Die Rolle der EU-Außenpolitik in der Flüchtlingskrise

Brussels Briefing mit Stephan Auer, Roderick Parkes und Annette Weber

Datum
25 - 15 Dezember 2015
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Berlin, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

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Stephan Auer, Direktor für Multilaterale Beziehungen und Globale Fragen des Europäischen Auswärtigen Dienstes, lieferte einen umfassenden Überblick über die Bemühungen der EU, die Fluchtursachen zu adressieren. Auer stellte heraus, dass die Flüchtlingskrise ein vielschichtiges Phänomen sei, dem nur mit einem ganzheitlichen Ansatz begegnet werden könne. Die 2015 vom Rat verabschiedete Europäische Migrationsagenda diene dabei einerseits als umfassender Rahmen. Sie unterstreiche aber vor allem auch den starken politischen Willen der EU, außenpolitisch tätig zu werden, so Auer. Von großer Bedeutung sei insbesondere die Bekämpfung von Fluchtursachen. Ansonsten könne man die irreguläre Migration im östlichen und zentralen Mittelmeerraum kaum adäquat bewältigen. Auer betonte, die EU müsse ihre Bemühungen in Syrien und Libyen verstärken, um zu einem friedlichen Übergang zur Demokratie und einer Verbesserung der Menschenrechtssituation beizutragen. Solange weiterhin Instabilität sowie soziale und wirtschaftliche Not in der Region vorherrschten, sei auch kein Ende der enormen Migrationsströme gen Europa absehbar.

Roderick Parkes, Senior Analyst am European Institute for Security Studies, stellte die vorherrschenden Denkweisen über Migration in Frage. Das stark vereinfachte Bild von Migranten, die aus versagenden Staaten (Failing States) wie Syrien und Afghanistan (Push Zones) durch Transitländer in Richtung des stabilen Westen (Pull Zones) ziehen, treffe laut Parkes so nicht mehr ohne Weiteres zu. Stattdessen hätten sich die Push- und Pull-Dynamiken seit dem Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise in den USA und der EU stark geändert. Herkunftsländer seien nicht mehr nur noch Failed States, sondern häufig auch aufstrebende Staaten wie Iran, die Migration als Werkzeug für regionale Machtkämpfe ausnutzten. Solche neuen Dynamiken würden es der EU erschweren, eine umfassende Reaktion auf die Flüchtlingskrise zu finden, so Parkes. Des Weiteren spielten Diasporagemeinschaften innerhalb der Pull Zones in der EU eine immer wichtigere Rolle. Ohne weitreichende Integrationsmaßnahmen bestehe in diesen Gemeinschaften die Gefahr, ideologische und ethnische Konflikte durch Migration zu importieren. Abschließend merkte Parkes an, dass vermehrt auch Transitländer wie die Staaten des Westlichen Balkans oder die Türkei immer größeren Einfluss auf Migrationsströme ausübten und diese als Druckmittel in den Beitrittsverhandlungen mit der EU nutzten.  

Annette Weber, Senior Fellow der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) für den Nahen und Mittleren Osten sowie Afrika, bezog sich auf die Situation am Horn von Afrika als Transit- und Herkunftsregion für Migration nach Europa. Weber erklärte, die Gründe für die Migrationsströme aus dieser Region seien sehr vielfältig. So seien neben regionalen Konflikten und dschihadistischem Terrorismus auch Armut, Hunger und Wasserknappheit aufgrund des Klimawandels die Hauptfluchtursachen. Besonders hob Weber die Konflikte in Südsudan und Somalia hervor. Obwohl bislang viele Flüchtlinge und Vertriebene in der Hoffnung auf baldige Rückkehr in ihre Heimat in der Region geblieben seien, seien nun auch vermehrt Migrationsströme, insbesondere aus Eritrea, Richtung Europa bemerkbar. Bisherige Bemühungen der EU im Rahmen des Khartum-Prozesses (ein Abkommen vom November 2014 zur Bekämpfung von Schleuserbanden und Menschenhandel zwischen dem Horn von Afrika und Europa) seien bislang weitestgehend gescheitert, so Weber. Stattdessen würden viele Staaten der Region diese Bemühungen ausnutzen, um ihre Verhandlungsposition gegenüber der EU zu stärken.

Die Diskussionsteilnehmer waren einer Einladung des Alfred von Oppenheim-Zentrums für Europäische Zukunftsfragen der DGAP im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Brussels Briefing“ gefolgt. Julian Rappold, Programmmitarbeiter des Alfred von Oppenheim-Zentrums, moderierte die Diskussion.

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