Belarus vor den Präsidentschaftswahlen

Zersplitterte Opposition und gefährliche Rezession

Datum
14 September 2015
Uhrzeit
-
Ort der Veranstaltung
DGAP, Berlin, Deutschland
Einladungstyp
Nur für geladene Gäste

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Am 22. August 2015 wurden sechs politische Gefangene in Belarus entlassen. Unter ihnen befand sich auch der Oppositionspolitiker Nikolai Statkewitsch. Die Freilassung der von der Menschenrechtsorganisation Viasna als politische Gefangene eingestuften Oppositionellen war eine Forderung der EU und der USA, die Belarus nun kurz vor den Wahlen erfüllte. Eine wie von der EU geforderte Rehabilitierung der Gefangenen sei jedoch nicht geschehen. Die belarussische Seite erhoffe sich damit, dass die Verhandlungen zur Lockerung der Sanktionen wieder aufgenommen werden. Um die wirtschaftliche Notlage, die der Rückgang der belarussischen Exporte vor allem nach Russland hervorrief, abzufedern, suche das Land indessen die Eurasische und die Europäische Entwicklungsbank um zusätzliche Kredite an. Die Lager der Fabriken seien gefüllt mit Waren, die keinen Absatzmarkt fänden. Die latente Arbeitslosigkeit steige.

Trotz der limitierten außenpolitischen Möglichkeiten des Landes vor dem Hintergrund seiner politischen und wirtschaftlichen Abhängigkeit von Russland – gerade im Energiesektor –, bemühe sich Belarus um größtmögliche Neutralität. Von wesentlicher Bedeutung sei daher die Rolle Minsks als Verhandlungsplattform in der Ukrainekrise. Darüber hinaus sei das Land bemüht, zu einem Knotenpunkt der Neuen Seidenstraße zu werden.

In diesem Kontext sorge die geplante Installierung eines russischen Luftwaffenstützpunkts in Belarus für Besorgnis unter den Nachbarstaaten. Eine maßgebliche Beeinträchtigung der Verhandlungen mit der EU und den USA sei jedoch nicht zu befürchten. Vielmehr sei ein fortschreitender Prozess der langsamen Annäherung, eine beginnende Tauwetterperiode zu erwarten, welche die Befreiung des belarussischen Außenministers Wladimir Makei 2013 von den EU-Sanktionen einleitete.

Innenpolitisch seien keine Veränderungen wahrnehmbar. Die Position der Zivilgesellschaft sei weiterhin schwach. Die Opposition sei in sich gespalten und auf externe Finanzierungsquellen angewiesen. Auch die alternative Präsidentschaftskandidatin Taciana Karatkewitsch, prominente Aktivistin der „Sag die Wahrheit“-Kampagne, konnte die Opposition nicht hinter sich vereinigen. Vertreter der demokratischen Opposition distanzierten sich bereits von der Bewegung und riefen Karatkewitsch dazu auf, sich von den Wahlen zurückzuziehen.

Trotz wirtschaftlicher Engpässe und politischer Repressionen gebe es Keimzellen des gesellschaftlichen Wandels in Belarus. Diese gelte es durch gezielte und kontrollierte Investitionen zu unterstützen und mehr Anreize für nachhaltige demokratische und marktwirtschaftliche Reformen zu schaffen.

Dr. Stefan Meister, Programmleiter Osteuropa, Russland und Zentralasien, und Dr. Maria Davydchyk, Programmmitarbeiterin des Robert Bosch-Zentrums, moderierten die Gespräche. 

Format

Expertenrunde
Zielgruppe
Think Tank Veranstaltung