures to tackle the refugee crisis eased the pressure at the Greek borders? Against a background of tight financial constraints, to what extent is the Greek government able to cope with the refugee crisis?

Speakers:

Manuel Sarrazin, MP, Spokesman on the Affairs of the European Union, Alliance 90/The Greens

Nick Malkoutzis, Editor, MacroPolis; Columnist, Ekathimerini English Edition

Yiannis Mouzakis, Economics Editor, MacroPolis

Nick Malkoutzis, Redakteur beim unabhängigen Analyseservice MacroPolis und Kolumnist der englischsprachigen Ausgabe der griechischen Tageszeitung Ekathimerini, lieferte eine umfassende Analyse der politischen Situation vor dem Hintergrund der jüngsten Einigung zwischen Athen, den Europäischen Geldgebern und dem Internationalen Währungsfonds über die Freigabe weiterer Finanzhilfen im Rahmen des dritten griechischen Rettungspakets. Er betonte, dass die Vereinbarung der griechischen Regierung in den kommenden Monaten zumindest eine kleine Atempause und relative Stabilität verschaffe. Jedoch hob er hervor, dass die weitreichenden Reformen, welche die Europäischen Gläubiger verlangten – etwa Rentenkürzungen und eine Gesundheitsreform – Spuren hinterlassen hätten; Premierminister Tsipras und seine Regierung hätten deutlich an Zustimmung in der Bevölkerung verloren. Zu den Auswirkungen der Flüchtlingskrise erklärte Malkoutzis, dass die Zahlen neuer Flüchtender durch das EU-Türkei-Abkommen zwar deutlich zurückgingen, die Gesamtzahl der Flüchtenden im Land jedoch weiterhin sehr hoch bliebe. Vor dem Hintergrund der sich verschlechternden Beziehungen zwischen der EU und der Türkei wachse in Athen deshalb die Sorge, dass das Abkommen zwischen der EU und der Türkei scheitern könne.

Yiannis Mouzakis, Wirtschaftsredakteur bei MacroPolis, konzentrierte sich in seinem Vortrag auf die aktuelle ökonomische und finanzielle Situation Griechenlands. Er erklärte, dass das Abkommen, welches Griechenland dringend benötigte neue Finanzmittel verschaffe, zwar eine Phase relativen Friedens in den nächsten Monaten einleiten werde, dass damit die entscheidende Frage eines Schuldenschnitts jedoch nur bis 2018 verschoben sei. Angesichts des offenen Ausgangs der französischen Präsidentschaftswahlen und der deutschen Bundestagswahl im Jahr 2017 habe Premierminister Tsipras möglicherweise seine beste Chance verpasst, über einen Schuldenschnitt zu verhandeln, so Mouzakis. Dies sei besonders gravierend, da sich Tsipras verpflichtet habe, in der Zwischenzeit ein hoch rezessives Programm neuer direkter und indirekter Steuern umzusetzen. Mit Blick auf das bevorstehende britische Referendum und die potentiellen Auswirkungen eines „Brexit“ stellte Mouzakis heraus, dass die griechische Wirtschaft derzeit jeder Form von wirtschaftlichen und politischen Schocks schutzlos ausgeliefert sei: „Der IWF erwartet, dass durch die Auswirkungen eines Brexit die griechische Wirtschaft um etwa 0.5 Prozent des BIP schrumpfen könnte – das ist genug, um die Versuche, die fiskalischen Ziele des Anpassungsprogramms zu erreichen, scheitern zu lassen. Dies würde den Notfallmechanismus auslösen, welcher die griechische Regierung zu erneuten Einschnitten und Strukturmaßnamen zwingen würde, um die Ziele des Programms einzuhalten.“

Manuel Sarrazin, Mitglied des Deutschen Bundestages und europapolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, gab Einblicke in die deutsche Debatte über die griechische Schuldenkrise. Er argumentierte, dass die Politisierung der Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und den europäischen Geldgebern für eine wirtschaftliche Erholung Griechenlands schädlich gewesen sei. Sarrazin betonte, dass es nun im Interesse der deutschen Regierung liege, die aktuellen Entwicklungen in Griechenland als Erfolg darzustellen; dies würde beweisen, dass das deutsche Beharren auf strikter Konditionalität im Laufe der griechischen Schuldenkrise die richtige Vorgehensweise gewesen sei. Mit dem dritten Rettungspaket für Griechenland und der Entscheidung, einen Schuldenschnitt erst im Jahr 2018 zu diskutieren, wolle die Bundesregierung dafür sorgen, dass die Griechenlandkrise nicht so schnell wieder akut auf der politischen Agenda auftauche – in der Hoffnung, dass nach den Bundestagswahlen 2017 ein günstigeres politisches Klima für eine Diskussion über einen Schuldenerlass herrsche. Zu den Aussichten einer Erholung der griechischen Wirtschaft meinte Sarrazin: „Wenn wir wollen, dass Griechenland auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückkehrt, dann darf die Griechenland-Debatte nicht mehr zurückkommen. Das ist der einzige Weg, wie das Vertrauen der Investoren wiederhergestellt werden kann.“

Die Veranstaltung wurde vom Alfred von Oppenheim Zentrum für Europäische Zukunftsfragen organisiert. Programmmitarbeiter Julian Rappold leitete die Diskussion. Die Veranstaltung fand in englischer Sprache statt

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